Drohender Klimawandel erstmals vor Gericht
Archivmeldung vom 02.02.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Rechtsstreit zwischen dem Energieversorger RWE und der Umweltschutzorganisation Greenpeace spitzt sich zu. Ursprünglich ging es vor dem Landgericht Aachen allein um den von RWE geforderten Schadenersatz durch den Ausfall eines Braunkohlebaggers im Abbaugebiet Hambach.
Rund 50 Aktivisten hatten im Mai 2004 in
Hambach für den Ausstieg aus der Braunkohle und den Ausbau
Erneuerbarer Energien protestiert RWE und Greenpeace konnten sich
bisher nicht über mögliche Schadensersatzleistungen einigen. In dem
heutigen Verfahren vor dem Landgericht Aachen soll nun auch die
Verantwortung von RWE für den Klimaschutz und die dramatischen Folgen
der Klimaerwärmung zur Sprache kommen. Nach Meinung von Greenpeace
gehört der Energiekonzern RWE wegen seiner klimafeindlichen
Energiepolitik auf die Anklagebank.
"Dies könnte der erste Rechtsstreit in Deutschland werden, in dem
der Klimawandel und die Verantwortung eines großen Unternehmens für
den Klimaschutz vor Gericht verhandelt werden", sagt Michael Günther,
der Greenpeace als Anwalt vor Gericht vertritt. "Der Protest in der
Tagebaugrube Hambach bei Morschenich (Kreis Düren) war zur Abwendung
einer gegenwärtigen Gefahr für das Klima als eine Notstandslage
gerechtfertigt, zu der RWE wesentlich beträgt", so Michael Günther.
Der Appell an die Öffentlichkeit auf einem Bagger von RWE war zudem
das mildeste und schonendste Mittel zur Gefahrenabwehr. Vor Gericht
geht es nun um die konkrete Frage, welche Klimaänderungen in Zukunft
zu erwarten sind und ob aufgrund der Folgen des Klimawandels bereits
heute ein Notstand bejaht werden muss.
Die angeklagten Greenpeace-Aktivisten berufen sich darüber hinaus auf
ihr Recht zur Meinungsfreiheit. Die 25 Umweltschützer waren auf den
96 Meter hohen Schaufelradbagger Nr. 289 geklettert und hatten dort
ein Transparent befestigt mit der Aufschrift "Kohle zerstört das
Klima". Braunkohle ist der Energieträger mit dem höchsten
Kohlendioxidausstoß pro erzeugter Kilowattstunde Strom.
"Jetzt wo die dramatischen Schäden durch den Klimawandel immer
offensichtlicher werden, müssen auch Verursacher und Verantwortliche
genannt werden", erklärt Greenpeace Klimaexperte Karsten Smid. Es
besteht eine unmittelbare Gefahr. Die durch den Klimawandel bereits
eingetretenen Schäden und die noch um ein Vielfaches größeren
Gefahren lassen sich nicht mehr ernsthaft leugnen."
Die Kraftwerksregion im rheinischen Braunkohlerevier mit vier
RWE-Braunkohlekraftwerken, darunter das umstrittene Kraftwerk
Neurath, ist die größte Kohlendioxidquelle in Europa. Nach einem
bereits rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Köln darf Greenpeace
RWE als "größten Klimakiller Europas" bezeichnen. Das Landgericht im
Oktober 2005: "Da die Verfügungsklägerin (RWE AG) unstreitig - und im
übrigen auch gerichtsbekannt - unzählige Kraftwerke betreibt und dort
große Mengen CO2 freigesetzt werden, die (...) dem globalen
Klimahaushalt zumindest nicht förderlich sind, bestehen an der
Zulässigkeit einer solchen Bewertung keinerlei Zweifel."
Quelle: Greenpeace e.V.