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Tropische Meere ohne Korallenriffe

Archivmeldung vom 06.07.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.07.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grobsediment vom Schelf: vor allem Muscheln und Moostierchen. Bild: Nereo Preto
Grobsediment vom Schelf: vor allem Muscheln und Moostierchen. Bild: Nereo Preto

Wie könnte ein tropisches Küstenökosystem dort aussehen, wo Korallenriffe nicht überlebt haben? Bei zwei Schiffsexpeditionen an die nordafrikanische Westküste – in 2006/7 mit dem Forschungsschiff Poseidon und in 2011 mit FS Maria S. Merian - bekamen Hildegard Westphal, Direktorin am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie und ihr Team einen Einblick in dieses Szenario.

Die Expeditionen steuerten die nordmauretanische Küste an. Hier, im Golfe d´Arguin, erweitert sich der schmale Kontinentalschelf der nordwestafrikanischen Küste und es entsteht eine Flachwasserzone von bis zu 150 km Breite. Sie ist im Tropengürtel gelegen, steht jedoch unter dem Einfluss eines Auftriebsgebietes. Ablandige Passatwinde drücken das Oberflächenwasser von der Küste weg auf den offenen Ozean. Dadurch strömt kaltes und sehr nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe nach. Auf dem flachen Schelf kann es sich auf bis zu 25 Grad erwärmen.

Das sind außergewöhnliche ozeanographische Verhältnisse. Die Forscher fanden auf dem Schelf sehr trübes Wasser vor. Schon in 2 m Wassertiefe konnte man ein heruntergelassenes Messgerät nicht mehr erkennen. Die nährstoffreichen Wassermassen führen hier zu einer starken Algenproduktion. In Bodenproben vom Schelf konnten die Forscher in einigen Gebieten größere Mengen an Eisen nachweisen. Mit Staubeinträgen aus der Sahara wird es ins Meer geweht und düngt dort die Algen zusätzlich. Ein eutrophes Meeresökosystem mit hoher biologischer Aktivität, ein hochproduktiver Bioreaktor, entsteht.

Die Sedimente auf dem Meeresboden bestehen hier aus dem feinen Sahara-Staub, vor allem aber aus Karbonatablagerungen, den grob- und feinkörnigen Resten von Kalkskeletten. Viele Meerestiere bilden Schalen oder Skelette aus Kalziumkarbonat, so zum Beispiel Muscheln und Schnecken. Diese Schalenreste sammeln sich auf dem Meersboden und gewähren einen Einblick in die Artengemeinschaft der Ökosysteme der Vergangenheit und der Gegenwart.

Die Forscher fanden eine auffallend geringe Artenvielfalt bei gleichzeitig hoher Individuenzahl. Schalen und Gehäusereste weisen auf eine Fauna hin, die typisch für nährstoffreiche Gewässer ist und sich vor allem aus Suspensionsfressern wie Muscheln, Seepocken oder Röhrenwürmern zusammensetzt. Sie filtern das Meerwasser und fangen als Nahrung Kleinstlebewesen oder organisches Material heraus. Immer wieder stießen die Forscher auf eine Muschelart, die in den Ablagerungen stark dominierte: Donax burnupi, die Sägezahnmuschel. Skelettreste tropischer Korallen wurden dagegen trotz der tropischen Wassertemperaturen nicht gefunden.

Tropische Korallen benötigen sehr nährstoffarmes und klares Meerwasser. Sie gehören zu den Organismen, die vom Sonnenlicht abhängen. Symbiontische Algen in ihrem Gewebe betreiben Photosynthese und geben die Stoffwechselprodukte an die Korallenpolypen ab. Erst durch diese Energiezufuhr sind die Steinkorallen in der Lage, ihre großen Kalkskelette zu bilden. Im nährstoffreichen Ökosystem vor Mauretanien dagegen fehlen solche lichtabhängigen Organismen.

In weiten Teilen der Tropen zeichnet sich in den Küstenbereichen eine Entwicklung zu ähnlichen Umweltverhältnissen ab. Vielerorts düngen Einträge aus intensiver Landwirtschaft im Hinterland der Küsten die Meere, Schwebstoffe aus Rodungsflächen trüben das Wasser. Die Wissenschaftler vermuten, dass der Schelf vor Mauretanien daher ein Modell für ein tropisches Küstenökosystem darstellt, in dem die Lebensbedingungen für Korallenriffe und ihre Artenvielfalt zerstört wurden.

Quelle: Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT)

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