US-Ökonom Stiglitz befürchtet "umgekehrten Braindrain"

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Der US-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz warnt vor den ökonomischen Folgen von Donald Trumps Angriffen auf Harvard und andere Universitäten. Der Versuch der US-Regierung, Harvard die Aufnahme ausländischer Studenten zu verbieten, sei "ein echter Angriff auf unsere Universitäten", sagte Stiglitz dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Einen so brutalen Angriff auf die grundlegenden Institutionen unserer Gesellschaft, auf unsere Universitäten, wie derzeit gab es noch nie", fügte er hinzu.
Trump versuche, die US-Universitäten zu unterwerfen, warnte Stiglitz.
"Indem Trump Harvard angreift, will er zeigen, dass er die prominenteste
Universität der USA zerstören kann." Die Forderungen der Regierung
hätten die akademische Freiheit und die Autonomie der Universität völlig
untergraben. "Harvard hat zu Recht Widerstand geleistet."
Stiglitz
befürchtet nun einen "umgekehrten Braindrain": die Abwanderung von
US-Wissenschaftlern nach Europa. "Mit Beschränkungen der akademischen
Freiheit, die die Trump-Regierung offenbar durchsetzen will, kann in der
Wissenschaft nichts gedeihen", sagte er. Dadurch drohe den USA großer
wirtschaftlicher Schaden: "Unsere Technologieführerschaft basiert auf
unseren Universitäten - sowohl durch die Ausbildung, die sie anbieten,
als auch durch die Forschung, die dort stattfindet", so der Ökonom.
"Unsere Universitäten zu schwächen, heißt, den Vereinigten Staaten ins
Knie zu schießen."
Trump mache zwar das Handelsdefizit zu einer
zentralen Säule seiner Agenda, übersehe aber den enormen Wert der
Wissenschaft und Bildungsdienstleistungen, die die USA ins Ausland
verkauften. "Mit seinem Vorgehen gegen Harvard hat er nun offiziell
verkündet, dass wir aus diesem Geschäft aussteigen", kritisierte
Stiglitz. "Das wird das Handelsdefizit in Wahrheit massiv
verschlimmern."
Auch auf die Columbia University in New York, an
der Stiglitz Wirtschaft lehrt, übe Trump Druck aus, beklagte der
Nobelpreisträger. "Wir haben am Donnerstag erfahren, dass er Columbia
einer Verletzung der Bürgerrechte beschuldigt", so Stiglitz. "Sie soll
nicht genug getan haben, um jüdische Studenten zu schützen." Obwohl er
seit 25 Jahren dort unterrichte und selbst jüdisch sei, habe er an der
Columbia nie Diskriminierung erlebt, so der Ökonom. Zwar komme es im
Rahmen der freien Meinungsäußerung dazu, dass "einige Studenten Dinge
sagen, die unbequem oder unangenehm sind", sagte er. Aber wenn es zu
explizit antisemitischen Vorfällen komme, gehe die Universität dagegen
vor.
Quelle: dts Nachrichtenagentur