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Seehofer hält Informationen über hohe ITX-Belastungen in Kartonsäften zurück

Archivmeldung vom 10.03.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.03.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Verbraucherschutzministerium verweigert Auskunft über Isopropylthioxanthon-Kontaminationen - Deutsche Umwelthilfe legt Widerspruch ein - Wieder hohe Belastungen in Frucht- und Gemüsesäften nachgewiesen

Nach sechs Wochen der Informationsblockade hat das Verbraucherschutzministerium (BMELV) auch das Begehren der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) zurückgewiesen, entsprechend dem Umweltinformationsgesetz (UIG) Auskunft über die ITX-Belastungen in Kartonsäften zu geben. Die DUH hat dagegen am heutigen Donnerstag Widerspruch eingelegt. Gleichzeitig wurden bei von der DUH veranlassten Untersuchungen erneut hohe ITX-Belastungen von mehr als 50 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) in drei Kartonsäften nachgewiesen.

Betroffen waren in dieser Woche der "Grünfink Karotten-Saft mit Honig" der Firma A. Dohrn & A. Timm GmbH & Co. KG mit 143 Mikrogramm ITX pro Kilogramm (Verpackung Tetra Pak), das Merziger "Trink-Frühstück mit Ceralien Orange-Mango-Maracuja" mit 124 µg/ kg, sowie der "Maracuja Nektar aus Maracujasaftkonzentrat" von Niehoffs Vaihinger mit 72 µg/ kg (beide Verpackungen Elopak). Alle Getränke wurden in einer Karstadt-Filiale in Berlin-Neukölln erworben.

"Das ITX-Problem ist längst nicht gelöst. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer steht seit Monaten in engstem Kontakt mit den Verursachern der Misere, nur gegenüber seinen wirklich ´Schutzbefohlenen´, den Verbraucherinnen und Verbrauchern, verweigert er jede Auskunft über das Ausmaß des Problems und lässt zu, dass die Entsorgung der ITX-Säfte durch Verbraucherkehlen erfolgt", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Mit juristischen Winkelzügen versucht das BMELV nun, das Auskunftsbegehren der DUH zu unterlaufen. Druckfarben in Lebensmitteln fielen nicht in den Geltungsbereich des Umweltinformationsgesetzes (UIG), da dieses nur solche Informationen im Zusammenhang mit der menschlichen Gesundheit erfasse, die einen Bezug zum Zustand der Umwelt oder Maßnahmen oder Tätigkeiten mit Umweltrelevanz hätten, heißt es lapidar in einem Schreiben des Ministeriums an die DUH.

Seit Februar letzten Jahres fallen unter den Begriff der "Umweltinformationen" jedoch ausdrücklich auch Kontaminationen der Lebensmittelkette. Im Übrigen sieht die DUH auch die Umweltrelevanz der angeforderten Informationen ohne weiteres als gegeben an.

"Auch jenseits solcher juristischer Spitzfindigkeiten ist und bleibt es Horst Seehofers politische Pflicht und Schuldigkeit für Aufklärung und Vorsorge zu sorgen, statt weitere Monate tatenlos zuzusehen wie ITX-belastete Säfte millionenfach von Kindern und Erwachsenen konsumiert werden, ohne dass irgendjemand weiß, welche gesundheitlichen Folgen das hat. Herr Seehofer verabschiedet sich mit seiner Verweigerungshaltung von dem vom ihm selbst propagierten Leitbild des mündigen Verbrauchers", so Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH.
In der vergangenen Woche hatte das dem Seehofer-Ministerium unterstellte Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hohe Konzentrationen von Kartonsäften mit der Druckchemikalie Isopropylthioxanthon (ITX) in einer Erklärung als "aus Sicht der Risikobewertung nicht akzeptabel" bezeichnet. Aussagen zum mit ITX verbundenem gesundheitlichen Risiko könnten nicht getroffen werden, weil bis heute ausschließlich Untersuchungen zur erbgutschädigenden Wirkung von ITX vorlägen und Entwarnung allenfalls bis zu einer Konzentration von weniger als 50 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) gegeben werden könne.

Die Verantwortung für die gesundheitliche Unbedenklichkeit ihrer Produkte liegt nach Auffassung des BfR bei den Herstellern. Folglich müssten "sie alle Anstrengungen unternehmen, um den Übergang solcher Stoffe in Lebensmittel zu vermeiden und die für die gesundheitliche Bewertung erforderlichen Daten zu erarbeiten". Das ist jedoch derzeit nicht im Mindesten der Fall. ITX-Rückstände von mehr als 50 Mikrogramm pro Kilogramm seien von den bisher durchgeführten Tests auf Genotoxizität nicht abgedeckt. In seiner Erklärung räumt das BfR außerdem ein, dass das aktuell diskutierte ITX-Problem eine noch weit größere Datenlücke überdecke: über 1000 verschiedene Substanzen würden für die Bedruckung von Lebensmittelverpackungen eingesetzt. Ob und in welchen Konzentrationen diese Stoffe in die Lebensmittel übergehen, sei ebenso wenig bekannt wie ihre Giftigkeit, da weder auf nationaler noch auf EU-Ebene entsprechende Prüfregelungen bestünden.

Mit der Ermittlung entsprechender Daten wolle sich die Industrie zudem nach eigenen Angaben bis 2010 bzw. 2015 Zeit lassen. Derartige Fristen nennen BfR und Kunststoffkommission in ihrer Erklärung "unakzeptabel", weil so eine "gesundheitliche Bewertung lange Zeit nicht möglich" sei.

"Dass Seehofer offenbar glaubt, die wöchentlichen Meldungen über massenhaft verkaufte ITX-Kartonsäfte aussitzen zu können ist schlimm genug", sagt Eva Leonardt, die Projektleiterin Kreislaufwirtschaft der DUH. "Dass der Minister aber selbst die Alarmrufe eines ihm unterstellten Fachinstituts überhört, ist mehr als bedenklich und hat mit Verbraucher- und Gesundheitsschutz offensichtlich nichts mehr zu tun."

DUH-Bundesgeschäftsführer Resch erklärte: "Offensichtlich verweigert Seehofer den Verbrauchern jegliche Hilfe. So wird die DUH den mühsamen und für den Verbraucherschutz unbefriedigenden Weg beschreiten, solange mit ihren Untersuchungen weiterzumachen, bis alle belasteten Karton-Säfte aus den Regalen verschwunden sind. Die rasche und der Sache angemessene Problemlösung wäre eine von Bund- und Länderbehörden veranlasste, flächendeckende Rückholaktion. Darauf warten viele Verbraucher und Verbraucherinnen seit nunmehr sechs Wochen."

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.

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