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Die Menschen assen Gras: Der Vulkanausbruch in Indonesien und die Hungersnot in der Schweiz

Archivmeldung vom 31.03.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.03.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Das «Jahr ohne Sommer» 1816 führte in der Schweiz zu einer Hungerkrise. In der Ostschweiz war die Not so gross, dass die Menschen zusammen mit dem Vieh Gras assen. Quelle: Toggenburger Museum, Lichtensteig (idw)
Das «Jahr ohne Sommer» 1816 führte in der Schweiz zu einer Hungerkrise. In der Ostschweiz war die Not so gross, dass die Menschen zusammen mit dem Vieh Gras assen. Quelle: Toggenburger Museum, Lichtensteig (idw)

Vor 200 Jahren kam es in der Schweiz und weiten Teilen Europas zur bisher letzten grossen Hungerkrise. Hauptursache war der Ausbruch des Vulkans Tambora am 10. April 1815, der in verschiedenen Regionen der Erde eine vorübergehende Abkühlung des Klimas bewirkte. Eine internationale Konferenz an der Universität Bern diskutiert die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sich aus diesem Ereignis ziehen lassen. Und ein öffentliches Podiumsgespräch geht der Frage nach, wie gut wir heute für so eine Katastrophe gerüstet wären.

Die Explosion war gewaltig: Als am 10. April 1815 auf der indonesischen Insel Sumbawa der Vulkan Tambora ausbrach, wurden die obersten 1500 Meter des Berggipfels weggesprengt. Allein auf Sumbawa und den Nachbarinseln starben über 70’000 Menschen. Doch der Ausbruch hatte auch globale Folgen: Er schleuderte riesige Mengen Schwebeteilchen und Gase in die Atmosphäre, welche das Klima abkühlten. 1816 ging in West- und Mitteleuropa sowie im Nordosten der USA als «Jahr ohne Sommer» in die Geschichte ein. Die monatlichen Temperaturen lagen im Sommer zwischen 2,3 und 4,6 Grad unter dem langjährigen Mittel. In der Ostschweiz kam es als Folge der nasskalten Witterung zu einer Hungersnot, viele Menschen assen aus Verzweiflung Gras.

Die Klimaforschung kam dem Zusammenhang zwischen dem «Jahr ohne Sommer» und dem Vulkanausbruch in Indonesien indes erst hundert Jahre später auf die Spur. Auch heute noch liefert der Tambora Stoff für wissenschaftliche Debatten: Unter dem Titel «Vulkane, Klima und Gesellschaft» diskutieren vom 7. bis 10. April an der Universität Bern führende Expertinnen und Experten über Ursachen und Folgen des vermutlich grössten Vulkanausbruchs der letzten 7000 Jahre.

«Bei keinem anderen Vulkanausbruch dieser Grössenordnung sind die Auswirkungen so gut dokumentiert», sagt Stefan Brönnimann, Professor für Klimatologie an der Universität Bern und Organisator der Konferenz. «Die Wissenschaft setzt sich deshalb immer wieder neu mit dem Tambora auseinander. Er dient unter anderem als Fallstudie, an der sich Klimamodelle, neue Rekonstruktionsmethoden und Forschungshypothesen testen lassen.»

Neuer Blick auf die Armut

Wie die Berner Tambora-Konferenz zeigt, beschäftigen der Grossausbruch und seine Folgen nicht nur Klimaforschende: Am inhaltlich breit angelegten Anlass sprechen neben Spezialisten für Klimarekonstruktion und -modellierung auch Historikerinnen und Historiker, die sich mit der Reaktion von Gesellschaft und Politik auf diese Naturkatastrophe befassen – unter ihnen der Daniel Krämer von der Universität Bern, der soeben eine Dissertation zu den Folgen des Tambora-Ausbruchs veröffentlicht hat («‹Menschen grasten nun mit dem Vieh.› Die letzte grosse Hungerkrise der Schweiz 1816/17»).

Krämer zeigt darin, dass die Hungerkrise verschiedene Regionen der Schweiz unterschiedlich stark traf. Ganz allgemein aber, so der Historiker, beeinflusste die Hungersnot die Wahrnehmung der Armut in der Schweiz: «Wurde die Armut bislang dem liederlichen Lebenswandel der Betroffenen zugeschrieben, glitten während der Krise immer mehr Personen unverschuldet in die Bedürftigkeit ab, weil sie trotz Arbeit weder sich selbst noch ihre Familien ernähren konnten.»

Quelle: Universität Bern (idw)

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