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"Wir graben nicht den Schutt von Vorgängern um"

Archivmeldung vom 04.08.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.08.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Lehrstuhl Baugeschichte (Prof. Dr.-Ing.Klaus Rheidt) der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus und das Ägyptische Museum und Papyrussammlung in Berlin (Direktor Prof. Dr. Dietrich Wildung) erforschen im Sudan eine bislang von Ärchäologen völlig unberührte antike Stätte.

Dieser Ort "Naga", mitten in einer Sandwüste - "inmitten von Nichts" - wie es Projektleiter Prof. Wildung formuliert, hatte ca. 500 Jahre als Stadt Bestand, bevor er vermutlich im 2. Jh. n. Ch. von einem Erdbeben zerstört wurde.
Ziel des seit 1995 laufenden Projektes ist es, diese noch weitgehend unbekannte Kultur, die sich im Einflussbereich von Ägypten und Zentralafrika entwickelt hat, zu erforschen. Dazu gehört die Aufnahme der gesamten Siedlung ebenso wie auch die Untersuchung einzelner Bereiche und Gebäude im Detail.
Am Beispiel des jetzt, nach fast zehn Jahren, freigelegten 130 Meter langen Amun-Tempels wird der Einfluss ägyptischer, afrikanischer und hellenistischer Kulturen untersucht. "Wir erfassen mit Hilfe von Plänen und Zeichnungen die damalige offizielle Stadt, also Tempel, Paläste, "Geschäftshäuser", die aus Stein und Ziegel erbaut wurden. Alle anderen Häuser oder besser gesagt Hütten bestanden aus Holz und Flechtwerk - die normale Behausung für die Halb-Nomaden der damaligen Zeit. Diese einfachen Behausungen sind archäologisch kaum zu erfassen." sagt Dipl.-Ing. Alexandra Riedel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Baugeschichte, die das Projekt von Seiten der BTU betreut.
Architekten, Geodäten und Restauratoren arbeiten gemeinsam mit den Bauforschern an der Entschlüsselung der Rätsel, die die Ruinen den Forschern immer noch aufgeben. "Was macht eine Stadt inmitten von Nichts?" formuliert Prof. Wildung eine der Hauptfragen des Projektes. Obwohl die Forschung zum Reich von Meroe noch völlig in den Anfängen steckt, vermuten die Wissenschaftler um Prof. Wildung, dass es sich bei Naga um eine Art "Pfalz" gehandelt haben könnte. In dem fast 1000 Kilometer langem Reich südlich von Ägypten herrschten Könige und Königinnen über das Savannen- und Wüstenland beiderseits des Nil, die dem nomadischen Volk in Anlagen wie dieser entgegengetreten sein könnten. Die eindrucksvollen Paläste, Tempel und Sakralbauten, die in den Ausgrabungen der Archäologen ans Tageslicht kommen, deuten darauf hin, dass sich in Naga eine Zentralmacht sowohl politisch als auch religiös präsentierte.
Die Wissenschaftler verzichten bewusst auf eine weitere Freilegung: "Dieser Ort wird eine Romantik der Ruinen behalten" sagt Prof. Wildung. "Es wird nichts wieder aufgebaut. Der vorgefundene authentische Zustand wird lediglich so konserviert, dass er die nächste Generation übersteht. Künftige Forscher haben hier noch für viele Jahrzehnte zu tun - wenn dies überhaupt ausreicht -, denn auch die meroitische Sprache wartet immer noch auf eine Entschlüsselung durch Linguisten."
Einiges wissen die Forscher aber doch: So wurde das Königreich von Meroe auch Nubien genannt, was so viel wie "Goldland" bedeutet. Aufgrund der dortigen Ressourcen, die im Namen anklingen, versuchte das römisch-ägyptische Reich die Meroiten zu bezwingen, was jedoch misslang. Daraufhin entstand das Großreich von Meroe, das sich völlig ungestört an der Schnittstelle zwischen Afrika und der antiken Welt entwickeln konnte. Wie sich afrikanische und antike Elemente vermischen, zeigt sich beispielsweise in der Tempelarchitektur: So gibt es korinthische Kapitelle, die mit ägyptischen Elementen (Löwenköpfen o.ä.) verbunden sind. Schon damals hatten die Nomaden der meroitischen Kultur Kontakt zum afrikanischen Kontinent und gleichzeitig zu dem, was wir heute Abendland nennen. Diese Schnittstelle zwischen Afrika und Europa berührt sich im heutigen Sudan.
Nach dem Erdbeben im 2. Jh. n. Ch. gab es keinerlei Versuche, die Stadt wieder aufzubauen, und sie versank mitsamt ihrer schützenden Sand- und Schuttdecke. Erst durch die militärische Eroberung des Sudans unter Ismail Pascha 1821 und die Forschungsreisenden in der 1. Hälfte des 19. Jahrhundert, unter denen Fürst Hermann von Pückler-Muskau und Richard Lepsius einen hervorragenden Platz einnehmen, wurde Naga wieder bekannt.
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und einem privaten Förderverein finanzierte Projekt soll 2009 abgeschlossen sein.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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