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September 1939: Wer war damals ein „Faschist“?

Archivmeldung vom 02.09.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.09.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild:  PCh24.pl / UM / Eigenes Werk
Bild: PCh24.pl / UM / Eigenes Werk

In den ersten Septem­ber­tagen 1939 konnten die Leser der libe­ralen Presse in Frank­reich, Groß­bri­tan­nien und den Verei­nigten Staaten lesen, dass seit dem 1. September 1939 ein „Krieg um Danzig“ statt­fand. Die Frage, die sich dahinter verbarg, wurde entweder verschleiert oder ganz direkt gestellt: „Lohnt es sich, für diese eine Stadt zu sterben?“. Dies berichtet Grzegorz Kucharczyk im Magazin "Unser Mitteleuropa" unter Verweis auf einen Bericht in der polnischen Zeitung "PCh24.pl".

Weiter berichtet Kucharczyk: "Viele Leser solcher Kommen­tare reagierten negativ auf eine solche Frage. In einigen Monaten wollten viele von ihnen (Leser der fran­zö­si­schen Presse) auch nicht für Paris sterben.

Die gleiche Presse (libe­raler Main­stream an Themse, Seine und Potomac River) sah nach dem 17. September 1939, wenn sie über­haupt über Polen als Opfer einer Aggres­sion schrieb, nur einen Aggressor – Deutsch­land. Ein ähnli­cher Tonfall herrschte auch in den poli­ti­schen Kabi­netten Frank­reichs, Groß­bri­tan­niens und der USA vor, die sich nach dem 17. September 1939 zur Unab­hän­gig­keit und terri­to­rialen Inte­grität Polens bekannten und dabei nur an die deutsch-polni­sche Grenze dachten.

In den ersten Septem­ber­tagen 1939 konnte man in der deut­schen Presse lesen, dass die „ritter­liche Wehr­macht“ einen Feldzug gegen Polen begonnen hatte, ein Land, das von Anfang an den „Keim des Verfalls“ in sich trug, ein Land, das aggressiv war und seine deut­sche Minder­heit gnadenlos unter­drückte. Eine Weisung des deut­schen Reichs­pro­pa­gan­da­mi­nis­te­riums unter Leitung von Joseph Goeb­bels vom 11. September 1939 ordnete ausdrück­lich an, auf den Titel­seiten aller deut­schen Zeitungen und Zeit­schriften über die „Verfol­gung der deut­schen Minder­heit in Polen“ zu berichten.

Drei Tage zuvor, am 8. September 1939, fand im Kreml ein Gespräch zwischen Stalin und dem Vorsit­zenden der Kommu­nis­ti­schen Inter­na­tio­nale, G. Dimitrow, statt. Der sowje­ti­sche Diktator erklärte, dass die Zerstö­rung Polens, das eine Woche lang gegen die deut­sche Aggres­sion gekämpft hatte, für die Inter­essen der kommu­nis­ti­schen Welt­be­we­gung von Vorteil wäre, da dies das Verschwinden eines „bürger­li­chen, faschis­ti­schen Staates“ von der Land­karte Europas bedeuten würde.

In Über­ein­stim­mung mit der erhal­tenen Direk­tive veröf­fent­lichte die Komin­tern am selben Tag (8. September 1939) eine Erklä­rung, in der sie betonte, dass das „inter­na­tio­nale Prole­ta­riat“ Polen als „faschis­ti­schen Staat, der andere Natio­na­li­täten unter­drückt“ und der „die sowje­ti­sche Hilfe ablehnt“, in dem laufenden Konflikt nicht unter­stützen könne.

Bekannt­lich betei­ligte sich die Sowjet­union an der Seite Deutsch­lands am Kampf gegen das „faschis­ti­sche Polen“. 17. September 1939. In der sowje­ti­schen Propa­ganda waren Berlin und Moskau die „fried­lie­benden Mächte“ im Gegen­satz zu den „fran­zö­si­schen und briti­schen Kriegs­trei­bern“, mit denen das „faschis­ti­sche Polen“ zusam­men­ar­bei­tete. Der Leiter des sowje­ti­schen Propa­gan­da­mi­nis­te­riums, A. Schdanow, schrieb in einem am 14. September 1939 in der Prawda (den Haupt­organ der KPdSU) veröf­fent­lichten Artikel, dass „der polni­sche Staat sich als lebens­un­taug­lich erwiesen hat“. Er verglich die polni­schen Ostpro­vinzen mit einer „ausge­beu­teten Kolonie“ und verglich die polni­sche Politik gegen­über den ukrai­ni­schen und weiß­rus­si­schen Bürgern mit der „repres­siven Politik der zaris­ti­schen Regie­rung“. In dieser Situa­tion hatte die Sowjet­union – als „fried­lie­bende Super­macht“ – keine andere Wahl, als in diesen Ländern eine elemen­tare Rechts­ord­nung einzu­führen. Sie nahm am 17. September 1939 ihre Arbeit auf.

Gleich­zeitig verwen­dete die deut­sche Presse auf Anwei­sung von Dr. Goeb­bels den Begriff „Blut­sonntag“ für die Befrie­dung der Volks­deut­chen in Brom­berg (Bydgoszcz) durch Einheiten der polni­schen Armee; deut­sche Sabo­teure hatten in den ersten Septem­ber­tagen auf die sich zurück­zie­henden polni­schen Truppen geschossen. Die deut­sche Propa­gan­da­ab­tei­lung gab Broschüren in engli­scher und fran­zö­si­scher Sprache heraus, die den „Exzessen der polni­schen Solda­teska“ gewidmet waren und in denen die Erschie­ßung der deut­schen Sabo­teure in Brom­berg mit der „zweiten Bartho­lo­mä­us­nacht“ vergli­chen wurde, deren Opfer­zahlen geome­trisch ansteigen. Noch im Herbst sprach die deut­sche Propa­ganda von weniger als sechs­tau­send deut­schen Opfern in Brom­berg, um Anfang 1940 die Welt zu alar­mieren, dass fast 60 Tausend Deut­sche in Brom­berg ums Leben kamen.

Wie unschwer zu erkennen ist, erlangte das derzeit von der neomar­xis­ti­schen „Neuen Linken“ an polni­schen Univer­si­täten propa­gierte Narrativ über Polen als „Völker­ge­fängnis“ und das „polni­sche Kolo­ni­al­reich in den Kresy“ erst­mals im September 1939 welt­weite Bekannt­heit. Dank Schdanow, Dmitrow und Stalin, die über die effi­zi­ente „Montage“ wachten, war Polen bereits „ein faschis­ti­scher Staat, der andere Natio­na­li­täten unter­drückt“. Dr. Goeb­bels trug seinen Teil dazu bei, indem er die Welt­öf­fent­lich­keit auf den schrei­enden Mangel an Rechts­staat­lich­keit in Polen aufmerksam machte, wo die „Solda­teska“ ihr Unwesen trieb und „unschul­dige Deut­sche“ ermor­dete. Wenn man weiß, dass die Urheber der anti­pol­ni­schen Diffa­mie­rungs­kam­pagne und ihre nütz­li­chen Idioten noch nicht ihr letztes Wort gespro­chen haben, sollte man „einge­hende Studien“ über „Ausbrüche von polni­schem Natio­na­lismus gegen­über der deut­schen Bevöl­ke­rung in Brom­berg“ oder ebenso „einge­hende Analysen“ über das Phänomen der „Zuschauer“ in Brom­berg als Beweis für „tief verwur­zelte Schichten polni­scher Into­le­ranz gegen­über dem Minder­hei­ten­ele­ment“ in dieser Stadt erwarten.

Diese Art von abwe­gigem Unsinn ist relativ am einfachsten zu bekämpfen. Schlimmer sind die wissen­schaft­li­chen Lügen, wie die erste, die in diesem Text erwähnt wird, über den „Krieg um Danzig“. Noch immer mangelt es an polni­schen wissen­schaft­li­chen Studien (meist synthe­ti­scher Natur), die zeigen, dass es im September 1939 nicht nur um den Status der Freien Stadt Danzig ging, sondern um die Zukunft ganz Mittel­eu­ropas als eine Reihe unab­hän­giger Staaten – von Finn­land und Estland bis Rumä­nien -, die Deutsch­land von den Sowjets trennten, für die in der grau­sigen Nacht des 23. August 1939 in Moskau das Todes­ur­teil unter­zeichnet wurde. Und da seit Jahr­hun­derten bekannt ist, dass derje­nige, der über Mittel­eu­ropa herrscht, den gesamten Alten Konti­nent beherrscht, stand im September 1939 weit mehr auf dem Spiel als nur Bromberg.

Sobald solche Studien geschrieben sind, sollten sie ins Engli­sche über­setzt werden (zumin­dest diese) und auf Kosten des polni­schen Staates in ange­se­henen west­li­chen Wissen­schafts­ver­lagen veröf­fent­licht werden. Man kann nicht nur auf Lügen reagieren. Man sollte auch zuver­läs­siges Wissen über die polni­sche Geschichte verbreiten, begin­nend mit dem zwan­zigsten Jahrhundert.

Kehren wir zurück zu den Verfas­sern des Narra­tivs über Polen als „faschis­ti­scher Staat, der andere Natio­na­li­täten unter­drückt“. Im Oktober 1939 berich­tete die sowje­ti­sche Presse freudig, dass „der polni­sche Lumpen­staat nicht mehr exis­tiert“. Am 31. Oktober 1939 berich­tete der sowje­ti­sche Außen­mi­nister im Obersten Sowjet der UdSSR freudig, dass „der verdrehte Bastard des Versailler Vertrags, der auf Kosten der unter­drückten nicht­pol­ni­schen Natio­na­li­täten lebt, aufge­hört hat zu existieren“.

Im selben Monat gab das deut­sche Propa­gan­da­mi­nis­te­rium eine Anwei­sung (24. Oktober 1939) heraus, wie über die deut­sche Staats­po­litik in den besetzten polni­schen Gebieten zu berichten sei. Goeb­bels wies an, dass Botschaften, die das Publikum im Reich erreichten, „vor allem den Haupt­ge­danken berück­sich­tigen sollten: die Herstel­lung der Ordnung, die Besei­ti­gung des Chaos, zu dem der polni­sche Staat auf allen Gebieten geführt hat“. Den deut­schen Zeitungs­le­sern und Radio­hö­rern sollte die Botschaft vermit­telt werden, dass „Polentum gleich Unter­men­schentum“ sei und dass „Polen, Juden und Zigeuner auf der glei­chen Stufe mensch­li­cher Unvoll­kom­men­heit stehen“."

Quelle: Unser Mitteleuropa

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