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Chinesen essen Hunde - Wirklichkeit oder Märchen?

Archivmeldung vom 27.01.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.01.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Für hunderte Millionen Chinesen auf der ganzen Welt bedeutet der nächste Sonntag den Beginn des Jahres des Hundes, was auf symbolische Weise die kulturellen Unterschiede illustriert, die zwischen China und dem Rest der Welt überbrückt werden müssen. Auf Grund der traditionellen Einstellung gegenüber Hunden und dem erwachenden Interesse an Haustieren in China haben sich viele Abendländer oft mit dem Gedanken beschäftigt, ob Chinesen wirklich Hunde essen?

Laut Aussagen von Tom Doctoroff, dem Verfasser des Buches 'Billions: Selling to the New Chinese Consumer', das diesen Monat bei Palgrave Macmillan erschien, ist die historisch bedingte Antwort ein eindeutiges "Ja".

"Es gibt sicherlich einige Restaurants, besonders im Süden und in einigen der glitzernden Strassen von Shanghai, die Hunde-Eintopf servieren, aber die meisten aufgeklärten Leute würden nicht zugeben, dass sie zum Mittagessen ein Hundesandwich verzehren", erklärt Doctoroff. "Aber die Globalisierung setzt sich überall durch, und da sich internationale Verhaltensnormen und das Konsumverhalten auch auf China auswirken, wird das Futtern von Hunden immer unpopulärer."

Die verhätschelten Schosshündchen in westlichen Ländern profitieren davon, "des Menschen bester Freund" zu sein, in China hatten Hunde jedoch über Jahrhunderte hinweg einen niedrigen Status inne, was sich erst jetzt allmählich ändert. Die Einstellung der Chinesen gegenüber Haustieren im allgemeinen unterscheidet sich gewaltig zu der in westlichen Ländern, wo verwöhnte Haustiere wie Familienmitglieder behandelt werden. In Grossbritannien beträgt der jährliche Umsatz für die Haustierhaltung mehr als 3,3 Milliarden Pfund (4,9 Milliarden Euro); in Deutschland sind es ungefähr 3 Milliarden Euro, und in Frankreich über 3 Milliarden Euro. Laut den Angaben des amerikanischen Herstellerverbands für Haustierbedarf betrug der Gesamtumsatz für Tiernahrung, Zubehör, Pflege und Tierarztkosten in den Vereinigten Staaten im Jahr 2005 etwa 35,9 Milliarden US-Dollar (29 Milliarden Euro).

Im Gegensatz hierzu waren die Leute in China bis vor kurzem eher darum besorgt, sich selbst zu füttern, als Nahrung und Zuneigung an Haustiere zu verschwenden. Und dann gibt es natürlich die negativen Assoziationen: insbesondere Hunde werden mit den unteren Gesellschaftsschichten assoziiert. Sie wurden von alters her als Stiefellecker, Pfand der Mächtigen, geknebelte und geknechtete Dienstboten und Einfaltspinsel verachtet.

Während sich die Einstellung der Chinesen gegenüber Haustieren und Hunden langsam wandelt, handelt es sich bei denen, die sich für Haustiere interessieren, in der Hauptsache um eine neureiche Minderheit. Das Halten eines Hundes kann auch als soziale Anmassung interpretiert werden, ein rasches und einfaches Symbol westlicher Mittelschicht-Extravaganz. Obwohl das Halten von Haustieren in den letzten Jahren salonfähig geworden ist, können die Besitzer immer noch als 'leere Hüllen' betrachtet werden.

Die Tatsache, dass der Hund eines der 12 Tiere des chinesischen Kalenders ist, bedeutet noch lange nicht, dass die Chinesen Hunde verehren oder sie als besondere Tiere betrachten. Ganz im Gegenteil. "Das Jahr des Schweins wird als glücksbringend angesehen, aber das Jahr des Hundes ist lediglich ein bescheidenes, normales, konventionelles, langweiliges und wenig aufregendes Jahr", so Doctoroff.

"Immer mehr Leute haben Hunde. Sie waren lange Zeit das Symbol der Kleinbürgerlichkeit und bis vor kurzem politisch nicht korrekt. Selbst heute sind die Lizenzgebühren überaus hoch, als ob sie eine Art materieller Extravaganz darstellen würden. Der typische Hundebesitzer wird denn auch als 'er nai' bezeichnet, was wörtlich übersetzt 'zweite Brust' bedeutet, im übertragenen Sinne aber als 'zweite Frau' oder, noch häufiger, 'Geliebte' ausgelegt wird", erklärt Doctoroff als Beispiel dafür, wie andersartig China sein kann. "Der einzige Weg zum Erfolg für multinationale Unternehmen in China besteht darin, seine grundlegend andersartige Weltanschauung in allen Aspekten anzunehmen. Der Markt kann nur erobert werden, wenn ein Hineindenken in seine vollkommen unterschiedliche kulturelle und betriebliche Szenerie erfolgt. Mein Buch sucht das Gleichgewicht zwischen Optimismus und Realismus, da eine Chance leicht vertan werden kann."

Tom Doctoroff ist CEO bei Greater China und Director für den Nordosten Asiens bei JWT, der grössten nordamerikanischen und weltweit viertgrössten Werbeagentur. Er kam 1994 als Regional Business Director zu Greater China und verfügt über eine intensive 11-jährige Berufserfahrung aus seiner Zeit in Hong Kong und China. Im Jahr 2003 wurde er von Media Magazine, der führenden Marketing- und Werbezeitschrift der Region, zum 'Leiter des Jahres' der Regionalfiliale ernannt. Im Jahr 2004 erhielt er in Anerkennung seines Beitrags zur wissenschaftlichen Entwicklung von Shanghai den renommierten Magnolia Government Award. Sein Buch, 'Billions', beleuchtet die kritische Rolle der chinesischen Kultur beim Fällen von Kaufentscheidungen, und setzt Einblicke in das Konsumverhalten in Strategien für langfristigen Erfolg im Reich der Mitte um.

Quelle: Pressemitteilung JWT

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