Leistungszuschläge in der stationären Pflege: IGES-Studie zeigt milliardenschwere Fehlsteuerung
Die Kosten der Pflegereform sind dreimal so hoch wie ursprünglich prognostiziert. Besonders stark betroffen sind Beitragszahler mit niedrigem Einkommen.
Die Zuschläge der gesetzlichen Pflegeversicherung zu den Eigenanteilen in Pflegeheimen entwickeln sich zu einer der teuersten Sozialreformen der vergangenen Jahre. Das geht aus einer neuen Studie des IGES-Instituts hervor, die im Auftrag des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) erstellt wurde.
Anstelle der vom Bundesgesundheitsministerium ursprünglich bis 2025 prognostizierten jährlichen Kosten von 2,5 Milliarden Euro lagen die tatsächlichen Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung im ersten Jahr bereits bei 3,6 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr stiegen die Kosten auf 6,4 Milliarden Euro. Bis zum Ende der Legislaturperiode könnten sie jährlich auf bis zu 9,4 Milliarden Euro anwachsen.
PKV-Verband warnt vor wachsender Belastung der Beitragszahler
"Die IGES-Studie belegt eine milliardenschwere Fehlsteuerung in der gesetzlichen Pflegeversicherung auf. Eine Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile ist weder zielführend noch tragfähig. Die Kosten dafür belasten die Beitragszahler und Steuerzahler, insbesondere die jüngeren Generationen und deren Arbeitgeber, während gleichzeitig Menschen mit Privatvermögen davon profitieren", erklärt Thomas Brahm, Verbandsvorsitzender des PKV-Verbandes.
Die Bundesregierung hatte im Jahr 2022 die Leistungszuschläge in der stationären Pflege mit dem Ziel eingeführt, eine finanzielle Überforderung der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen durch die stark steigenden Pflegekosten zu vermeiden. Die IGES-Analyse zeigt jedoch, dass die Zuschüsse weitgehend Haushalte erreichen, die mit ihrem Altersvermögen die Eigenanteile selbständig tragen können. So lag das Medianvermögen privater Haushalte in der pflegenahen Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen bei rund 212.000 Euro.
Pflegeversicherung muss Teilkostenversicherung bleiben
"Aus verteilungspolitischer Sicht ist es bedenklich, dass der ermöglichte Vermögens- und Erbenschutz mit einer überproportional hohen Belastung von Menschen mit niedrigem Einkommen durch Sozialversicherungsbeiträge verbunden ist", geben die Studienautoren zu bedenken. "Eine Erweiterung der SPV-Leistungen, zum Beispiel durch eine stärkere Begrenzung der Eigenanteile oder ihre Deckelung, würde diesen Vermögensschutzeffekt für Erben sogar noch verstärken," so die Autoren.
"Die Soziale Pflegeversicherung ist als Teilkostenversicherung konzipiert - nicht als Vollkasko-Modell", warnt Thomas Brahm vor weiteren Leistungsausweitungen. "Um die Pflegeversicherung zu stabilisieren und auf den demografischen Wandel vorzubereiten, muss die Bundesregierung jetzt die Eigenverantwortung stärken und die private Vorsorge fördern. Die Private Krankenversicherung verfügt über eine in vier Jahrzehnten gewachsene Expertise in der generationengerechten Pflegevorsorge und ist bereit, diese aktiv in die Arbeit der Reformkommission einzubringen."
Zum Hintergrund:
Seit 2022 entlastet die gesetzliche Pflegeversicherung Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen durch Leistungszuschläge zusätzlich. Diese verringern den Eigenanteil an den pflegebedingten Kosten (bundesweiter Durchschnitt 2025: 1.800 Euro pro Monat) und steigen mit der Dauer des Heimaufenthalts: Im ersten Jahr übernimmt die Pflegeversicherung 15 %, im zweiten Jahr 30 %, im dritten Jahr 50 % und ab dem vierten Jahr 75 % des jeweiligen Eigenanteils.
Quelle: PKV - Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (ots)