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Dunkelfeld des Missbrauchs besser erforschen

Archivmeldung vom 07.04.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.04.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: ZI Fotograf: Daniel Lukac
Bild: ZI Fotograf: Daniel Lukac

Nahezu jedes fünfte Kind beziehungsweise jeder fünfte Jugendliche in Mannheim ist von sexualisierter Gewalt betroffen. Das geht aus der Pilotstudie "Prävalenz, situativer Kontext und Folgen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche" hervor, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) und des Instituts für Kriminologie der Universität Heidelberg mit Unterstützung der WEISSER RING Stiftung und der Werner Schröder Stiftung durchgeführt haben.

Die Ergebnisse zeigen, dass auch eine deutschlandweite, repräsentative Untersuchung zum Ausmaß von sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen mit der in der Pilotstudie gewählten Methodik erfolgreich und zeitnah umgesetzt werden könnte.

Sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen ist weit verbreitet und stellt in der Gesellschaft ein großes Tabu dar. Dabei sind die Folgen für die Betroffenen oft schwerwiegend und langwierig. Neben körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen treten häufig langfristige Auswirkungen im Schul- und späteren Arbeitsleben auf. Doch das genaue Ausmaß sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen, die unterschiedlichen Tatkontexte und die jeweiligen Auswirkungen sind bislang unklar beziehungsweise unzureichend erforscht. Erhebungen gestalten sich meist schwierig. Doch um Prävention wirksam zu gestalten und Menschen stärker für das Thema sexualisierte Gewalt sensibilisieren zu können, sind belastbare wissenschaftliche Daten unerlässlich.

Belastbare Erkenntnisse zum Dunkelfeld sind möglich

Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben deshalb mit Unterstützung der WEISSER RING Stiftung und der Werner Schröder Stiftung aktuell eine Pilotstudie durchgeführt. Dem Team um Prof. Dr. Harald Dreßing, Leiter Forensische Psychiatrie am ZI, und Prof. Dr. Dieter Dölling, Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, gelang es, mit Hilfe der gewählten Methodik belastbare Erkenntnisse über das Dunkelfeld sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendlichen in Mannheim zu gewinnen. "Dadurch wird deutlich, dass eine dringend benötigte, deutschlandweite und repräsentative Studie mit dieser Methodik zeitnah realisiert werden kann, wenn die Politik die notwendigen Mittel hierfür zur Verfügung stellen würde", sagt Studienleiter Dreßing.

Nahezu jedes fünfte Kind beziehungsweise Jugendlicher betroffen

In der Mannheimer Pilotstudie wurden 1.000 Personen befragt. 28,6 Prozent der Frauen und 6,7 Prozent der Männer gaben an, mindestens einmal in ihrer Kindheit oder Jugend Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden zu sein. Nahezu jedes fünfte Kind beziehungsweise jeder fünfte Jugendliche war in der Stichprobe von sexualisierter Gewalt betroffen. Die Befragung ergab zudem, dass die psychische Befindlichkeit in der Gruppe der Betroffenen signifikant schlechter ist als beim Rest der Befragten. Die Rücklaufquote der Fragebögen betrug 17,3 Prozent und lag damit auf einem vergleichbaren Niveau früherer Studien, die mit vergleichbarer Methodik durchgeführt wurden, jedoch deutlich weniger belastbare Fragestellungen aufwiesen.

Wissen um Hilfsmöglichkeiten ist verbesserungsbedürftig

"Die Ergebnisse unserer Pilotstudie zeigen deutlich, dass das Ausmaß von sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen erheblich ist", sagt Studienleiter Dreßing. Das Wissen um Hilfsmöglichkeiten sowohl bei den Betroffenen als auch bei Personen, die von sexuellen Übergriffen nicht direkt betroffen sind, aber davon Kenntnis erlangen, sei verbesserungsbedürftig.

"Unsere ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen täglich, welche schwerwiegenden Folgen solche Taten für die Betroffenen haben", sagt Jörg Ziercke, Bundesvorsitzender des WEISSEN RINGS, Deutschlands größter Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer, sowie Kuratoriumsvorsitzender der WEISSER RING Stiftung. "Wer als Kind sexuellen Missbrauch erlebt, leidet oft noch Jahre oder Jahrzehnte später darunter, manchmal sogar sein Leben lang. Die Politik muss die Lücke im Hilfesystem deshalb dringend schließen!"

"Gerade Kinder sind besonders schutzbedürftig und in einer Phase, in der sie prägende Lebenserfahrungen machen", sagt Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin des WEISSEN RINGS und Vorstandsmitglied der WEISSER RING Stiftung. "Wenn sie in diesem wichtigen Lebensabschnitt körperliche und psychische Gewalt erleben müssen, haben sie oft noch Jahre nach der Tat mit den Folgen zu kämpfen." Der Weg zurück in ein normales Leben sei dann äußerst mühsam - und manchmal auch gar nicht mehr möglich. Daher komme es auf jede Minute an, um Kindern schnell professionelle Hilfe zukommen zu lassen.

"Unsere Methodik hat sich bewährt, so dass wir auf diese Weise eine große repräsentative Bevölkerungsstichprobe in Deutschland zeitnah untersuchen könnten, um das Dunkelfeld sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen stärker zu beleuchten", betont Forscher Dreßing. Nur so könnten künftig Prävention und Hilfsangebote sinnvoll weiterentwickelt und eine zielgenauere Verwendung von Mitteln ermöglicht werden.

Quelle: Weisser Ring e.V. (ots)

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