Einbürgerungsreform stellt Kommunen vor enorme Herausforderungen
Archivmeldung vom 04.11.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Einbürgerungsreform der Ampelkoalition stellt die Kommunen vor enorme Herausforderungen. Wie eine Abfrage der "Welt am Sonntag" bei den 25 größten Städten zeigt, ist die Zahl der Einbürgerungsanträge binnen zwei Jahren um 50 Prozent gestiegen, mehrere stellten vor allem seit Inkrafttreten der Reform im Juni 2024 einen Anstieg fest.
20 Kommunen nannten konkrete Zahlen: Im Jahr 2022 stellten demnach
81.007 Personen einen Einbürgerungsantrag. Im aktuellen Jahr waren es
bereits 122.882. Seit der Einbürgerungsreform hätten sich die
Antragszahlen "noch einmal deutlich gesteigert", teilte ein Sprecher des
Berliner Landesamtes für Einwanderung mit. "In der letzten Woche
erreichten uns 104 Anträge im Durchschnitt an jedem Tag der Woche. Das
ist eine riesige Herausforderung."
Mit der Bearbeitung kommen die
Behörden kaum hinterher, wie bereits vor der Reform befürchtet worden
war. Mehr als 217.000 Anträge sind allein in 20 dieser Städte anhängig,
mitunter müssen Ausländer Jahre auf einen deutschen Pass warten.
So
gaben mehrere Städte an, dass nach Antragstellung 18 Monate
Bearbeitungszeit realistisch seien, es werden aber auch deutlich längere
Zeiten genannt. "Über acht Monate" dauere es allein bis zu einem
Vorsprechtermin, heißt es in Frankfurt am Main. Dann schlössen sich 14
Monate beim Regierungspräsidium an, bis überhaupt mit der Bearbeitung
begonnen werde. Bis dahin vergehen in Bremen, so heißt es dort, mitunter
"mindestens 24 Monate". Besonders herausfordernd ist die Situation in
Leipzig. "Derzeit besteht eine Wartezeit von 50 Monaten bis zur
Antragstellung", sagte ein Sprecher.
Rechtlich kann das ein
Problem sein. Innerhalb von drei Monaten müsse eine Reaktion der
Einbürgerungsbehörde gegenüber dem Antragsteller erfolgen, teilte die
Dresdner Ausländerbehörde mit Verweis auf die Verwaltungsgerichtsordnung
mit. Entweder seien fehlende Unterlagen oder zu klärende Sachverhalte
zu benennen - oder der Antrag sei abzulehnen, wenn die Voraussetzungen
nicht vorlägen.
Wenn die Frist nicht gehalten werde, eröffne das
"die Möglichkeit zur Erhebung einer Untätigkeitsklage", heißt es in
Dresden, was wiederum einen zusätzlichen Arbeitsaufwand für die
Verwaltungsgerichte verursache und "mit hohen Rechtskosten für die
Kommunen" verbunden sei.
Hans Vorländer, Vorsitzender des
Sachverständigenrats für Integration und Migration, übte Kritik am
Verhalten mancher Städte. "Manche Kommunen verzögern die Annahme von
Einbürgerungsanträgen, um Untätigkeitsklagen entgegenzuwirken", sagte er
der "Welt". "Diese Klagen werden aber kommen." Durch die Reform gebe es
"nun äußerst komplexe Rechtsreglungen, die schon für sich genommen zu
längeren Verfahren führen werden".
Seit der Reform müsse zum
Beispiel ein erweitertes Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen
Grundordnung abgegeben werden. "Antisemitische Einstellungen sollen nun
einer Einbürgerung entgegenstehen, nicht allein strafbare Handlungen.
Das muss von den Behörden umfassend nachrecherchiert und bewertet
werden. Dabei ist die Unbestimmtheit der Begriffe in höchstem Maße
bedenklich. Es wird sicher zu weiteren gerichtlichen Verfahren gegen
ablehnende Bescheide kommen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur