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Tachomanipulation unterbinden - Neue Datenbank schützt vor Tachobetrug

Archivmeldung vom 09.07.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.07.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: "obs/ACV Automobil-Club Verkehr/©iStock.com_kokleong"
Bild: "obs/ACV Automobil-Club Verkehr/©iStock.com_kokleong"

Ein Gebrauchtwagen mit geringem Tachostand zum Schnäppchenpreis? Vorsicht - das klingt nach Tachobetrug. Die neue Tacho-Datenbank der Initiative gegen Tachomanipulation schützt Verbraucher künftig gegen kriminell geschönte Kilometerzähler. "Was in anderen EU-Ländern schon längst erfolgreich funktioniert, ist nun auch in Deutschland möglich", sagt Wolfram Stein von der Initiative. "Die Dokumentation der KM-Stand-Historie ist in einer für jedermann zugänglichen Datenbank abrufbar", so Stein weiter.

Die Problematik ist nicht neu: Die Polizei schätzt, dass die Laufleistung jedes dritten Gebrauchtwagens zurückgedreht wurde, wodurch ein volkswirtschaftlicher Schaden von rund sechs Milliarden Euro im Jahr entsteht. "Derzeit werden in Deutschland und auf EU-Ebene gesetzliche Rahmenbedingungen vorangetrieben, um Tachobetrug künftig einzudämmen", sagt Stein.

Tachobetrug ist kein Kavaliersdelikt

In Deutschland wird die kriminelle Verjüngung von Tachoständen mit einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr geahndet. Da der Nachweis aufwendig und kostenintensiv ist, kommt es de facto so gut wie nie zu einer Strafverfolgung. Im Gegenteil: Der Betrug ist professionell organisiert. Wer seinen Kilometerstand in der eigenen Garage nicht selbst frisiert, kann auf zwielichtige Dienstleister zurückgreifen, die für wenig Aufwand Laufleistungen mit legal erworbenen Geräten für rund 150 Euro zurückdrehen.

Über den Onboard-Diagnose-Stecker wird die Apparatur mit dem Fahrzeug verbunden. Innerhalb weniger Minuten werden Marke, Modell und Baujahr angegeben und schon kann der gewünschte Kilometerstand eingetragen werden und der Tacho läuft rückwärts. Neu auf dem Manipulationsmarkt ist die Möglichkeit der permanenten Manipulation. Hier stellt der Fahrer während der Fahrt die Funktion des Kilometerzählers mithilfe einer Smartphone App ab, sodass sich die gefahrene Strecke nicht auf den Zähler niederschlägt.

So funktioniert die Tacho-Datenbank

Die Online-Plattform der Initiative gegen Tachomanipulation ermöglicht Kfz-Betrieben und sonstigen autorisierten Partnern, Kilometerstände von Fahrzeugen über die Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) in einer neutralen Datenbank abzuspeichern. Halter können die Daten kostenlos eintragen lassen und Fahrzeug-Lebensläufe jederzeit einfach und bequem über das Internet abrufen. Die Voraussetzung für den Abruf ist immer die vorliegende Erlaubnis des Halters, daher muss er einmalig einen Autorisierungsprozess durchführen, der für die Zeit seiner Halterschaft gilt.

Die Datenbanklösung ermöglicht den unproblematischen Nachweis der KM-Stände durch einfaches Abfragen der Informationen über das Internet. Die zugrunde liegende Datenbank-Software ist vom TÜV Rheinland geprüft und abgenommen und entspricht dem deutschen Datenschutzgesetz.

ACV warnt Verbraucher vor gravierendem Sicherheitsrisiko

Neben dem Staat und Versicherungen, sind es in erster Linie Verbraucher, die durch Tacho-Trickserei zu den Geschädigten gehören. Es handelt sich dabei nicht nur um einen Betrug am tatsächlichen Kaufpreis eines Gebrauchtwagens, sondern vielmehr um eine Sicherheitsfrage, da durch externe Zugriffe in das System Wartungsarbeiten und Werkstattintervalle in gefährliche Längen gestreckt werden. Folglich werden sicherheitsrelevante, verbaute Komponenten unregelmäßig vom Fachmann auf ihre Funktionalität überprüft werden.

Der ACV Automobil-Club Verkehr fordert von der Automobilindustrie die Sicherheitsanforderungen, die vor externen Manipulationen schützen, drastisch zu erhöhen: "Die Fahrzeuge sind derzeit ab Werk bereits unzureichend vor Tachobetrug geschützt", warnt Lars Wagener, Vorsitzender der Geschäftsleitung des ACV Automobil-Club Verkehr. "Gleichzeitig ist die Tacho-Datenbank in Form einer zentralen Dokumentationsstelle für Kilometerstände ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Tachobetrug", sagt Wagener. Unsere europäischen Nachbarländer machen es vor: Durch die ständige Kilometerstanderfassung bei Wartungs- und Reparaturmaßnahmen in eine unabhängige Datenbank, haben sich die externen Zugriffe zum Beispiel in Belgien auf ein Geringstmaß reduziert.

Wie können sich Verbraucher gegen Tachomanipulation schützen?

Derzeit ist ein Nachweis über verjüngte Tachostände beim Gebrauchtwagenkauf schwierig, Sachverständigen fehlen notwedige Diagnosemittel, um den Betrug nachweisen zu können. Die Prüfbescheinigung der letzten Hauptuntersuchung gibt Aufschluss über den Kilometerstand zum Zeitpunkt der HU und durch vergangene Prüfbescheinigungen kann die Laufleistung zurückverfolgt werden. Zudem gibt der Verschleiß an Autositzen, Schaltknüppeln und Pedalen Rückschlüsse auf das Alter des Fahrzeugs. Bei modernen Fahrzeugen ist diese Art der Alterbestimmung jedoch fast unmöglich, warnt der ACV.

Der Tacho-Spion identifiziert tatsächliche Laufleistung per Ultraschall

Michael Schmutzenhofer hat die Technik, mit der die Industrie bereits seit Jahrzehnten Fehlerquellen diagnostiziert, auf das Auto übertragen. Mithilfe des Tacho-Spions können Motor und Lagerverschleiß analysiert werden. "Genauso, wie die Stimme oder der Fingerabdruck immer einem konkreten Menschen zugeordnet werden kann, ist das nun auch bei Motoren möglich", erklärt Schmutzenhofer vom Tacho-Spion. "Denn jeder Motor hat seine eigene, unverwechselbare "Stimme". Diese verändert sich aber im Laufe seines "Lebens" und ist abhängig vom Grad des Verschleißes und der Abnutzung", so Schmutzenhofer weiter.

Durch die Messung von Ultraschall, die der Motor im Betrieb erzeugt, werden Fehlerquellen identifiziert, die weder zu sehen noch mit eigenen Ohren zu hören sind. Aus den gemessenen Geräuschen in Verbindung mit dem Stand des Tachometers hat der Tacho-Spion eine Referenz-Datenbank geschaffen, mit der man neu gemessene Motorengeräusche vergleichen kann. Eine spezielle Software berechnet daraus den Verschleißgrad. Die technische Lösung des Tacho-Spions wird die Datenbanklösung künftig im Kampf gegen den Tachobetrug ergänzen.

Die EU fordert die Einführung einer Datenbank zur Identifikation von unbefugtem Eingreifen. Die EU Richtlinie 2045/14 gilt für Prüfgesellschaften und muss spätestens mit dem 20.05.2017 binnen eines Jahres durch "Erlass einer nationalen Rechtsvorschrift" umgesetzt werden.

ADAC setzt auf technischen Manipulationsschutz direkt im Auto

Zur Bekämpfung der Tachokriminalität diskutieren Politik und Öffentlichkeit derzeit wieder verstärkt über Datenbanken. Sie sollen die Kilometerstände von Autos, etwa bei einer Reparatur, Hauptuntersuchung (HU) oder Inspektion, erfassen und damit die Manipulation des Wegstreckenzählers verhindern. Diesen Ansatz sieht der ADAC kritisch, da dem Verbraucher eine falsche Sicherheit suggeriert wird. Denn: Viele dieser Datenbankeintragungen würden erst mit der ersten Hauptuntersuchung (HU) beginnen, wenn das Fahrzeug drei Jahre alt ist. Kriminelle, die ein Auto manipulieren und dadurch seinen Wiederverkaufswert steigern wollen, können beispielsweise vor einer HU den Kilometerstand des Pkw gezielt verändern. Das Ergebnis mit dem vermeintlich echten Kilometerstand bekommen sie dann mit der HU sogar noch "amtlich" bestätigt.

Durch Tachomanipulation entsteht der deutschen Volkswirtschaft ein Schaden von rund sechs Milliarden Euro pro Jahr. Den besten Schutz vor Tachobetrug sieht der ADAC in einer technischen Lösung, also der manipulationssicheren Speicherung des tatsächlichen Kilometerstands direkt im Fahrzeug.

Das Zurückdrehen des Tachos ist derzeit technisch noch sehr leicht möglich, Manipulationsgeräte kosten ca. 150 Euro. Die Autohersteller sind aufgefordert, wirksame Sicherheitstechnologien zum Schutz des tatsächlichen Kilometerstands in ihre Modelle einzubauen. Eine Überprüfung der Schutzmechanismen ist durch neutrale Organisationen möglich, in Deutschland zum Beispiel durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informations-Technologie (BSI).

Ein weiterer Kritikpunkt an Datenbanklösungen ist finanzieller Natur. Jeder Abruf von Daten kostet Geld. Außerdem müssten die Werkstätten und andere meldende Stellen meist Gebühren zahlen, bevor sie Einträge in die Datenbank vornehmen dürfen. Praktisch werden diese Kosten damit auf den Verbraucher umgelegt. Einen echten Nutzen hat der Autofahrer davon aber nicht. Eine technische Lösung durch die Autohersteller direkt am Pkw würde dagegen nur etwa einen Euro pro Fahrzeug kosten.

Quelle: ACV Automobil-Club Verkehr / ADAC (ots)

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