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Alpen zunehmend Wohnraum der Städter

Archivmeldung vom 09.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Häuschen in den Bergen: Alpen werden zu Freizeitpark. Bild: Flickr/Stocker
Häuschen in den Bergen: Alpen werden zu Freizeitpark. Bild: Flickr/Stocker

Wohnen in den Bergen ist kein Gegensatz zur anhaltenden Verstädterung der Gesellschaft: Die Alpen werden derzeit nach Jahrzehnten der Abwanderung als Wohnraum wieder neu entdeckt, doch diesmal als zweiter Wohnsitz, als vorübergehende Absteige oder als Heimat für Pendler. Das erklärt Manfred Perlik von der Europäischen Akademie Bozen. Anlässlich der Ausstellung "Wohn Raum Alpen", die die Initiative Architektur derzeit in Saalfelden zeigt, hat pressetext mit dem Raum- und Landschaftsforscher über das als "alpine Gentrifizierung" bezeichnete Phänomen gesprochen.

Ein Erscheinungsbild der globalen Entwicklung ist die Metropolisierung. "Wirtschaft und Kultur konzentrieren sich weltweit immer mehr in Großstädten und deren Umland, und die Menschen ziehen nach. Dadurch gelangen standortabhängige Branchen wie Landwirtschaft, Industrie und Tourismus in den Alpen und anderen Gebirgsräumen zunehmend in Probleme", analysiert Perlik. Zugleich kommt jedoch auch der ländliche Raum in den Einflussbereich der Städte, wird funktional integriert und somit neugedeutet - vor allem als Freizeitlandschaft und Wohnraum.

Dazu tragen mehrere Umstände bei: Teils haben Menschen mehrere Wohnsitze in Stadt und Land oder sind in mehreren Städten zuhause, teils führen sie Fernbeziehungen, suchen einen Wohnsitz für die Pension oder pendeln, was heute durch schnellere Verkehrsnetze leichter ist. "Bewusster als zuvor nutzt man heute den Unterschied zwischen der wieder salonfähigen urbanen Dichte und der reizvollen Landschaft anderswo", so der Experte. Die Nachteile ruraler Gebiete gleichen die höhere Wohnfläche oder besondere Freizeitaktivitäten aus, zudem sind Immobilien an Prestige-Adressen mittlerweile begehrte Wertanlagen.

Brain Drain kommt teuer

Doch längst nicht jedes Gebiet kann mit Naturidylle, Montblanc-Blick oder Lage am See aufwarten. "Die Landregionen müssen deshalb versuchen, ihre Nische zu finden. Meist bemüht man sich um Eigenschaften, die mit 'Erlebnis' zu tun haben, etwa in der Gastronomie oder Gesundheit", berichtet Perlik. Regionen mit schwindender Bevölkerung fehlender Wertschöpfung schaffen den Sprung in die Oberklasse freilich kaum, weshalb sich in Folge die touristische Infrastruktur und deren neue Dienstleistungen punktuell auf wenige große Destinationen konzentrieren.

"Wandern kreative, unternehmenslustige Menschen ab, sinkt damit nicht nur die Fähigkeit einer Region, sich aus eigener Kraft weiterzuentwickeln. Auch die Politik verliert Interesse durch den Stimmenverlust, die Wirtschaft aufgrund des schrumpfenden Marktes und die Kultur, da der Standort an Attraktivität einbüßt. Damit setzt sich die Polarisierung der Lebenschancen fort", skizziert der Wirtschaftsgeograf das Problem. Ökologisch sei die geringere Nutzung noch kein automatischer Vorteil, findet doch gleichzeitig eine Übernutzung anderer Regionen statt.

Mission: Heimisch machen

Über die Zukunftsfähigkeit ländlicher Regionen entscheidet immer mehr der Punkt, ob die neuen Bewohner sich heimisch fühlen und stimmig an den Ort gebunden werden können, erklärt Perlik. "Die schwierige Frage lautet, wie man Zugezogene dazu bringt, eine Bindung an die Region zu entwickeln, langfristig zu bleiben und sich selbst für die Region einzusetzen. Wo dies gelingt, da verbessert sich auch die Aussenwahrnehmung - da werden Regionen von der nationalen Politik eher angehört und können ihre Interessen wenigstens teilweise durchsetzen."

Aus Perspektive der Jugend haben sich jüngst auch Soziologen der Problemstellung genähert. Um der Landflucht entgegenzuwirken, pochen sie vor allem auf stärkere Beteiligung von Jugendlichen in der Lokalpolitik und der Förderung ihres Bildes.

Weiterführende Literatur: http://rga.revues.org/1370 sowie http://www.nextroom.at/periodical.php?id=17842

Quelle: www.pressetext.com/Johannes Pernsteiner

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