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Alt, bedürftig, verarmt: Die neue Pflegereform rüttelt kaum am Problem

Archivmeldung vom 30.06.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.06.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Exorbitant steigende Eigenanteile machen immer mehr Pflegebedürftige zum Sozialfall. Eine neue Reform, ab Juli in Kraft und von der Bundesregierung als Wohltat verkauft, ändert daran nichts. Sozialverbände warnen vor steigender Altersarmut und fordern eine Vollversicherung. Dies analysiert Susan Bonath im Magazin "RT DE".

Weiter analysiert Bonath auf RT DE: "Die Bundesregierung, egal welcher Zusammensetzung, ist schon seit Langem bekannt dafür, mangelhafte Mini-Reförmchen als große Wohltaten zu vermarkten. So hält sie es aktuell auch mit ihrer in Trippelschritten geplanten Pflegereform. Den fortlaufenden Anstieg der Eigenanteile für die Pflege, was Bedürftige schon jetzt reihenweise zu Sozialhilfefällen macht, wird das nicht bremsen. Ein Bündnis aus Sozialverbänden und Gewerkschaften warnt deshalb zu Recht vor zunehmender Armut bei Betroffenen.

Kleine Renten, explodierende Pflegekosten

Die gesetzliche Pflegeversicherung, in die Arbeitnehmer monatlich Beiträge einzahlen müssen, deckt die Kosten nur teilweise. Bedürftige müssen hohe Eigenanteile für ihre Pflege zuzahlen. Besonders betroffen sind Menschen, die im Alter oder wegen einer Behinderung im Heim landen. Vergangenes Jahr mussten Heimbewohner bereits zwischen rund 1.600 Euro (Sachsen-Anhalt) und mehr als 2.500 Euro (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Saarland) aus eigener Tasche berappen.

Bundesweit lag der durchschnittliche Eigenanteil 2022 bei 2.179 Euro monatlich. Zu Beginn dieses Jahres stieg dieser Mittelwert laut einer Berechnung des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) erneut auf 2.411 Euro pro Monat an. Das übertrifft die Rente der meisten Betroffenen bei Weitem – sie werden zu Sozialfällen, denen alles genommen wird bis auf ein monatliches "Taschengeld" von aktuell 135,54 Euro. Einer Antwort der Bundesregierung an die Linksfraktion zufolge muss bereits über die Hälfte der Rentner sogar mit weniger als 1.000 Euro über den Monat kommen.

Teuerung nicht mal abgefedert

Zugleich schlägt der Personalmangel zu Buche, der nicht nur der Alterung der Bevölkerung geschuldet ist, sondern auch der zunehmenden Privatisierung von Einrichtungen, schlechten Löhnen und miesen Arbeitsbedingungen. Dies will die Bundesregierung mit ihrer Reform zuerst angehen. Ihre Lösung ist wenig kreativ: Der Beitragssatz, je teilweise vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber getragen, steigt um 0,35 Prozentpunkte.

Für Kinderlose beträgt der Satz somit ab 1. Juli insgesamt 4 Prozent (2,3 Prozent Arbeitnehmeranteil). Je nach Kinderzahl verringert er sich auf minimal 2,4 Prozent (0,7 Prozent Arbeitnehmeranteil) bei fünf oder mehr Kindern, wobei er bei allen Müttern und Vätern nach der Erziehungszeit wieder auf insgesamt 3,4 Prozent heraufgesetzt wird, zur Hälfte vom Arbeitgeber getragen.

Außerdem will die Regierung neue Programme auflegen, um Pflegepersonal aus dem Ausland anzuwerben, und die Digitalisierung in Heimen weiter fördern. Dies soll angeblich die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten verbessern. Mit Verspätung folgt der Tropfen auf den heißen Stein für Betroffene: Ab 2024 soll es fünf Prozent mehr Zuschuss für ambulante und stationäre Pflege geben, kleinere Anpassungen sind für die Jahre danach geplant. Dies fängt allerdings nicht einmal die reale Teuerung auf.

"Altersarmut wird stark und schnell ansteigen"

Das Bündnis aus Sozialverbänden und Gewerkschaften warnt indes davor, dass die Pflegekosten für immer mehr Menschen zur Armutsfalle würden. "Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass das Risiko, im Falle von Pflegebedürftigkeit von Armut betroffen zu sein, immer weiter steigt", heißt es in dem Aufruf.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, erklärte, dass inzwischen fast ein Drittel aller Heimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen sei. Ab Mitte 2023 würden Bedürftige, die bis zu einem Jahr im Heim versorgt werden, durchschnittlich 2.700 Euro monatlich selbst aufbringen müssen.

Deshalb dringe das Bündnis auf einen Ausbau der Versicherung. Diese müsse künftig alle anfallenden Pflegekosten übernehmen. Dadurch, so Schneider, fielen nur noch Eigenleistungen für Kost und Logis an, was den Eigenanteil auf etwa die Hälfte schrumpfen ließe. Wobei das allerdings auch schon das Einkommen der meisten Rentner übersteigen würde. Alexander Schraml vom Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BSKB) warnte:

"Ohne eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung wird die Altersarmut stark und schnell ansteigen – das kann nicht das Ergebnis von 28 Jahren Pflegeversicherung sein."

Gehör werden die Sozialverbände wie üblich kaum finden. Ein Ende der materiellen Abwärtsspirale ist nicht in Sicht – nicht nur für alte und pflegebedürftige Menschen."

Quelle: RT DE

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