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Quarantäne-Schreiben wegen harter Wortwahl in Kritik

Archivmeldung vom 02.12.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.12.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Michael Müller (2014) Bild: StagiaireMGIMO - wikipedia.org
Michael Müller (2014) Bild: StagiaireMGIMO - wikipedia.org

Eine Quarantäne-Anordnung der Stadt Bonn sorgt wegen der scharfen Tonlage für Aufruhr - so oft kommen da die Worte wie Zwang oder „ich drohe“ vor. Sputnik hat beim Bundesministerium für Gesundheit, dem Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen sowie bei der Stadt Bonn nachgefragt.

Weiter heißt es hierzu in einem Bericht von Liudmila Kotlyarova auf deren deutschen Webseite: "Was im diesem Teil-Lockdown nicht alles in Briefkasten der Bürgerinnen und Bürger landet. Der regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, verschickt etwa an sämtliche Haushalte „wichtige Informationen zur Corona-Pandemie“, wo er freundlich auf die Corona-Gefahren hinweist und um Verständnis für die Maßnahmen bzw. um den Verzicht auf Kontakte bittet. Manche Schreiben sorgen aber für einen ganz gegensätzlichen Effekt - wie etwa die Quarantäne-Anordnung der Stadt Bonn, neulich vom Diskussionsportal „Nachdenkseiten“ in voller Länge publik gemacht.

„Wer in Quarantäne muss, wird wie ein Verbrecher behandelt“, hieß der Beitrag zu dem Schreiben, das schon durch seine aggressive Tonlage auffällt. Eine dreiköpfige Familie aus Bonn soll es am 21. November bekommen haben, nachdem sie in Quarantäne geschickt worden war. Der Grund: Ein Familienmitglied ohne Symptome wurde auf Corona positiv getestet. So schreibt etwa ein Mitarbeiter eines Bonner Gesundheitsamtes, für den Fall, dass die Familie seiner Anordnung nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachgeht, „…drohe ich Ihnen das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs an. Dies bedeutet für Sie, dass ich auch gegen Ihren Willen, notfalls unter Anwendung körperlicher Gewalt, sicherstelle, dass Sie den o. g. Quarantäne-Bereich nicht verlassen. Alternativ kann auch die zwangsweise Unterbringung in einer geschlossenen Quarantänestation angeordnet werden“. Der Mitarbeiter weiter: Sollte die Familie auch diesen Warnungen nicht nachgehen, „..drohe ich Ihnen für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in der Höhe von 1.000 Euro“. Die Anordnung stütze sich auf einen Artikel des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in neuer Fassung, heißt es weiter im Schreiben. Hiermit können krankeits- und ansteckungsverdächtige Personen im Rahmen einer Schutzmaßnahme der häuslichen Absonderung unterworfen werden.

Ist das eine misslungene Amtssprache oder die neue Normalität, angeblich von oben vorgefasst? Ein Leser zeigte sich auf Facebook damit unzufrieden, dass es schon genüge, „krankheitsverdächtig“ zu sein und nicht getestet, um in ähnlicher Form angesprochen zu werden. Wahrscheinlich ist die neue Aggressivität repräsentativ für das gesamte Land, stellt der Beitrag in den Raum, - gewünscht wäre eine freundlichere Wortwahl gewesen.

Sputnik hat drei zuständige öffentliche Einrichtungen: das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und unmittelbar die Stadt Bonn um eine Stellungnahme gebeten. Wie erwartet, distanzierte sich der BMG-Sprecher Sebastian Gülde von dem Schreiben. Die Umsetzung des Infektionsschutzrechts sowie der damit verbundenen Maßnahmen würden in die Zuständigkeit der Länder fallen, sagte er. Es gebe also kein Musterschreiben des BMG für die zuständigen Behörden der Länder.

Nicht aggressiv, sondern normal-amtlich?

Ähnlicherweise äußerte sich auch der Sprecher des Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordberhein-Westfalen (MAGS), Axel Birkenkämper: Man gebe den Kommunen keinen Mustertext vor, wie Quarantäne-Anordnungen zu formulieren seien. Anschließend nahm die Sprecherin der Stadt Bonn, Dr. Monika Hörig, die Formulierungen in Schutz. Die Ordnungsverfügungen würden sicher sehr amtlich und strikt klingen. Als „aggressiv“ würde Hörig sie aber nicht bezeichnen. Sie müssten ja leider so formell formuliert sein, weil sie „rechtssicher sein und damit einem Gerichtsverfahren standhalten müssen“. Dass dabei der verbindliche Ton schon einmal unter die Räder komme, sei „bedauerlich“.

Vor diesem Hintergrund nehme die Stadt Bonn den Sputnik-Hinweis gern auf und prüfe, ob sich „an den Formulierungen noch etwas verbessern lässt, ohne die Gerichtsfestigkeit zu gefährden.“ Auch werden solche Schreiben bald nicht mehr einzeln verschickt werden, erklärte Hörig, sobald die „Altfälle“ abgearbeitet seien. Es seien bis heute schon so viele gewesen (Stand heute: 3031), dass die Stadt jetzt den Weg einer Allgemeinverfügung gehe.

Ein Blick ins Infektionsschutzgesetz…

Im Paragraf 28 Absatz 1 des IfSG zu den Schutzmaßnahmen, auf den sich die angesprochene Quarantäne-Anordnung stützt, heißt es wortwörtlich: „Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen <...>, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; <...> Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit <...> werden insoweit eingeschränkt.“ Im Paragraf 30 zu Absonderung taucht das Wort ‚Zwang‘ dabei nur einmal auf - die Ausweicher sollten „zwangsweise“ abgesondert werden, heißt es."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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