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Zwickauer Terrorzelle: Verdächtiger Helfer gibt Waffenlieferung zu

Archivmeldung vom 24.02.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.02.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Beispiel der Tatwaffe, einer CZ 83 im Kaliber 7,65 mm, hier jedoch ohne Laufgewinde für einen Schalldämpfer. Bild: Jan Hrdonka / wikipedia.org
Beispiel der Tatwaffe, einer CZ 83 im Kaliber 7,65 mm, hier jedoch ohne Laufgewinde für einen Schalldämpfer. Bild: Jan Hrdonka / wikipedia.org

Der mutmaßliche Helfer der Zwickauer Terrorzelle, Carsten S., hat gestanden, dem rechten Trio eine Waffe besorgt zu haben. Wie der Anwalt des Verdächtigen mitteilte, handle es sich "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um besagte Ceska 83, welche wohl bei den später begangenen Tötungsdelikten zum Einsatz kam." Er habe den Mitgliedern der Terrorzelle die Waffe zwischen Herbst 1999 und Sommer 2000 übergeben. Dennoch soll Carsten S. nach Angaben seines Verteidigers keine Kenntnis von den geplanten oder bereits begangen Straftaten des Trios gehabt haben.

Insgesamt machte der Verdächtige bei seiner Vernehmung umfassende Aussagen zu seinem Tatbeitrag, sagte Generalbundesanwalt Harald Range. "Er hat sich zu seinem eigenen Tatbeitrag geäußert. Und er hat - nach unseren Erkenntnissen auch glaubhaft - gesagt, dass er sich schon vor Jahren aus der rechtsextremistischen Szene gelöst hat", sagte Range.

Carsten S. wurde Anfang Februar in Düsseldorf festgenommen. Er wird der Beihilfe zu sechs vollendeten Morden und einem Mordversuch verdächtigt.

Am Donnerstag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einer zentralen Gedenkfeier den Opfern der Neonazi-Mordserie gedacht und sich bei den Hinterbliebenen entschuldigt.

Merkel entschuldigt sich bei Angehörigen von Neonazi-Opfern

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich auf einer zentralen Gedenkfeier bei den Angehörigen der Opfer der Neonazi-Mordserie entschuldigt. Die jahrelangen Ermittlungspannen "müssen für Sie, liebe Angehörige, ein nicht enden wollender Alptraum gewesen sein", so Merkel. Dafür bitte sie um Verzeihung. Dies könne niemand ungeschehen machen. Dennoch betonte die Regierungschefin: "Sie stehen nicht länger allein mit Ihrer Trauer, wir fühlen mit Ihnen, wir trauern mit Ihnen." Gleichzeitig versprach sie alles dafür zu tun, die Mordserie vollständig aufzuklären. Merkel bezeichnete die Anschläge als "eine Schande für unser Land." 

Am Tag der Gedenkfeier für die Mordopfer der Zwickauer Terrorzelle hatte SPD-Vizechefin Aydan Özoguz eine schonungslose Aufklärung der Taten angemahnt. "Die Angehörigen der Opfer können vermutlich erst dann zur Ruhe kommen, wenn die Taten umfassend aufgeklärt sind", sagte Özoguz der "Rheinischen Post". Zur Gedenkfeier sagte sie: "Es ist gut, dass wir mit dieser Gedenkveranstaltung ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. Das sind wir den Opfern schuldig."

Auf der Gedenkveranstaltung im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt sprachen auch zwei Töchter von Ermordeten zu den rund 1.200 Gästen. Für 12:00 Uhr hatten Arbeitgeber und Gewerkschaften zu einer Schweigeminute aufgerufen. In Berlin und Hamburg stand der öffentliche Nahverkehr am Mittag für eine Minute still. Das Neonazi-Trio soll neun ausländische Kleinunternehmer sowie eine Polizistin ermordet haben.

Zentralrat der Muslime fordert Überprüfung der Sicherheitsarchitektur

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat eine Überprüfung der Sicherheitsarchitektur gefordert. Man habe in der Vergangenheit "Rassismus einfach unterschätzt", sagte Mazyek im Deutschlandfunk. Weil man Rassismus sehr oft in Richtung Gewalt von Neonazis verorte oder als ein Randproblem. "Aber Rassismus ist leider Gottes kein Randproblem in unserer Gesellschaft, sondern frisst sich merklich in die Mitte der Gesellschaft", erklärte Mazyek. Deshalb müsse man mit allen zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln dagegen vorgehen. Außerdem müsse endlich die Frage geklärt werden, wer die politische Verantwortung für dieses Geschehen übernehme. "Diese Frage wird angesichts dieser schrecklichen Mordserie, dieser Terrorserie hier kaum gestellt, und es scheint, als wäre das ein Tabu", erklärte Mazyek. Doch man dürfe dies nicht als Tabu zulassen. "Und schließlich brauchen wir einen Anti-Rassismus-Beauftragten auf der Bundesebene, der dem Bundestag alljährlich einen entsprechenden Bericht abliefert, was da passiert ist, was auch an Verbesserungen oder auch Entwicklungen in dieser Frage sich einstellt", forderte Mazyek.

John fordert regelmäßige Informationen für Familien der Neonazi-Mordopfer

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der Zwickauer Neonazi-Zelle, Barbara John, fordert von den Sicherheitsbehörden eine ständige Information über den Stand der Ermittlungen. "Für alle Angehörigen der Opfer ist es wichtig, von den Behörden zu erfahren, wie die Ermittlungen verlaufen, wie es damit weitergeht. Generalbundesanwalt Harald Range muss hier einen gangbaren Weg finden, dass sie darüber regelmäßig informiert werden", sagte John der Tageszeitung "Die Welt". Range wolle die Anwälte der Opfer im März zu einem Gespräch einladen.

John hält es für notwendig, dass auf der Gedenkfeier für die Mordopfer mit Bundeskanzler Angela Merkel am Donnerstag in Berlin "thematisiert wird, dass die Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung versagt haben." Die Behörden hätten ausschließlich in Richtung "Ausländerkriminalität" ermittelt. "Das belastete die Hinterbliebenen enorm. Viele verloren dadurch ihre sozialen Kontakte. Wie gering die Opfer geschätzt wurden, mussten deren Familien leidvoll erleben, indem von den Behörden abschätzig jahrelang von `Döner`-Morden gesprochen wurde", sagte John. Die Aus- und Weiterbildung der Polizei besonders in den neuen Bundesländern müsse auf die "erforderlichen Mindeststandards" gebracht werden. "Es muss auch eine Neudefinition fremdenfeindlicher Straftaten geben. Wenn ein Einwanderer betroffen ist, sollte künftig grundsätzlich immer auch in Richtung Rechtsextremismus ermittelt werden. Genau dies wurde jahrelang aber sofort kategorisch ausgeschlossen, sogar von früheren Bundesinnenministern", sagte John. Wenn die Deutschen "nicht an sich heranlassen", was bei den Neonazi-Morden wirklich passiert sei, würden sie auch nicht die Kraft entwickeln, ihr Land zu verändern. "Das ist für mich das Wichtigste", sagte John. Die "teilweise herrschende Teilnahmslosigkeit" gegenüber dem Geschehenen gibt ihr zu denken: "Es wird oft einfach als lästig angesehen, nun doch noch damit konfrontiert zu werden. Das wäre sicher anders, wenn es zehn Prominente oder Politiker getroffen hätte", sagte John. Wer wolle schon wahrhaben, dass sich "in unserer Bilderbuchdemokratie rassistische Mörder von breivikschem Fanatismus sieben Jahre lang austoben konnten?" Nach Johns Eindruck gehört Ablehnung und Missachtung von Einwanderern immer noch zu Alltagsgesprächen. "Dagegen müssen wir auf allen Ebenen und in staatlichen Einrichtungen Strategien entwickeln", sagte John der Zeitung.

Zeitung: Bisher 437.000 Euro für Familien der Neonazi-Opfer

Der Bund hat für die Familien der Neonazi-Opfer bisher rund 437.000 Euro ausgezahlt. Wie die Tageszeitung "Die Welt" unter Berufung auf Zahlen des Bundesjustizministeriums berichtet, hat das Bundesamt für Justiz von Ende November 2011 bis zum 21. Februar 2012 so genannte Härteleistungen in 61 Fällen ausgezahlt. Sie wurden an Eltern, Ehepartner, Kinder und Geschwister der Opfer der Mordserie sowie an die Verletzten der Bombenanschläge 2001 und 2004 in Köln überwiesen. "Niemand kann wieder gut machen, was geschehen ist", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Nach der Gedenkfeier an diesem Donnerstag dürfe niemand zur politischen Tagesordnung übergehen. "Die Fehler der Vergangenheit müssen schonungslos aufgearbeitet werden. Die Struktur der Sicherheitsbehörden steht auf dem Prüfstand", forderte Leutheusser-Schnarrenberger. "Nie wieder darf eine Gruppe von Rechtsextremisten jahrelang aus dem Blickfeld der Sicherheitsbehörden verschwinden."

Neonazi-Terror: Ex-NRW-Minister Laschet fordert mehr Mitgefühl mit den Opfern

Der frühere nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) hat mangelndes Mitgefühl für die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) beklagt und sieht einen deutlichen Unterschied zum Umgang mit Opfern des Linksterrorismus in den 1970er-Jahren. Damals habe man "mit den Familien von Hanns Martin Schleyer, Jürgen Ponto, Generalbundesanwalt Buback und anderen über Wochen gezittert, getrauert und gebetet. Dieses Mitgefühl war echt und aufrichtig und hatte den Linksterrorismus der RAF isoliert", sagte CDU-Bundesvorstandsmitglied Laschet der Zeitung "Die Welt". Die Opfer des Rechtsextremismus seien jedoch selbst verdächtigt worden, mit Begriffen wie "Döner-Morde" oder "Soko Bosporus" verhöhnt und in ihrer Trauer allein gelassen. Man brauche eine neue Form der Wahrnehmung und des Mitgefühls für die Opfer, die willkürlich ermordet worden seien.

Indes hat die Bundesregierung die Zahl rechtsextremer Mordopfer seit der Wiedervereinigung nach oben korrigiert. In der offiziellen Statistik des Bundesinnenministeriums werden jetzt 58 Todesopfer angegeben.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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