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11. Augsburger Mediengespräche zur "Skandalisierung in den Medien"

Archivmeldung vom 10.10.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.10.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien
Bild: BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien

Zwischen der "Skandalisierung des Banalen" und der Aufdeckung "echter Skandale" in den Medien zu unterscheiden, ist im Zeitalter der "Aufmerksamkeitsökonomie" gar nicht mehr so leicht, zumal die Aufmerksamkeit der Mediennutzer mit der Prominenz der handelnden Personen steigt. Es sei aber mehr als notwendig, genau zu differenzieren, welche "Sau gerade durch's Dorf getrieben" werde, appellierte der Fernseh- und Netzjournalist Richard Gutjahr am Dienstag bei den 11. Augsburger Mediengesprächen an die Verantwortung seiner Kollegen.

Auf Einladung der BLM, der lokalen Medienunternehmen und der Stadt Augsburg verfolgten im Rathaussaal knapp 300 Besucher eine spannende Diskussion zum Thema "Skandalisierung in den Medien - Kontrollverlust in der digitalen Welt?". Das hochkarätig besetzte Podium mit Vertretern aus Medien, Politik und Wissenschaft war sich einig, dass der Konkurrenzkampf der Medien sowie die beschleunigten Kommunikationswege in der digitalen Welt mehr denn je Qualitätsjournalismus erforderten. "Wo professionelle Gatekeeper und eine Qualitätskontrolle fehlen, gerät der vermeintliche Skandal schnell zum inszenierten Drama", warnte BLM-Präsident Siegfried Schneider in seiner Eröffnungsrede. Und der Augsburger Bürgermeister Hermann Weber betonte, dass die Medien in einer demokratischen Gesellschaft nicht nur Kritik- und Kontrollfunktion hätten, sondern auch "Garant für ein respektvolles Miteinander" sein müssten.

Gibt es dieses Miteinander in der "Empörungsdemokratie" überhaupt noch? Laut Medienwissenschaftler und Buchautor Prof. Dr. Bernhard Pörksen liegt Skandalen ein Beziehungsdreieck zugrunde: Der Skandalschrei der Medien stehe als Ultrakurzformel für das "Werben um Aufmerksamkeit". Das Publikum zeige Interesse an archetypischen Situationen wie dem Fall eines (politischen) Helden. Wie wichtig für einen Politiker der Umgang mit den Medien geworden ist, bestätigte der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter: Sacharbeit interessierte heute doch keinen mehr. Erst, wenn etwas passiere, "bist du auf einmal interessant. Das kriegen Sie nicht mehr los." Die Empörung der Öffentlichkeit wachse mit der Prominenz des "Delinquenten" und dessen moralischer Fallhöhe, ergänzte Walter Roller, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen Zeitung.

Die Fälle Wulff, Guttenberg und Hoeneß sind für Kommunikationsberater Michael Spreng allerdings schlechte Beispiele für die Skandalisierung in den Medien. Es wären "echte Skandale" gewesen, die von den Betroffenen durch professionelles Kommunikationsverhalten (keine Salamitaktik etc.) abgekürzt hätten werden können. Spreng stimmte der Moderatorin Silvia Laubenbacher von a.tv Augsburg zwar zu, dass es einen Trend zur Trivialisierung der Politik durch Medien gebe, diese aber auch die Pflicht zur Aufklärung hätten: "Wir tragen eine Mitschuld, wenn wir skandalisieren, nicht, wenn wir Skandale aufdecken."

Den Trend zur Lust am Skandal und zur Personalisierung räumten sowohl Roller als auch Gutjahr ein: "Wo ist denn der Killerinstinkt der Medien bei wirklich relevanten Geschichten wie der Snowdenaffäre geblieben?", fragte Gutjahr, der sich darüber ärgerte, dass teilweise die Schnappschildkröte im Baggersee für mehr Berichterstattung als wirklich gute Stories sorge. Der Kampf um Auflage, Quote und Klicks führe manchmal zu einer "bewussten Skandalisierung".

Es gibt aber keine reinen "Netzskandale", darin waren sich die Diskutanten einig. Die Spirale werde entweder von unten aus dem Netz angekurbelt (Fall Köhler) oder von Leitmedien wie "Bild" oder "Spiegel" losgetreten. Entscheidend sei der Mix aus klassischen Medien und der Öffentlichkeit im Internet. Die Anonymität des Netzes, moralisch aufgeladene Diskussionen und das gegenseitige Mobbing in der Politik tragen allerdings dazu bei, dass ein "respektvolles Miteinander" immer seltener wird, oder wie es Spreng ausdrückte: Im Internet gebe es eben nicht nur Schwarmintelligenz, sondern auch Schwarmfeigheit.

Vor diesem Hintergrund könnte seriöse Medienberichterstattung Skandale "entschleunigen" und eine Relevanzbewertung vornehmen, regte Printjournalist Roller an, nach dessen Einschätzung es künftig keine "Klickdemokratie" geben wird. Auch der Landtagsabgeordnete Sauter zeigte sich optimistisch: "Wir sind vom digitalen Zeitalter überfallen worden. Mittelfristig werden sich die Menschen aber bewusst machen, dass sie ein gehöriges Stück Verantwortung tragen."

Eine Zusammenfassung der Augsburger Mediengespräche ist am Samstag um 20:30 Uhr und am Sonntag um 16:30 Uhr im Programm von a.tv zu sehen.

Quelle: BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien (ots)

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