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SSW: Schuldenbremse reformieren

Archivmeldung vom 22.02.2024

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: SSW
Bild: SSW

Lars Harms zu TOP 14+29 - Schuldenbremse reformieren sowie Raum für Zukunftsinvestitionen schaffen - Schuldenbremse weiterentwickeln (Drs. 20/1837; 20/1883; 20/1901): „Schleswig-Holstein könnte jedes Jahr zusätzlich bis zu rund 170 Millionen Euro an strukturellen Krediten aufnehmen. Beispielhaft könnte damit die aktuelle Finanzierungslücke im Kita-Bereich geschlossen werden."

Harms weiter: "Bei der Investitionsquote wäre wichtig, dass diese Quote nicht nur am Jahresanfang ausgewiesen würde, sondern am Jahresende auch tatsächlich erfüllt – also als reale Bausubstanz vorhanden bzw. konkret verausgabt – sein muss.

Seit dem vielzitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 ist auch und gerade die Schuldenbremse wieder in aller Munde. Politiker, Ökonomen, selbst die Wirtschaftsweisen debattieren über Reformvorschläge und flexiblere Regelungen. Über die einfache Debatte, ob die Schuldenbremse als solche beibehalten oder abgeschafft werden sollte, sind wir dabei längst hinaus. Es liegen Vorschläge für Anpassung an die aktuellen Begebenheiten und Herausforderungen vor. Auch wir haben unseren Vorschlag hier nun vorgelegt.

Was mir zuallererst wichtig zu betonen ist, dass wir die Schuldenbremse als solche nach wie vor nicht grundsätzlich in Frage stellen. Die Schuldenbremse ist und bleibt eine richtige und wichtige verfassungsrechtliche Regelung, die für ein Haushaltsverständnis von Generationengerechtigkeit steht. Auch der SSW steht nach wie vor zur Schuldenbremse.

Unser hier vorliegender Vorschlag zielt daher darauf ab, die rechtlichen Möglichkeiten, die es ja jetzt schon gibt, noch besser auszuschöpfen. Zudem haben wir mit der formulierten Investitionsquote noch eine weitere „Sicherheitsbremse“ eingezogen, damit dieser zusätzliche Spielraum eben nicht für Wahlgeschenke verschleudert, sondern dadurch auch unsere Infrastruktur vor dem Substanzverlust bewahrt wird. Es geht uns um eine behutsame Anpassung der Schuldenbremse, die wir für sinnvoll und notwendig halten, um den aktuellen Gegebenheiten wie auch den anstehenden Herausforderungen finanziell und rechtlich zulässig begegnen zu können.

Im Gesamtgerüst des Europäischen Fiskalpaktes sowie der deutschen Bundes-Schuldenbremse, wie sie im Grundgesetz verankert ist, bieten sich aktuell noch finanzielle Spielräume – auch für die Länder. Diese wollen wir nutzbar machen. Mit der entsprechenden Anpassung würde den Bundesländern ein Spielraum von 0,15% des BIP zur Aufnahme struktureller Kredite ermöglicht. Schleswig-Holstein könnte somit jedes Jahr und nach wie vor im Rahmen der Schuldenbremse zusätzlich bis zu rund 170 Millionen Euro an Krediten aufnehmen. Um diese Summe einmal einzuordnen: Die rund 130 Millionen Euro Finanzierungslücke im Kita-Bereich könnte hiermit geschlossen werden. Oder wir könnten die aktuellen Tarifsteigerungen beim Landespersonal in Höhe von rund 190 Millionen Euro zu einem Großteil gegenfinanzieren. Oder auch einen gewissen Anteil in das chronisch unterfinanzierte Krankenhauswesen investieren.

„Investition“ ist auch das Stichwort für unsere zweite Forderung: Unserer Infrastruktur droht zunehmend der Verfall. Unsere Straßen, Schienen, Schulen – der Sanierungsstau ist seit Jahren bekannt und riesengroß. Mit einer festen Investitionsquote von mindestens 10% wollen wir die Sicherheit geben, dass hier dann verbindlich und diszipliniert saniert und investiert wird. Dabei haben wir diesen Halbsatz explizit so formuliert, dass diese Quote nicht nur am Jahresanfang ausgewiesen werden, sondern am Jahresende auch tatsächlich erfüllt – also als reale Bausubstanz vorhanden bzw. konkret verausgabt – sein muss. Eine vermeintlich erfüllte Quote mithilfe von komplizierten Geldbuchungstricks hilft uns am Ende schließlich nicht weiter. Diese Ausformulierung könnte im Übrigen ja gegebenenfalls auch in Hinblick auf den Alternativantrag der FDP-Fraktion interessant sein.

Tatsache ist: Die notwendigen Aufgaben und Herausforderungen werden stetig mehr und anspruchsvoller, während das Geld immer knapper wird. „Krise“ ist derzeit leider das neue Normal. Heraussparen können wir uns in dieser Situation aber nicht; wir müssen uns herausinvestieren. Aber eben nicht mit Notlagen-Krediten am laufenden Band und immer weiteren Sondervermögen, die ja nichts anderes sind als langfristige und teure Sonderschulden.

Der Alternativantrag der SPD-Fraktion beinhaltet leider mehrere Punkte, die wir kritisch sehen. Die Definition einer sogenannten Zukunftsinvestition kann sich im politischen Wettbewerb recht schwierig gestalten; zudem würde mit dem Antrag die Konjunkturkomponente wie auch die disziplinierende Tilgungsnotwendigkeit von Krediten quasi abgeschafft und dauerhafte Notlagen-Kredite quasi etabliert werden. All dies lehnen wir ab und werben stattdessen für unsere leichte, aber pragmatische Anpassung der Schuldenbremse."

Quelle: SSW

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