Grüne zeigen sich offen für Gespräche über Wahlrechtsreform

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Die Grünen zeigen sich bereit für parteiübergreifende Gespräche über eine weitere Wahlrechtsreform. "Wir sind offen und schauen uns an, was da auf den Tisch gelegt wird", sagte der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagsausgabe). "Es bleibt abzuwarten, wann Union und SPD in die Pötte kommen. Sie wollten vor der Sommerpause die Wahlrechtskommission einrichten", sagte der Bundestagsabgeordnete mit Blick auf das "Sofortprogramm" der Bundesregierung.
"Wir sind jetzt deutlich im zweiten Halbjahr. Die scheinen da also
Schwierigkeiten zu haben, überhaupt erstmal in den Gang zu kommen."
Steffen
war einer der zentralen Ideengeber für das von der Ampelregierung
beschlossene Wahlrecht, von dem er sich nach wie vor überzeugt zeigt. Es
sieht für die Größe des Bundestags eine Deckelung auf 630 Abgeordnete
und keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr vor, sodass manche
Wahlkreissieger nicht mehr in den Bundestag einziehen.
Einer der
Leidtragenden der Reform war bei der Bundestagswahl im Februar der
Direktkandidat Leopold Born. Der hessische Generalsekretär der CDU
spricht von einer "Ungerechtigkeit" und sagte der Zeitung, das
"verkorkste Ampelwahlrecht" müsse reformiert werden. Denkbar sei etwa
eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise von 299 auf 270, wie es ein
älterer Vorschlag der Union vorsah. Dieser sah eine Regelgröße von 598
Abgeordneten vor und auch die Möglichkeit von 15 unausgeglichenen
Überhangmandaten, wodurch sich die Mehrheitsverhältnisse zugunsten der
Union verzerren würden, weil sie traditionell viele Direktmandate
erringt.
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf
verständigt, das Wahlrecht abermals zu reformieren, wofür eine einfache
Mehrheit notwendig wäre. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU)
mahnte in der parlamentarischen Sommerpause Tempo an. "Entweder muss man
sagen, wir wollen ein anderes Wahlrecht, keine Erst- und Zweitstimme
mehr. Oder man muss der Erststimme wieder zur Geltung verhelfen", sagte
sie.
Sowohl Steffen als auch Born erklärten, das
Zweistimmenwahlrecht habe sich in Deutschland bewährt. "Aus meiner Sicht
ist die Erststimme immer die Vertrauensstimme gewesen", sagte Born.
"Deshalb hielte ich auch die Umstellung zu einem völligen
Verhältniswahlrecht für vollkommen fehlgeleitet." Die Erststimme müsse
wieder gestärkt werden. "Es muss gelten: Wer die Mehrheit vor Ort
erringt, der sitzt im Deutschen Bundestag."
Auch Steffen hält
eine Abschaffung der Wahlkreise für falsch und spricht sich für eine
Beibehaltung des Zweistimmensystems aus. "Nur hat man dann drei Ziele,
von denen nur zwei erreichbar sind: die Größe des Bundestags soll
begrenzt sein, jede Stimme soll abgebildet und jeder Wahlkreissieger
soll Abgeordneter werden", fasst Steffen das Problem zusammen. "Soll
wieder jeder Wahlkreissieger in den Bundestag einziehen, bedeutet das
entweder eine Verzerrung der Mehrheitsverhältnisse durch Überhangmandate
oder eine Aufblähung des Bundestages, wenn man sämtliche
Überhangmandate ausgleicht."
Quelle: dts Nachrichtenagentur