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Mega-Downloads KO - Staatsanwalt sucht Opfer

Archivmeldung vom 15.07.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.07.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Dr. Robert Fritzmann (50) und sein Sohn Valentin Peymann Fritzmann (25) aus Wien (Österreich) lassen sich nicht gern in die Karten schauen.

Die angeblichen Macher und Kassierer der Nutzlos-Aboseiten Mega-Downloads.net, Firstload.de oder Simsen.de, bei denen Internetnutzer auf der Suche nach einem kostenlosen Gedicht oder das unentgeltliche Antivir-Programm in eine Abofalle mit einer Jahresgebühr von 96 Euro und einer Laufzeit von zwei Jahren geraten, verstecken sich gern vor erbosten Mahnbriefempfängern und Strafverfolgungsbehörden hinter arabischen und deutschen Strohmännern und tarnen ihr weit verzweigtes Firmengeflecht mit Postfachadressen in London, Bielefeld, Osnabrück oder Hannover. Im Juni stolperten die Fritzmanns allerdings über ein in Deutschland noch recht junges Gesetz: das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten, kurz Geldwäschegesetz, vom 13. August 2008. Dieses Gesetz traf die Abzocker von Mega-Downloads.net jetzt mit voller Wucht an ihrer empfindlichsten Stelle. Der Geldfluss von Deutschland nach Wien wurde vorigen Monat von einem Tag auf den anderen gestoppt.

Die Staatsanwaltschaft Niedersachsen für Organisierte Kriminalität und Wirtschaftsstrafsachen ließ Anfang Juni alle drei Konten einer so genannten L & H GmbH in Hannover einfrieren. Die Firma wurde erst am 25. Februar 2009 in Hannover als neue Inkassozentrale von Mega-Downloads.net & Co. gegründet, nachdem die alte Zentrale, die Collector Dienstleistungen GmbH & Co. KG in Herford in Nordrhein-Westfalen, von den deutschen Verbraucherzentralen als berüchtigter Sitz von Geldeintreibern diverser Abzockfirmen enttarnt und gebrandmarkt worden war.

Die neue Firma in der Färberstraße 3 in Hannover war allerdings schon im Namen so nebulös gehalten, dass die Staatsanwaltschaft bis heute nicht so genau weiß, wofür die beiden Buchstaben L & H überhaupt stehen. Oberstaatsanwalt Manfred Knothe sagte dem Finanznachrichtendienst www.gomopa.net: "Die Buchstaben L & H könnten für die Betreibergesellschaft von Mega-Downloads.net, der Loud House FZE, stehen. Sie könnten auch für die Namen von zwei Inkassoanwälten sein, die neben anderen Personen in der L & H GmbH arbeiten." Die Load House FZE hat ihren Hauptsitz in der Freihandelszone des Emirats Ras Al Khaimah, das zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) gehört. Als Besitzer wurde ein Abubakr Salih Mohammed Nur Sid registriert. Bei den Inkassoanwälten handelt es sich um den Notar Gerd Laeube & Anwalt Ralf Hasenbäumer aus der Südfeldstraße in Hiddenhausen in Nordrhein-Westfalen. Sie haben zuvor Mahnungen für die Fritzmann-Download-Seiten über ihr Konto bei der Sparkasse Herford eingetrieben. Dabei interessierte es die Kanzlei überhaupt nicht, wenn der Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten wurde.

Aber egal, ob das L & H nun für Loud House (zuvor bekannt als Blue Byte FZE, davor als Easy IT Solutions GmbH) oder aber für die altbewährten Inkassoanwälte Laeube & Hasenbäumer steht, die Eröffnung der drei neuen Inkassokonten in Hannover brachte allen Mega-Dowonloads.net-Kassierern kein Glück. Oberstaatsanwalt Manfred Knothe zu GoMoPa: "Die Banken handelten, wie es der Paragraph 11 des Geldwäschegesetzes von ihnen verlangt. Verdachtsfälle nach Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßiger Vermögenswerte sind unabhängig von ihrer Höhe sofort anzuzeigen." Es spielte also keine Rolle, wie viel Geld auf die Konten einging, sondern nur, ob dabei etwas Ungewöhnliches geschah.

Und das tat es. Die Inkassokonten wuchsen nicht langsam, sie machten regelrechte Sprünge. Oberstaatsanwalt Knothe: "Am 23. Juni 2009 waren bereits 850.000 Euro eingegangen. Jetzt stehen die Konten bei 970.000 Euro. Und der Geldstrom reißt nicht ab." Geht man davon aus, dass in der Regel nur ein bis zwei Prozent der angeschriebenen Internetbesucher tatsächlich die Mahnbriefe in Höhe von 140 Euro (96 Abo plus 44 Anwaltskosten) bezahlen, müsste die L & H GmbH in der kurzen Zeit ihrer Existenz eine halbe Million Briefe an deutsche Adressen verschickt haben.

Oberstaatsanwalt Knothe: "Wir bitten alle, die einen Brief von der L & H GmbH aus Hannover bekommen haben, an die Staatsanwaltschaft Hannover zu schreiben und sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen. Die Adresse heißt: Staatsanwaltschaft Hannover, Postfach 109, 30001 Hannover. Das Aktenzeichen lautet: 5302 Js 41769/09. Unabhängig davon muss jeder, der an die L & H GmbH in Sachen Mega-Downloads.net und andere überwiesen hat, seine Zahlung auf zivilrechtlichem Weg zurückfordern. Eine automatische Rücküberweisung durch die Staatsanwaltschaft erfolgt auf keinen Fall. Gegen die Beschlagnahme der Gelder hat der Anwalt der L & H GmbH Beschwerde eingelegt. Über diese Beschwerde muss ein Gericht noch entscheiden."

GoMoPa: Wie lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft?

Oberstaatsanwalt Knothe: "Wir ermitteln wegen des Verdachts der Geldwäsche und der Beteiligungen am Betrug in besonders schwerem Fall durch gewerbsmäßiges Handeln. Der Gesetzgeber sieht dafür Strafen zwischen 6 Monaten und zehn Jahren Haft vor, wobei ab einer Verurteilung von zwei Jahren eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung nicht möglich ist."

GoMoPa: Wie begründen Sie den Verdacht der Betrugsbeteiligung in besonders schwerem Fall?

Oberstaatsanwalt Knothe: "Zeitgleich zur Geldwäscheanzeige durch die drei Banken erhielten wir mehrere Strafanzeigen von Mahnempfängern gegen die L & H GmbH und gegen die Betreiber von Mega-Downloads.net und ähnlicher Seiten. Einige gaben an, sie hätten nicht gelesen, dass es sich um Bezahlseiten handelte. Andere gaben an, sie waren auf der entsprechenden Seite, hätten aber kein Häkchen gesetzt. Für die Strafverfolgung sind jedoch die Aussagen einer dritten Gruppe interessant, nämlich der Mahnempfänger, die überhaupt noch nie auf einer dieser Seiten waren. Einige kannten die Seiten nicht einmal. Das würde bedeuten, dass ihre Daten entweder gekauft oder auf anderen Wegen wie Umfragen, Gewinnspiele oder Popup-Werbung erlangt wurden, und zwar zu dem einzigen Zweck, Mahnschreiben für etwas zu verschicken, wofür es nie eine Gegenleistung gab oder geben konnte."

GoMoPa: Wird auch gegen die Hintermänner ermittelt?

Oberstaatsanwalt Knothe: "Dazu machen wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage. Wir stehen ja erst am Anfang der Ermittlungen. Wir bitten nicht umsonst darum, dass sich Zeugen bei uns schriftlich melden sollen."

Auf jeden Fall löste das Einfrieren der Konten bei den Mega-Downloads.net-Abzockern eine Krisensitzung aus. Die Fritzmanns kamen extra aus Österreich, um sich mit ihrem deutschen Chefeintreiber, dem Privatdetektiv und Pferdehändler Frank Babenhauserheide und dem Geschäftsführer der alten Eintreiber-Firma Collector, Bernd Rogalski, in Herford zu beraten.

Die eingefrorenen Konten und staatsanwaltlichen Ermittlungen in Hannover sind dabei schon der zweite Schlag, den das Mafia-Geflecht von Mega-Downloads.net in kurzer Zeit verkraften muss. Seit Frühjahr 2009 ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld in Nordrhein-Westfalen gegen Bennette Buchwald (44) aus Bad Salzuflen wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges. Buchwald war Geschäftsführerin zweier Inkassofirmen, die an derselben Adresse wie die L & H GmbH, in der Färberstraße 3 in Hannover angemeldet sind. Es handelt sich um die PBS Verwaltungs GmbH und FS Web Services GmbH & Co. KG, die zum Inkassogeflecht von Frank Babenhauserheide gehören. Die beschuldigte Frau soll zunächst drei Briefe (Rechnung, Mahnung und letzte Zahlungsaufforderung) verschickt haben. Anschließend wurden Inkassodienste wie Collector und I.D.S. (beide mit Sitz in Herford) eingeschaltet.

Im Verschleiern von Firmengeflechten kennt sich kaum einer besser aus als Valentin Fritzmann. Der junge Chef betreibt die Seite Gulli.com, bei der man nachschauen kann, wer welche Internetseite auf welchen Namen angemeldet hat. Für die Internetseite der L & H GmbH, nämlich die lh-hannover.de, hat Fritzmann ein scheinbar unbeschriebenes Blatt als Inhaber eingetragen: einen Claus Frickemeier aus der Mindener Straße in Vlotho (Nordrhein-Westfalen). Frickemeier war aber nicht nur von 1994 bis 1999 Leiter der Detektei I.D.S. von Frank Babenhauserheide in Herford. Er ist auch noch Geschäftsführer von VWL Verwaltungs GmbH, BWL Service GmbH & Co. KG in der Mindener Straße in Vlotho, die auch zur Firmengruppe von Frank Babenhauserheide gehören.

GoMoPa hatte schon im Jahre 2005 vor dem Pferdehändler aus Kalletal (Nordrhein-Westfalen) gewarnt. Mit seiner Inkassofirma I.D.S. aus Herford trieb er 10 Euro von seiner eigenen Abo-Seite Millionengewinner.net ein und schlug 50 Euro Inkasso-Honorar obendrauf. Im ZDF-Reporter-Interview sagte Babenhauserheide damals: "Ich würde auch 75 Cent bei Schuldnern eintreiben." Das gewerbliche Abzocken mit gekauften oder geraubten Daten bei Nicht-Nutzern könnte ihn und seine Bosse nun hinter Gitter bringen. 

Quelle: GoMoPa (www.gomopa.net / Siegfried Siewert)

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