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Was unser Gehirn flexibel macht: Bayreuther Forscher ergründen Plastizität von Nervenzellen

Archivmeldung vom 04.11.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.11.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Drei Tage alte Larve eines genetisch veränderten Zebrabärblings (oben). Unter UV-Beleuchtung werden Zellen des Gehirns und Rückenmarks sichtbar (unten). Bilder: Gerrit Begemann. (idw)
Drei Tage alte Larve eines genetisch veränderten Zebrabärblings (oben). Unter UV-Beleuchtung werden Zellen des Gehirns und Rückenmarks sichtbar (unten). Bilder: Gerrit Begemann. (idw)

Nur lernfähige Gehirne können flexibel auf die Umwelt reagieren. Daher sind die Nervenzellen im Gehirn von Menschen und Tieren in der Lage, eigene Funktionen so zu verändern, dass sie für immer neue Anforderungen gewappnet sind. Diese neuronale Plastizität ist darin begründet, dass elektrische Signale in den Nervenbahnen in genetische Signale übersetzt werden. Wie dies geschieht, wollen die Bayreuther Forscher Dr. Claus-D. Kuhn (Biochemie) und Prof. Dr. Gerrit Begemann (Entwicklungsbiologie) in einem interdisziplinären Projekt herausfinden, das von der DFG mit 230.000 Euro gefördert wird. Die Ergebnisse werden vor allem für die Behandlung neuronaler Erkrankungen von großem Interesse sein.

Wenn Nervenzellen in unserem Gehirn fortlaufend durch elektrische Signale angeregt werden, wird auch ihre molekulare Ausstattung davon langfristig beeinflusst. Spezielle Gene, die Immediate Early Genes (IEGs), können auf die fortwährenden elektrischen Reize reagieren – und sie tun dies, indem sich ihre eigene Konzentration in den stimulierten Nervenzellen blitzschnell erhöht. Diese plötzliche Vermehrung der IEGs hat dann wiederum einen erheblichen Einfluss darauf, welche Gene der Nervenzellen in Ribonukleinsäuren (RNAs) übersetzt und damit für die Herstellung lebenswichtiger Proteine genutzt werden. Biochemisch gesprochen: Der Anstieg der IEGs in unseren Nervenzellen beeinflusst die Genexpression, also die Aktivität bestimmter Gene. Elektrische Signale werden so zu genetischen Signalen: Sie steuern die Entwicklung des Gehirns eines Embryos, und sie verleihen dem Gehirn von Kindern und auch von Erwachsenen die Fähigkeit, sich auf immer neue Reizsituationen einzustellen.

Vom Zebrabärbling zum Menschen

Mit ihrem neuen Projekt an der Schnittstelle von Biochemie und Entwicklungsbiologie wollen Dr. Claus-D. Kuhn und Prof. Dr. Gerrit Begemann die Verbindung zwischen elektrischer Reizweiterleitung und Änderungen der Genexpression in unseren Nervenzellen genauer aufklären. Als Modellorganismus dient dabei das Gehirn des Zebrabärblings, auch Zebrafisch genannt. „Dieses Tiermodell hat den Vorteil, dass seine Embryonen durchsichtig sind. Durch moderne genetische Methoden können wir einzelne Zellen sichtbar machen oder in ihre Entwicklung eingreifen. Wir sind heute in der Lage, die Entwicklung der Nervenzellen mit bildgebenden Verfahren präzise zu verfolgen und biomedizinisch wichtige Rückschlüsse auf die Entwicklung menschlicher Nervenzellen zu ziehen“, erklärt Begemann, der sich an der Universität Bayreuth seit vielen Jahren mit der Regeneration bei Zebrafischen befasst.

Nicht-kodierende RNAs in der Hauptrolle

Um den Ursachen für die neuronale Plastizität unserer Nervenzellen auf die Spur zu kommen, sind in Ergänzung der Arbeit am Zebrafisch umfangreiche biochemische Untersuchungen erforderlich. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei spezielle molekulare Einheiten, die überall in der menschlichen DNA vorkommen und als Enhancer bezeichnet werden.

„Schon lange ist bekannt, dass Enhancer die Genaktivität dadurch beeinflussen, dass Transkriptionsfaktoren in unterschiedlichen Kombinationen an sie andocken. Dadurch wird das Ablesen der Gene und deren Übersetzung in RNAs entscheidend vorbereitet. Erst in den letzten Jahren hat sich aber herausgestellt, dass es noch einen weiteren Weg der Beeinflussung gibt, und genau hier liegt offenbar ein Schlüssel zum Verständnis der neuroplastischen Plastizität“, erläutert Kuhn. Die Enhancer werden nämlich, da es sich um Teile der DNA handelt, auch ihrerseits in RNAs übersetzt. Die Enhancer-RNAs enthalten zwar keine Baupläne für Proteine – sie werden deshalb als nicht-kodierende RNAs bezeichnet – , aber sie tragen wesentlich zur Vermehrung und Aktivierung von Immediate Early Genes bei. „Wie die Enhancer-RNAs die IEGs aktivieren und wie die IEGs dann ihrerseits das Ablesen der Gene und folglich die Proteinherstellung beeinflussen, wird ein zentrales Thema unseres Projekts sein“, so Kuhn.

An genau diesem Punkt erwarten die Bayreuther Wissenschaftler entscheidende Erkenntnisse von den Untersuchungen am Zebrabärbling: „Die ‚Krönung‘ unseres Projekts wird es sein, wenn es uns gelingt, den Einfluss von Enhancer-RNAs auf die Nervenzellen-Entwicklung im Zebrabärbling in allen Stadien nachzuzeichnen“, sagt Begemann.

Forschungsförderung

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft für drei Jahre bewilligte Projekt ist Teil des DFG-Schwerpunktprogramms 1738 "Non-coding RNAs in Nervous System Development, Plasticity and Disease", an dem insgesamt 21 Universitäten und Forschungsinstitute in Deutschland beteiligt sind.

Quelle: Universität Bayreuth (idw)

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