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Das Gehirn im Gleichgewicht

Archivmeldung vom 08.09.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Die Synapsen dieser Nervenzelle hemmen den Informationsfluss anderer Zellen. Foto: MPI für Neurobiologie / Keck
Die Synapsen dieser Nervenzelle hemmen den Informationsfluss anderer Zellen. Foto: MPI für Neurobiologie / Keck

In jeder Sekunde tauschen die Nervenzellen des Gehirns viele Billiarden synaptischer Impulse untereinander aus. Zwei Arten von Synapsen sorgen für den geregelten Ablauf dieses Datenstroms: Erregende Synapsen geben Informationen zwischen Zellen weiter, während hemmende Synapsen den Informationsfluss begrenzen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried konnten jetzt in Zusammenarbeit mit der Ruhr Universität Bochum zeigen, dass das Verhältnis zwischen Erregung und Hemmung gleich bleibt – selbst wenn sich das Gehirn umorganisiert.

Nervenzellen sind wahre Informationsjunkies. Um neue Informationen verarbeiten und speichern zu können oder um bestehende Verarbeitungswege zu optimieren, wachsen von der Oberfläche der Nervenzellen ständig winzige Fortsätze auf ihre Nachbarzellen zu. Am Ende dieser Fortsätze kann eine Synapse entstehen, über die zwei Nervenzellen dann Informationen austauschen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried und der Ruhr Universität Bochum konnten vor einiger Zeit zeigen, wie schnell sich Nervenzellen selbst im erwachsenen Gehirn umorganisieren, damit sie kontinuierlich Informationen verarbeiten können: Nach einer kleinen Netzhautläsion waren die für die Verarbeitung dieses Bereichs zuständigen Nervenzellen im Gehirn zunächst "arbeitslos". Im Laufe der nächsten Wochen beobachteten die Neurobiologen dann, dass diese Nervenzellen vermehrt neue Fortsätze zu ihren Nachbarzellen ausschickten und sich so neu mit ihnen vernetzten. Die zeitweise arbeitslosen Zellen wurden somit wieder mit Informationen versorgt und konnten neue Aufgaben im Verarbeitungsnetzwerk für Sehinformationen übernehmen.

Für eine optimale Verarbeitung im Gehirn ist jedoch nicht nur die Weitergabe von Informationen wichtig, sondern auch das gezielte Hemmen des Informationsflusses an bestimmten Stellen. Was mit diesen sogenannten hemmenden Synapsen passiert, wenn sich die Verhältnisse im Gehirn ändern, wurde bisher kaum erforscht. So machte es sich das Wissenschaftler-Team zur Aufgabe, das Schicksal dieser Synapsen bei Nervenzellen zu untersuchen, die aufgrund einer kleinen Netzhautläsion keine Informationen mehr bekommen.

"Ein mögliches Ergebnis war, dass diese Synapsen bestehen bleiben, um zum Beispiel die Zellen zu hemmen, die nun keine oder nur sinnlose Informationen weitergeben würden", erklärt Tara Keck zu ihrer Studie, die gerade im Fachmagazin Neuron erschienen ist. Die Neurobiologen fanden jedoch heraus, dass das Gegenteil der Fall ist. Sie zeigten, dass die nun arbeitslosen Zellen rund ein Drittel ihrer hemmenden Synapsen innerhalb eines Tages abbauten. Dieser Abbau geschah in solch einem Umfang, dass das durch den Wegfall der erregenden Signale aus der Netzhaut entstandene Ungleichgewicht im Informationsfluss aufgehoben wurde. "Das Spannende an diesem Ergebnis ist, dass das Gehirn anscheinend versucht, das Gleichgewicht zwischen Hemmung und Erregung stets aufrecht zu halten", so Keck.

Welche Bedeutung solch ein niedrigeres Niveau des bewährten Gleichgewichts haben kann, dazu haben die Wissenschaftler schon eine Theorie. "Es könnte sein, dass der Abbau der hemmenden Synapsen ein Signal für die Nachbarzellen ist, nach dem Motto: Hier sind arbeitslose Nervenzellen, bitte Kontakt aufnehmen", überlegt Mark Hübener, der Leiter der Studie. Ob dies der Fall ist, und ob nach der Neuvernetzung mit anderen Zellen auch wieder mehr hemmende Synapsen aufgebaut werden, sodass das Gleichgewicht bestehen bleibt, wollen die Wissenschaftler als nächstes untersuchen.

Quelle: Max-Planck-Institut für Neurobiologie

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