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Der einzigartige Amnesiefall des Gustav M.: Warum wir manche Dinge nie vergessen

Archivmeldung vom 18.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Aufgrund eines Unfalls mit neun Jahren und anschließend auftretenden epileptischen Anfällen, war der Amnesiepatient Gustav M. im Alter von 27 Jahren arbeitsunfähig.

Beim Golfen. „Mein Gott, ich bin ein Naturtalent“, rief er womöglich aus. „Ich weiß, wie man den Schläger hält, ich weiß, wie man ihn schwingt.“ Dabei spielte Henry Gustav Molaison zum ersten Mal. Glaubte er. Er wusste nicht, dass er in Wirklichkeit schon über 60 war und auch nicht, dass er schon hundert Mal Golf gespielt hatte. Er wusste nicht, dass er schon lange nicht mehr Henry Gustav Molaison war, sondern Patient H.M. Eine wissenschaftliche Kuriosität. Der Mann, der die Gedächtnis-Forschung auf den Kopf stellte. Der Mann, an dem man erstmals erklären konnte, warum man vergisst, was man vor zehn Jahren zum Frühstück hatte, aber nicht, wie man schwimmt, oder Golf spielt.

Henry Gustav Molaison war neun Jahre alt, als er bei einem Unfall mit dem Kopf auf den Boden schlug. Ein Jahr später hatte er seinen ersten epileptischen Anfall. Mit jedem Jahr wurde es schlimmer. Mit 27 Jahren war er so krank, dass er nicht mehr arbeiten konnte. Es gab keine Heilungsmethode. Er suchte Rat beim Chirurgen William Scoville, der ihn 1953 operierte. Er war eine nie zuvor durchgeführte Prozedur: Scoville entfernte an beiden Großhirnhälften zwei fingergroße Areale, die mittleren Schläfenlappen.

Molaison krampfte nie wieder. Doch nicht nur die Krämpfe waren weg, auch das Erinnerungsvermögen. Er konnte sich nur noch an Dinge erinnern, die er vor der Operation erlebt hatte. Alles was danach passierte, vergaß er umgehend. Sein Körper wurde 82. Seine Psyche und seine Persönlichkeit blieben die eines Mittzwanzigers.

Dass H.M. berühmt wurde, liegt an der Psychologin Brenda Milner. Sie ließ ihn Gedächtnistests machen: Er sollte immer wieder eine komplizierte Zeichenübung machen. Keinmal konnte er sich daran erinnern, sie schon mal gemacht zu haben, doch von Mal zu Mal ging die Übung leichter von der Hand.

Vor H. M. wusste man wenig vom Gedächtnis. Forscher dachten, Erinnerungen würden in einem komplexen Netzwerk von Nervenzellen gespeichert. Seither weiß man, dass mehrere Gedächtnissysteme existieren. Ein Wissens-Gedächtnis: Hiermit lernen wir z.B. Namen und Gesichter. Die zuständige Hirnregion ist der Hippocampus – der wurde bei der Operation von H. M. verletzt. Das zweite ist das motorische Gedächtnis. Es erklärt, warum wir nie Radfahren oder Schwimmen verlernen. Dieses war bei H. M. intakt. Und auch das dritte funktionierte: das Kurzzeitgedächtnis. Erklärte man ihm ein ihm unbekanntes Wort, wie „Mobiltelefon“, so konnte sich zunächst erinnern und es wiederholen. Der Transfer ins Langzeitgedächtnis war jedoch gestört. Zwei Stunden später war ihm ein „Mobiltelefon“ bereits wieder völlig unbekannt.

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