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Mehdorn lässt nicht locker

Archivmeldung vom 16.10.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.10.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Dem Bahnchef läuft die Zeit davon: Je näher die Bundestagswahl rückt, desto unwahrscheinlicher wird der Börsengang. Deshalb unternimmt Mehdorn mitten in der Finanzkrise schon wieder einen Anlauf - zum Ärger der Opposition.

Bahnchef Hartmut Mehdorn drängt die Zeit: Will er sein Projekt Nummer eins, den Börsengang der Deutschen Bahn, als Vorstandsvorsitzender noch über die Bühne bringen, muss er an dem Vorhaben dranbleiben. Und das tut er auch: Wie die «Rheinische Post» unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, will Mehdorn schon in der kommenden Woche nach Asien und in die arabische Welt reisen, um Investoren für einen Börsengang noch im November zu gewinnen.

Die Konzernführung habe dafür die Zustimmung der Bundesregierung. Mehdorn werde von Finanzvorstand Diethelm Sack begleitet. Bei einem Erfolg der Gespräche könne die Teilprivatisierung noch Ende November über die Bühne gehen, hieß es weiter aus Regierungskreisen. Die russische Staatsbahn hat mehrfach Interesse bekundet, und auch der chinesische Staatsfonds zeigt Interesse. Darüber hinaus gibt es dem Vernehmen nach ein Dutzend weitere potenzielle Investoren.

 

Guter Preis «nicht in Sicht»

 

Dass die Bahn nun bereits den zweiten Anlauf für den Börsengang nimmt – nur eine Woche nach dem vorläufigen Stopp – stößt bei der Opposition auf Unverständnis. «Die beteiligten Konsortialbanken haben dem Vernehmen nach den erzielbaren Verkaufserlös erst kürzlich auf 3,3 Milliarden Euro taxiert, was auch wegen der Finanzkrise deutlich weniger ist als die von der Bundesregierung erwarteten fünf Milliarden», sagte der Verkehrsexperte der Grünen-Fraktion, Anton Hofreiter, der Netzeitung.

Da sei es «Unsinn» zu glauben, dass nur wenige Tage später die erwartbaren Erlöse plötzlich wieder höher seien, sagte Hofreiter – schließlich tobe die Finanzkrise noch immer und werde auch noch eine Weile anhalten. «Man sollte die Bahn nur dann anteilig verkaufen, wenn es dafür einen sehr guten Preis gibt, und der ist jetzt nicht in Sicht.»

Hofreiter ist grundsätzlich gegen den Börsengang nach dem aktuellen Konzept, da das Modell intransparent und völlig ungeeignet sei. Kritiker der Pläne monieren unter anderem eine unklare Führungsstruktur. Der Grünen-Experte ergänzte, angesichts der Finanzkrise passe ohnehin nicht zusammen, dass der Bund jetzt auf der einen Seite Banken teilverstaatliche und auf der anderen Seite einen Staatskonzern privatisiere.

Dagegen sagte der CDU-Abgeordnete Georg Brunnhuber, zugleich Aufsichtsratsmitglied bei der Bahn, der «Rheinischen Post», er unterstütze «den zweiten Anlauf uneingeschränkt». Die Bahn dürfe jetzt nicht die Hände in den Schoß legen.

 

Auch in SPD wächst Kritik

 

Das Zeitfenster für den Bahn-Börsengang wird zusehends kleiner. Bringt Konzernchef Mehdorn den Teilverkauf nicht bis März über die Bühne, droht das Projekt zu kippen, wie die «Financial Times Deutschland» berichtet. «Die Politik wird spätestens im Frühjahr erneut die gesamte Privatisierung infrage stellen», zitiert das Blatt einen Bahnmanager. Schließlich ist im Herbst 2009 Bundestagswahl, und beim Wahlvolk ist das Vorhaben ohnehin nicht besonders gut angesehen.

Laut «FTD» schwenkte ein Regierungsmitglied bereits um: Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) überlegte demnach am Dienstag in Berlin in kleiner Runde, den Bahnkonzern aufzuspalten: Der Personenverkehr verbliebe beim Bund, die Logistiksparte ließe sich ohne Zeitdruck an die Börse bringen. Schließlich weiß niemand, ob die Marktlage im Februar besser sein wird als heute - und die drohende Rezession dürfte der Bahn-Logistik in den kommenden Monaten zu schaffen machen. Auch in diesem Jahr wird die Zeit knapper: Im Dezember schließen Investoren ihre Bücher, um Jahresbilanz zu ziehen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) stellte den beschlossenen, aber verschobenen Börsengang der Bahn grundsätzlich in Frage. Die Privatisierung sei zwar politisch beschlossen, aus seiner Sicht aber falsch. «Vielleicht gibt die Finanzkrise uns die Chance, neu nachzudenken», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». «Wollen wir wirklich, dass russische und chinesische Finanziers über die Bahn mitbestimmen? Ich will das nicht.» 

 

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