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"Report Mainz": Forscher der Bundesarbeitsagentur empfehlen Entschärfung von Hartz-IV-Sanktionen

Archivmeldung vom 01.11.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.11.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Kurt F. Domnik / pixelio.de
Bild: Kurt F. Domnik / pixelio.de

Das zur Bundesarbeitsagentur gehörende Forschungsinstitut IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) empfiehlt in einer aktuellen, bislang weitgehend unbekannten Studie, dass im Hartz-IV-System "die Sanktionsregeln entschärft werden". Das berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" (heute, 1. November, 21.45 Uhr im Ersten). Hintergrund sind Befunde, wonach wenig gebildete Hartz-IV-Empfänger im Sanktionssystem benachteiligt werden. Sie bekommen häufiger Strafen, etwa wegen Meldeversäumnissen oder bei Verstößen gegen Mitwirkungspflichten.

Im Interview mit "Report Mainz" sagte Prof. Mark Trappmann, einer der Autoren der IAB-Studie: "Die Ursache scheint nicht zu sein, dass sie weniger arbeitsmotiviert sind oder weniger konzessionsbereit." Die Studie nennt als Grund unter anderem "mangelndes Wissen wenig Gebildeter zu institutionellen Vorgaben" und "Negativzuschreibungen in den Akten dieser Personen" durch Fallmanager. Fazit der Studie: "Das Sanktionssystem im SGB II scheint damit soziale Ungleichheit nach Bildung zu reproduzieren und zu verstärken." Dabei hätten Sanktionen teils "gravierende Folgen für die Sanktionierten."

Der Arbeitsmarktforscher Prof. Stefan Sell von der FH Koblenz-Remagen sagte dazu im "Report Mainz"-Interview: "Der Befund der neuen Forschung ist wirklich niederschmetternd aus sozialpolitischer Sicht, weil er belegt einmal mehr, dass die schwächsten Glieder in der Kette am meisten betroffen sind. Gerade diejenigen, die offensichtlich Missbrauch betreiben, gehen ihnen im Regelfall durch die Lappen. Wer übrig bleibt in diesem großen Fangnetz der Sanktionen sind die Leute, die nicht mutwillig, böswillig gegen irgendetwas verstoßen, sondern die beispielsweise bestimmte Dinge gar nicht verstehen."

Das Bundesarbeitsministerium teilte auf Nachfrage von "Report Mainz" mit, man nehme das Problem ernst, und wolle mit dem neuen Rechtsvereinfachungsgesetz auch die Beratung in den Jobcentern verbessern. Dazu habe man Regelungen geschaffen, "die dem Problem der potentiellen Benachteiligung von geringer gebildeten Personen entgegenwirken sollen". Grundsätzlich seien Nachteile der weniger Gebildeten "allgemeiner Natur und dementsprechend bei vielen Alltagsgeschäften (z. B. im Rahmen von Mietverhältnissen oder Handyverträgen) anzutreffen".

Aus den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ergibt sich: Die Zahl der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger ist von 2007 bis 2015 von 5,4 Mio. auf 4,3 Mio. gesunken. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Sanktionen allerdings stark gestiegen, von rund 783.000 auf 979.000. Erst seit 2012 nimmt die Zahl leicht ab, bleibt aber auf hohem Niveau.

Arbeitsmarkforscher Sell spricht sich, ähnlich wie die Autoren der IAB-Studie, für eine Entschärfung der Sanktionen aus. Im Interview sagte er: "Wir reden hier über das Existenzminimum der Menschen, was ohnehin schon nach Meinung vieler Kritiker eigentlich viel zu niedrig bemessen ist. Sanktionen dürfen nur wirklich der allerletzte Schritt sein und man sollte, wenn es irgendwie geht, darauf verzichten."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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