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Euro-Rettung: Ökonom warnt eindringlich vor "Blankoscheck" für EZB

Archivmeldung vom 12.06.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de
Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Der Frankfurter Ökonom Thorsten Polleit hat mit eindringlichen Worten vor den Folgen eines "Blankoschecks" für die Europäische Zentralbank (EZB) bei der Euro-Rettung gewarnt. Die "besondere Gefahr" des EZB-Vorhabens, notfalls in unbegrenztem Ausmaß marode Anleihen von Euro-Ländern zu kaufen, bestehe darin, dass es einen "wichtigen Schutzwall" schleife, der die Zentralbank gegen politische Begehrlichkeiten abschirmen soll.

"Der EZB wird eine zerstörerische Macht in die Hände gelegt: die Macht, den Euro entwerten zu können", schreibt der Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH und Honorarprofessor an der Frankfurt School of Finance & Management in einem Gastbeitrag für "Handelsblatt-Online".

Diese Macht werde früher oder später genutzt, ist sich Polleit sicher. "Schließlich ist die Zentralbank nur auf dem Papier eine unabhängige Institution, nicht aber in der Praxis, in der die wachsende Verschuldung von Regierungen und den von ihnen begünstigen Gruppen das Interesse an höherer Inflation nährt."

Das Anleiheaufkaufprogramm werde sich daher als "Carte Blanche" für die EZB erweisen, um eine Inflationspolitik zu betreiben. Von der Euro-Verhandlung beim Verfassungsgericht in Karlsruhe erwartet Polleit keine Signale gegen die EZB-Krisenpolitik. Die Entscheidung dürfte längst gefallen sein, schreibt der Ökonom, der auch Präsident des Ludwig-von-Mises-Instituts Deutschland ist.

Der Euro-Raum solle zusammengehalten und Zahlungsausfälle von Staaten abgewendet werden. "Das macht in letzter Konsequenz eine Monetarisierung von Staatsanleihen unumgänglich – entweder in Form von EZB-Direktkäufen oder von Anleihekäufen durch Geschäftsbanken, finanziert von der EZB", so Polleit.

Staatsrechtler: Verfassungsgericht wird EZB unter Auflagen gewähren lassen

Der Rektor der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland, geht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) allenfalls erschweren wird. Für ausgeschlossen hält Wieland, dass die Richter das von der EZB angekündigte Programm zum notfalls unbegrenzten Kauf von Anleihen (OMT) von Euro-Schuldenländern als einen Verstoß gegen das Grundgesetz werten, erklärte er im "Handelsblatt".

Der Staatsrechtler verwies darauf, dass sich das Gericht diesbezüglich selbst Fesseln angelegt habe, als es vor zwei Jahren entschieden hatte, "dass es die Frage, ob die EZB die Grenzen ihrer Handlungsbefugnisse überschreitet, dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorlegen müsste."

Stellte der EuGH die Vereinbarkeit des Handelns der EZB mit Unionsrecht fest, wovon nach seiner bisherigen Rechtsprechung auszugehen ist, müsste das Bundesverfassungsgericht nicht nur der EZB, sondern auch dem Gerichtshof einen ausbrechenden Rechtsakt vorwerfen", sagte Wieland weiter. Das sei aber "extrem" unwahrscheinlich. "Das Bundesverfassungsgericht wird sich deshalb nach meiner Einschätzung damit begnügen, enge Grenzen für den Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB aufzuzeigen, ohne einen Verstoß gegen deutsches Verfassungsrecht festzustellen."

Wieland stimmte in diesem Zusammenhang der Aussage von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu, der bei der Euro-Verhandlung in Karlsruhe die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) betont hatte und damit zugleich die Zuständigkeit des Gerichts für den EZB-Krisenkurs infrage stellte. "Ich halte es für schwer vorstellbar, dass deutsche Gerichte unmittelbar über die Rechtmäßigkeit von Handlungen der EZB entscheiden könnten", sagte Schäuble am Dienstag. "Dadurch entstünde ja die Gefahr, dass die EZB von einer Vielzahl nationaler Verfassungsgerichte innerhalb der Währungsunion vollkommen gegensätzliche Rechtsanwendungsbefehle erhalten könnte."

Wieland sagte dazu: "Das ist formal richtig." Der Jurist unterstrich allerdings, dass das Bundesverfassungsgericht auch feststellen könne, "dass der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB im Rahmen von OMT über die Befugnisse hinausgeht, die Deutschland den Institutionen der Europäischen Union in den einschlägigen Verträgen übertragen hat, weil es sich in Wirklichkeit um eine Umgehung des Verbots der unmittelbaren Staatsfinanzierung handle".

Über Finanzhilfen an Mitgliedstaaten müsse zudem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Bundestag entscheiden, gab Wieland zu bedenken. "Würde das Gericht einen solchen ausbrechenden Rechtsakt der EZB feststellen, dürfte die Bundesbank an entsprechenden Maßnahmen der EZB nicht mitwirken, so dass das OMT nicht fortgeführt werden könnte."

EU-Parlamentspräsident Schulz verteidigt EZB-Staatsanleihenkauf

Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat den Staatsanleihenkauf der Europäischen Zentralbank (EZB) verteidigt. Er sei zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht Weisung erteilen werde, bis zu welchem Punkt die Rettungsmaßnahmen der EZB gehen dürften, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Mit einem Urteil der Karlsruher Richter, dass das Vorgehen der EZB vollkommen verbiete, rechne der EU-Parlamentarier aber nicht.

"Ich nehme alle Argumente, die da vorgetragen worden sind von beiden Seiten, die von Herrn Weidmann und die von Herrn Asmussen, sehr ernst", so Schulz. Des Weiteren halte er die Besorgnis der Bürger für berechtigt. "Das ist ein Punkt, den wir im Europaparlament ja seit langer Zeit bemängeln, dass die demokratische Legitimiertheit des Handelns von Organen im Euro-Raum hinter verschlossenen Türen wirklich über das Schicksal auch ganzer Nationen entscheiden können, ohne dass sie dafür parlamentarisch Rechenschaft ablegen müssen", so der EU-Parlamentspräsident weiter.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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