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Kultautor John Updike ist tot

Archivmeldung vom 29.01.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.01.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

«Hasenherz», «Ehepaare» oder zuletzt «Terrorist» - die Literaturwelt trauert um einen ganz Großen der Gegenwartsliteratur. Auf den Nobelpreis wartete er vergebens, der US-amerikanische Romanautor John Updike ist mit 76 Jahren an Lungenkrebs gestorben.

Viele Kritiker handelten ihn seit Jahren als Favoriten für den Literaturnobelpreis - John Updike glaubte am Ende selbst nicht mehr daran. «Wird ein Autor Jahr für Jahr genannt, löst sein Name bloß noch Gähnen aus», sagte er einmal. Marcel Reich-Ranicki kritisierte schon 1992, vor Updike werde die Königliche Schwedische Akademie sicher noch «irgend jemanden aus dem Sudan finden». Heute ist der US-Schriftsteller mit 76 Jahren an Lungenkrebs gestorben - seine Leser haben ihm auch ohne den Nobelpreis längst ein Denkmal gesetzt.

In seinen zahlreichen Romanen hat Updike ein meisterhaftes Porträt der amerikanischen Mittelstandsgesellschaft entworfen. Satirisch, aber nie hämisch, deckte er ihre großen und kleinen Lebenslügen auf und schaute hinter die oft allzu glatte Fassade. Liebe und Leidenschaft, Untreue und Verrat, Sex und Ehebruch - das waren die Themen, die ihn interessierten und die er mit unnachahmlicher Beobachtungsgabe virtuos erzählte.

Vor allem der Romanheld Harry Angstrom aus der Rabbit-Reihe ist eine Schlüsselfigur. Vom Auftaktroman Hasenherz (1960) bis zum vierten Band Rabbit in Ruhe (1990) und der abschließenden Erzählung Rabbit, eine Rückkehr (2002) entstand ein umfassendes Sittengemälde Amerikas. Mit Liebe zum Detail, auch und gerade in Sachen Sex, zeichnete Updike darin die Entwicklung der Gesellschaft von den späten 1950er Jahren bis fast zur Jahrtausendwende nach. Zwei der Romane wurden mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Updike gab sich wenig Mühe, zwischen sich und seinen Helden zu unterscheiden. Immer waren seine Geschichten ein Stück eigenes Leben. Offen bis zur Schonungslosigkeit gab er in seiner Memoirensammlung Selbst-Bewusstsein (1989) Auskunft über sich selbst: über die ärmliche Kindheit in der Provinz des US-Bundesstaates Pennsylvania, die Beziehung der Eltern und seine Krankheiten, eine lästige Schuppenflechte und kindliches Stottern.

«Ich hatte das Gefühl als Kind, dass da in unserem Haus irgendwie mehr vorging - die Unzufriedenheit der beiden Eltern, die Spannungen und sogar das Theater, das wir für unsere kleine Hausgemeinschaft inszenierten.» Damit war das Lebensthema für den Beziehungsexperten vorgezeichnet. Auch seine eigene erste Ehe scheiterte später - trotz der vier Kinder. Seine zweite Frau brachte drei Söhne mit in die Ehe.

Ursprünglich wollte John Hoyer Updike, so sein voller Name, nach einem Einser-Abschluss an der Harvard-Universität Oxford Karikaturist werden. Doch bald kam er bei der renommierten Zeitschrift The New Yorker als Autor unter. Schon mit 25 kann er sich selbstständig machen und vom Schriftstellerberuf leben. Seinen größten Erfolg hat er mit dem Roman Ehepaare, der 1968 in den USA einen Skandal auslöst. Das puritanische Amerika empört sich über die freizügige Kleinstadtsatire, in der so ungefähr jeder mit jedem etwas hat. Aber Kritik und Leser waren begeistert.

Alle ein, zwei Jahre legte der arbeitswütige Autor in der Folgezeit einen neuen Roman vor - von Henry Bech (1970) über Die Hexen von Eastwick (1984; mit hochkarätiger Besetzung verfilmt) bis zur hochgelobten Familiengeschichte Gott und die Wilmots (1996). Mit Brasilien (1994) oder Terrorist (2006) gab es auch Bücher, die auf gemischte Kritik stießen. Gleichwohl hielt der Erfolg beim Publikum an. Mit Spannung wird in Deutschland sein nun letztes Werk erwartet, das in den USA im Oktober erschien: Aus den Hexen von Eastwick sind nach fast 25 Jahren Die Witwen von Eastwick geworden.

Der Autor selbst lebte seit Jahren zurückgezogen mit seiner zweiten Frau in einem Haus an der US-Ostküste unweit von Boston. Er arbeitete, solange es nur irgend ging. «Als Schriftsteller bist du dein eigener Boss - keiner sagt dir, dass du deine Sachen packen sollst.»

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