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Tötungsdelikt Idar-Oberstein: Mutmaßlicher Täter stand bei Tat wohl unter Alkoholeinfluss

Archivmeldung vom 04.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Der mutmaßliche Täter von Idar-Oberstein, Mario N., stand bei seiner Tat vor zwei Wochen offenbar unter Alkoholeinfluss. Das ergeben Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz". Am 18. September soll Mario N. den Kassierer Alex W., 20 Jahre, erschossen haben.

Der Pressesprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach, Kai Fuhrmann, bestätigt gegenüber "Report Mainz" nun: "Es gibt Hinweise, dass der Tatverdächtige bei der Tat unter Alkoholeinfluss stand." Derzeit sei allerdings unklar, um welchen Blutalkoholwert es gehe und welche Rolle der Alkoholeinfluss bei der Tat spielte. Der Grund: Es fehlten objektive Beweise wie etwa eine Blutprobe. Mario N. hatte sich erst am Tag nach seiner Tat der Polizei gestellt. Ein Gutachter werde sich mit der Frage des Alkoholeinflusses von Mario N. befassen, so Fuhrmann. Hinweise, dass dieser auch unter Einfluss von Betäubungsmittel stand, gebe es hingegen nicht.

Internet-Aktivitäten des mutmaßlichen Täters werden noch ausgewertet

Nach "Report Mainz"-Informationen soll Mario N. seit Pandemie-Beginn auf der Plattform "Telegram" zahlreiche Kanäle von so genannten Querdenkern und Corona-Leugnern besucht haben. Auf Anfrage teilte die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach gegenüber dem ARD Politikmagazin mit, die Internetaktivitäten des mutmaßlichen Täters würden noch ausgewertet. Bisher war unter anderem bekannt geworden, dass Mario N. sich bis zum Jahr 2019 auf der Plattform "Twitter" geäußert hatte.

Expertin: Impfgegner und Querdenker-Szene immer radikaler

Recherchen von "Report Mainz" zeigen, dass die Corona-Leugner-Szene sich immer weiter radikalisiert. Bundesweit gibt es Hinweise darauf. Unter anderem hat das ARD Politikmagazin mit Christina Bleisinger gesprochen. Die SPD-Bürgermeisterin aus Simmertal, einem Ort, nur 25 Kilometer entfernt von Idar-Oberstein, ist vor wenigen Wochen zurückgetreten. Im Frühjahr begannen hier so genannte Dienstagsspaziergänger mit Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. Die Bürgermeisterin will das nicht hinnehmen und organisiert Gegendemonstrationen. Deswegen wurde sie, nach eigenen Angaben, selbst zur Zielscheibe, vor allem im Internet. Schließlich legte sie ihr Amt nieder. Nach dem Tod des Tankstellenkassierers Alex W. hätten die Bedrohungen für sie eine neue Qualität bekommen. Im Interview mit "Report Mainz" berichtet sie: "Ich befürchte, dass Idar-Oberstein kein Einzelfall bleibt, wenn die Menschen sich nicht mehr damit befassen, welche Gefahr von dieser Querdenker-Bewegung ausgeht."

Fachinformationsstelle Rechtsextremismus dokumentiert Demonstrationen

So sieht es auch die Fachinformationsstelle Rechtsextremismus in München. Seit Pandemie-Beginn dokumentiert sie Demonstrationen der Querdenker-Szene. Gerade die Entwicklung in den vergangenen Monaten sei besorgniserregend. Eine Mitarbeiterin, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, berichtet: "Sie werden weniger in Zahlen und die, die jetzt noch auf der Straße sind, sind ja verzweifelt, haben mit ihren Familien sozusagen gebrochen, haben teilweise keine Freunde mehr. Die Radikalisierung äußert sich in dem Sinne, dass man zum Beispiel hetzt gegen den Staat, gegen Polizei, gegen die klassischen Feindbilder wie Presse, Politikerinnen, die bedroht werden."

Impfen unter Polizeischutz und Demonstrationen vor Schulen

Mit den Impfungen von Kindern geraten insbesondere Schulen immer häufiger ins Visier von Protestaktionen. Gerade einmal vier Tage nach dem Anschlag von Idar-Oberstein gab es eine Demo von Impfkritikern an einem Münchner Gymnasium. Im Interview mit "Report Mainz" berichten die Schulleiterin und mehrere Kollegen von "massiven Einschüchterungsversuchen" seitens der Protestierenden. So hätten Impfgegner beispielsweise eine Schülerin im Umfeld der Impfaktion regelrecht in die Enge getrieben. Ferner hätten einige Demonstranten von Zivilbeamten der Polizei sogar vom Schulgelände geleitet werden müssen. Auch in Freiburg versammelten sich wenige Tage nach dem Anschlag in Idar-Oberstein rund 100 Demonstranten bei einer Impfaktion an einer Schule.

Staatsanwaltliche Ermittlungen wegen Bedrohungen

An mehreren Orten laufen staatsanwaltliche Ermittlungen wegen Drohungen gegen Schulleitung und Lehrer, zum Beispiel im Fall einer Schule in Altenholz bei Kiel. In einer Stellungnahme gegenüber "Report Mainz" teilt der Kieler Oberstaatsanwalt Henning Hadeler mit: "Es gab einen Aufruf in einer Chatgruppe zum Tod von Schulleitung und Lehrende und dies in Verbindung mit dem Maskenzwang und der Impfung."

Rechtsextremismus-Experte fordert nationalen Aktionsplan

Im Interview mit dem ARD Politikmagazin schätzt Andreas Zick, Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an der Uni Bielefeld, die Lage als besorgniserregend ein: "Mein Fazit ist, dass wir jetzt neue extremistische Milieus haben, die hoch gewaltorientiert sind. Wir haben den Fehler gemacht, dass wir uns zu Beginn eingeredet haben, das sind doch Bürgerinnen und Bürger, deren Meinung wir anhören müssen und die ja mit dem Extremismus nichts zu tun haben. Das heißt, in dieser Bewegung haben wir dieses Moment der Verniedlichung gehabt, was jede Form von Prävention unmöglich macht. Wir brauchen einen neuen nationalen Aktionsplan für den Umgang mit Extremismus. Da muss alles auf die Agenda. Wir brauchen - das sagen alle Opfer - mehr Strafverfolgung. Und wir brauchen sehr viel mehr Analyse über die Dynamiken."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)


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