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Weißer Ring zum Breitscheidplatz-Anschlag: Einige erkennen ihr Trauma erst jetzt

Archivmeldung vom 18.12.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.12.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Breitscheidplatz: Das beschädigte Führerhaus der Sattelzugmaschine
Breitscheidplatz: Das beschädigte Führerhaus der Sattelzugmaschine

Von User:Emilio Esbardo - File:01 Breitscheidplatz Berlin foto Emilio Esbardo.jpg, CC BY-SA 4.0, Link

Fünf Jahre nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz ist die Aufarbeitung aus Sicht des Weißen Rings längst nicht abgeschlossen. Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin des Weißen Rings, Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer, sagte der "Heilbronner Stimme": "Teilweise kommen sogar jetzt erst "neue" Opferfälle zu uns - Menschen, die die ersten Jahre nach dem Anschlag vermeintlich gut mit der Situation zurechtkamen, dann irgendwann zusammengebrochen sind und beispielsweise erwerbsunfähig wurden. Sie haben das Trauma zunächst gar nicht erkannt."

Sie sagte weiter: "Es laufen immer noch mühsame Prozesse vor allem im Bereich der Opferentschädigung, es gibt etliche Erwerbsunfähigkeiten von Betroffenen."

Kritisch sieht sie den Umgang mit den Opfern vom Breitscheidplatz. Es seien an unterschiedlicher Stelle behördliche Fehler gemacht worden. Biwer: "Das fängt an bei der Zusendung der Rechnungen aus der Forensik drei Tage nach der Tat, geht weiter über das kommentarlose Zusendung teilweise blutgetränkten Eigentums von Ermordeten an ihre Angehörigen und gipfelt in der behördlichen Abwicklung der Entschädigungsanträge. Da brauchte es Dutzende Seiten Papier, etliche Nachweise und immer wieder Gutachten, um Fragen zu beantworten, ob die Schäden tatsächlich auch durch die Tat ausgelöst wurde. Da war kein opfersensibler Umgang zu erkennen, es gab keine Transparenz. Und so weiter."

Bianca Biwers Bilanz fällt ernüchternd aus: "Bei der Aufklärung der Tat wurden die Opfer nicht mitgenommen, bei der Planung der Gedenkstätte wurden ihre Vorschläge und Wünsche nicht gehört. Es ist dem Staat nicht gelungen, den Menschen zu vermitteln, dass das Land mit ihnen trauert."

Bei der Trauerarbeit könne Deutschland von seinen europäischen Nachbarn noch viel lernen. Biwer: "Ein paar Beispiele: In Italien hat der Präsident die Angehörigen der in Berlin getöteten italienischen jungen Frau persönlich angerufen und seine Trauer ausgedrückt, ähnlich war es in Israel. In Frankreich wurde zeitnah nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den Alpen ein Gedenkstein aufgestellt."

Teilweise kommen laut Biwer Opfer auch jetzt erst aus der medizinischen Behandlung: "Es ist ein Irrglaube, dass nach einem solchen Anschlag nur zu Beginn Hilfe notwendig sei. Gerade nach so einem Ereignis gewinnt die Langfristigkeit der Betreuung für die Opfer zunehmend an Bedeutung. Dann ist nämlich sonst niemand mehr da, und sie sind mit ihrer Not allein. Der Weiße Ring betreut viele Kriminalitätsopfer über Jahre - also auch dann noch, wenn in der Öffentlichkeit niemand mehr über die Tat spricht oder schreibt."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält am Sonntag eine Ansprache bei einer Gedenkveranstaltung am fünften Jahrestag des Anschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz. Ort der Rede ist die Gedächtniskirche, auch werden Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) erwartet. Am Mahnmal vor der Kirche ist ein stilles Gedenken geplant. Die Namen der 13 Toten werden vorgelesen; um 20.02 Uhr, der Uhrzeit des Anschlags, schlägt die Kirchenglocke 13 Mal.

Der abgelehnte Asylbewerber Anis Amri aus Tunesien hatte am 19. Dezember 2016 in Berlin einen polnischen Lastwagenfahrer erschossen. Mit dessen Fahrzeug raste er anschließend über den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Dem Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gelang die Flucht nach Italien, wo er bei einer Kontrolle von der Polizei erschossen wurde.

Das komplette Interview: https://www.stimme.de/deutschland-welt/politik/dw/fuenf-jahre-nach-anschlag-einige-opfer-erkennen-ihr-trauma-erst-jetzt;art295,4572685

Quelle: Heilbronner Stimme (ots)

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