Direkt zum Inhalt Direkt zur Navigation
Sie sind hier: Startseite Nachrichten Sport Ski-Freestylerin Kea Kühnel: "Anfangs hat mich niemand ernstgenommen oder an mich geglaubt"

Ski-Freestylerin Kea Kühnel: "Anfangs hat mich niemand ernstgenommen oder an mich geglaubt"

Archivmeldung vom 29.07.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.07.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Kea Kühnel (2019)
Kea Kühnel (2019)

Bild: Privat / Rechtefrei

Ski-Freestyle-Fahrerin Kea Kühnel hat Bemerkenswertes geschafft: Als Spätstarterin aus dem flachen Norden mischt sie seit einigen Jahren den Wintersport-Zirkus auf. Parallel dazu studiert die 28-Jährige im Master "Accounting, Auditing and Taxation" in Innsbruck und außerdem auch noch Sinologie im Bachelor in München.

Deutsche Sporthilfe: Kea, ein Nordlicht im Wintersportzirkus, das hat Seltenheitswert. Wie bist Du aus Bremerhaven zum Freeskiing gekommen?

Kea Kühnel: Kea ist das hawaiianische Wort für "Schnee", vielleicht war mein Weg in den Wintersport also vorgezeichnet (lacht). Nein, meine Eltern sind große Ski-Fans und haben mich schon mit zwei Jahren auf die Bretter gestellt. Von Haus aus bin ich aber eigentlich Turnerin. Zum Freeskiing bin ich erst mit Anfang 20 in Japan gekommen, als ich nach dem Abi für zwei Jahre in Shanghai war. Meinen jetzigen Studienort habe ich übrigens danach ausgewählt, wo die meisten Freeskiier leben - und das war in Innsbruck. Auch wenn mich anfangs viele belächelt haben.

Du vergleichst Deine Geschichte mit der des englischen Skispringers Michael Edwards, bekannt als "Eddie the Eagle", und der jamaikanischen Bobmannschaft bei den Olympischen Winterspielen 1988, die im Film "Cool Runnings" verewigt wurde. Was verbindet Euch?

Ich erkenne mich in beiden Biographien wieder. Niemand hat sie ernstgenommen oder an sie geglaubt, es gab keine Unterstützung von außen - und doch konnten sie ihre Träume verwirklichen und das Unmögliche möglich machen. So ähnlich war es bei mir als extreme Spätstarterin aus dem Flachland auch. Bei meinem ersten Weltcup-Start war ich schon fast 25, zwei Jahre später war ich auf einmal bei den Olympischen Winterspielen - verrückt.

... als erste Bremer Winter-Olympionikin überhaupt. Wie war das für Dich?

Alles in allem war es eine krasse Erfahrung. Dass ich überhaupt nach Südkorea fahre, stand erst eineinhalb Wochen vorher fest. Ab diesem Zeitpunkt klingelte mein Handy pausenlos, gefühlt alle nord- und süddeutschen Zeitungen wollten mit mir sprechen. Den Trubel, der dann während der Spiele zuhause herrschte, bekam ich in Pyeongchang nicht wirklich mit. Bei den Spielen ist man im Tunnel, hat keine Zeit zum Durchatmen oder gar Abschalten.

Freeskiing, oder auch Ski Freestyle, das ist keine ganz alltägliche Sportart. Wie würdest Du sie einem Laien beschreiben?

Puh, das ist schwierig. Und nicht so leicht zu verstehen, weil wir Freeskier quasi unsere eigene Sprache haben. Ich würde es so probieren: Beim Freeskiing gibt es die Disziplinen Halfpipe, Big Air und Slopestyle. Ich gehe auf der Big Air, einer circa 25 Meter hohen Schanze, und im Slopestyle an den Start - das ist ein Kurs, der gespickt ist mit Schanzen und Eisengeländern, auf denen man in verschiedenen Richtungen abspringt und möglichst schwierige Tricks zeigt. Bewertet wird nach den Kriterien Ausführung, Höhe und Landung.

Das beherrschst Du inzwischen par excellence, vergangene Saison warst Du Dritte im Gesamtweltcup. In drei Jahren vom Weltcup-Debüt bis in die Weltspitze - wie hast Du diesen "Rückstand" aufgeholt?

Mit viel Fleiß und großem Ehrgeiz. Der Weg war sehr schwierig, aber ich bin froh, dass ich ihn trotz aller Hindernisse gegangen bin. Dass ich früher geturnt habe, hilft mir natürlich. Trotzdem kam Olympia 2018 eigentlich zu früh, ich wusste schon damals, dass ich mein Potenzial noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft habe. Deswegen habe ich letztes Jahr extrem hart trainiert, im Prinzip drei Saisons in nur einem Sommer nachgeholt. Das hat sich ausgezahlt, aber ich bin noch lange nicht da, wo ich hinmöchte.

Dabei besteht Dein Leben nicht nur aus dem Sport. Du studierst in Innsbruck "Accounting, Auditing and Taxation" und - als wäre ein Studium neben Spitzensport nicht schon genug - parallel in München Sinologie. Wie ist das überhaupt möglich?

Natürlich ist es eine Wahnsinnsaufgabe, neben der Skikarriere zwei Studiengänge in zwei verschiedenen Städten zu bewältigen. Das erfordert sehr viel Disziplin. Aber es macht Spaß und durch den Sport bin ich noch ehrgeiziger und zielstrebiger geworden als zuvor. Der Master in Innsbruck fordert mich enorm und das Umfeld dort ist enorm kompetitiv. Chinesisch kann ich zum Glück im Selbststudium studieren, da mich die LMU in München dankenswerterweise vom Unterricht freigestellt hat.

Was bedeutet Dir Dein Leben abseits der Piste?

Es ist mir wirklich sehr wichtig, neben der Sportkarriere etwas Anderes zu machen. Ich weiß, so oder so ähnlich drücken es viele Athleten aus. Aber für mich ist das Studium eben nicht nur der mentale Ausgleich zum Sport, sondern vor allem eine Absicherung. Unser Sport ist von Verletzungen geprägt, daher ist es super wichtig, ein zweites Standbein zu haben.

Solltest Du verletzungsfrei bleiben, stünde als nächstes ein "Heimspiel" für Dich an: Die WM 2021 und die Olympischen Spiele 2022 finden beide in Peking statt - da kennst Du dich als China-Expertin ja bestens aus.

Richtig. Natürlich habe ich da Bock drauf. Aber in unserer Sportart ist es schwierig zu sagen, was die Zukunft bringt. Notfalls bin ich aber bestimmt als Dolmetscherin mit dabei (lacht).

Steckbrief Kea Kühnel (*16. März 1991 in Bremerhaven) Sportart: Ski Freestyle, Slopestyle und Big Air Wohnort: Innsbruck Verein: SC Bremerhaven Größte Erfolge: Olympia-18. im Slopestyle 2018 Gesamtweltcup-Dritte Big Air 2018/19 Studium: Accounting, Auditing and Taxation (Master) sowie Sinologie (Bachelor) Universität: Leopold-Franzens-Universität Innsbruck sowie Ludwig-Maximilians-Universität München

Die Deutsche Bank, seit 2008 Nationaler Förderer der Deutschen Sporthilfe, unterstützt im Rahmen der Sporthilfe-Förderung studierende Spitzenathleten mit dem Deutsche Bank Sport-Stipendium. Aktuell profitieren rund 400 Sporthilfe-geförderte Athleten vom Programm, das mit einem Zeitbonus über die Regelstudienzeit hinaus gewährt wird. Die besonderen Leistungen der studierenden Athleten sollen mit der Wahl zum Sport-Stipendiat des Jahres zusätzlich herausgestellt und gewürdigt werden. Die Deutsche Bank, seit 2008 Nationaler Förderer der Deutschen Sporthilfe, verdoppelt dem Sieger das monatliche Stipendium für 18 Monate. Die vier weiteren Finalisten erhalten für den gleichen Zeitraum eine Zusatzförderung von 50 Prozent des monatlichen Stipendiums.

Diese Sporthilfe-Athleten stehen zur Wahl: Jana Bitsch (Karate/Sportmanagement), Johannes Floors (Para-Leichtathletik/Maschinenbau), Anna-Lena Forster (Para-Ski alpin/Psychologie), Kea Kühnel (Ski Freestyle/Accounting, Auditing and Taxation) und Johannes Weißenfeld (Rudern/Humanmedizin. Bis zum 18. August 2019 kann jeder unter www.sportstipendiat.de den Nachfolger von Thomas Röhler, Olympiasieger und Europameister im Speerwurf sowie Studentin für Strategy, Management and Marketing, wählen. Unter allen Teilnehmern des Online-Votings wird ein iPad 3 verlost.

Quelle: Stiftung Deutsche Sporthilfe (ots)

Videos
Daniel Mantey Bild: Hertwelle432
"MANTEY halb 8" deckt auf - Wer steuert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Mantey halb 8 - Logo des Sendeformates
"MANTEY halb 8": Enthüllungen zu Medienverantwortung und Turcks Überraschungen bei und Energiewende-Renditen!
Termine
Newsletter
Wollen Sie unsere Nachrichten täglich kompakt und kostenlos per Mail? Dann tragen Sie sich hier ein:
Schreiben Sie bitte zeder in folgendes Feld um den Spam-Filter zu umgehen

Anzeige