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Gerät der Profifußball aus den Fugen?

Archivmeldung vom 09.05.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.05.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Mariliese / pixelio.de
Bild: Mariliese / pixelio.de

An diesem Wochenende endet die Bundesliga-Saison 2013/14. Im Rückblick fordert der Bayreuther Sportökonom Markus Kurscheidt die Stärkung schwacher Vereine und eine veränderte Haltung gegenüber den Fans. Schon vor wenigen Wochen stand der FC Bayern München als Deutscher Meister fest. Prof. Dr. Markus Kurscheidt, Inhaber des Lehrstuhls Sportwissenschaft II der Universität Bayreuth, bezieht Stellung zu einigen vieldiskutierten Aspekten im deutschen Profifußball und fordert aus Wettbewerbsgründen geeignetes Handeln gegen ein ungezügeltes Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Profiklubs.

Es sei längst zum Allgemeinplatz geworden, so der Wissenschaftler, dass der Spitzenfußball ein Geschäft sei und die Spieler ausgebuffte „Millionarios“. Es sei halt so, wie die Trainer-Legende Otto Rehhagel formuliert habe: „Geld schießt Tore!“

„Ist nicht die aktuelle Bundesligasaison wieder Beweis genug dafür? Bereits sieben Spieltage vor Schluss holte Bayern München ungeschlagen mit unglaublichen 25 Punkten und 36 Toren Vorsprung auf den Zweiten Borussia Dortmund seinen 24. Titel“, erläutert Prof. Dr. Markus Kurscheidt. Trotz der schwächeren Auftritte danach und dem Ausscheiden der Oberbayern aus der Champions League mache sich Fußballdeutschland Sorgen um die Zukunft des sportlichen Wettbewerbs in der Spitzenliga. Nicht ohne Grund, sei doch der Rekordmeister in die Saison gestartet mit einem zehnmal größeren Spieleretat gegenüber dem ärmsten Klub Eintracht Braunschweig und immer noch fast doppelt so hohem Budget wie Schalke 04 mit der zweitteuersten Mannschaft.

Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Profiklubs stoppen

„Geeignetes Handeln gegen ein ungezügeltes Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Profiklubs ist aus Wettbewerbsgründen geboten“, fordert Prof. Dr. Markus Kurscheidt. Schon jetzt sei der FC Bayern derart dominant. „Das könnte für die Bundesliga in absehbarer Zeit zu einer Zerreißprobe werden“, befürchtet der Professor für Sport Governance und Eventmanagement des Bayreuther Instituts für Sportwissenschaft. Denn in wenigen Jahren werde der Branchenprimus auch sein Stadion abbezahlt haben und könne dann das frei gewordene Geld zusätzlich in die Mannschaft stecken. Das Ergebnis könnte sein, so Prof. Kurscheidt, dass die Münchner bald drei- oder viermal soviel Budget für Spieler zur Verfügung hätten wie ihre unmittelbaren Verfolger in der Liga.

„Wir hatten schon in dieser Spielzeit zwei Ligen in einer – die Bayern und der deutlich ärmere Rest“, führt der Bayreuther Sportökonom weiter aus. Klare Maßnahmen zum zukünftigen Umgang mit der Situation seitens der Deutschen Fußball-Liga DFL seien kaum erkennbar. Es seien eher die Länder und Städte, die den wirtschaftlich schwächeren Klubs unter die Arme griffen. „Ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand wären die modernen Stadien bis runter in die dritte Liga nicht finanzierbar. Sie sind der Basisfaktor“, erläutert der Wissenschaftler, „der den Profifußball zu dem heutigen Hochglanzprodukt gemacht hat. Zuletzt haben diese Bauprojekte aber auch Traditionsvereine wie Alemannia Aachen oder Arminia Bielefeld in finanzielle Schieflage gebracht.“

Die positive Seite der Stärke des FC Bayern sei dagegen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga. So habe der deutsche Profifußball seit 2007 in der Fünfjahreswertung der UEFA gegen den Trend der anderen europäischen Top-Ligen mächtig aufgeholt. „Symbolträchtig dafür war das rein deutsche Champions League-Finale im letzten Jahr, ausgerechnet in London. Hinter der englischen Premier League mit gut 3 Milliarden Euro Umsatz liegt nun die Bundesliga mit Einnahmen von fast 2,2 Milliarden Euro an zweiter Stelle in Europa. Als Dauergast im europäischen Oberhaus verhilft der Rekordmeister somit der gesamten Liga zu einer besseren Position“, schätzt der Wissenschaftler ein.

Prof. Dr. Markus Kurscheidt sieht den internationalen Aufschwung auch als einen Erfolg des restriktiven Ansatzes der Bundesliga. Die 50-plus-1-Regel sichere etwa die Mehrheit des eingetragenen Stammvereins an den Kapitalgesellschaften der Klubs. Dies schrecke allzu wagemutige und mitunter unseriöse Investoren ab. Auch habe die deutsche Spitzenliga seit Jahrzehnten das strengste Lizensierungs-verfahren, was das chronisch risikoreiche Finanzgebaren der Klubs in Grenzen halte. Dies setze Anreize für ein effizientes Klubmanagement. Das mache sich auch im modernen und attraktiven Fußball der oft recht jungen Teams bemerkbar.

Debatte zur Fangewalt gehe an der Realität vorbei

Kritisch bewertet der Bayreuther Wissenschaftler die Haltung und das Handeln gegenüber Fangruppierungen, wie den sogenannten Ultras: „Die Debatte um die Gewalt von Fußballfans in den letzten zwei Jahren war völlig überzogen und verfehlt.“ In Polittalks und Schlagzeilen werde die Situation unverantwortlich dramatisiert, was die problematische Klientel unter den Fans eher provoziere als zu einer Beruhigung der Lage beitrage. „Dafür, dass jedes Wochenende gut eine halbe Million Menschen in die Stadien der beiden Bundesligen strömen, passiert sogar verhältnismäßig wenig über die gesamte Saison gesehen“, stellt der Experte heraus.

Dass Geld nicht immer Tore schieße, beweise auch wieder diese Saison. Der FC Augsburg habe es mit dem drittkleinsten Spieleretat bis in den Kampf um die internationalen Plätze geschafft, während der wirtschaftsstarke Hamburger SV im Abstiegskampf um seinen Status als „Bundesliga-Dino“ fürchten müsse. „Eine gute Vereinsführung, Mannschaftsgeist und leidenschaftliche Fans können eben doch ein paar Millionen Euro wettmachen“, resümiert Prof. Dr. Markus Kurscheidt.

Quelle: Universität Bayreuth (idw)

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