SPD-Politiker stellen Verlässlichkeit der Union infrage
Die gescheiterte Wahl von drei Verfassungsrichtern im Bundestag nährt in der SPD Zweifel an der Verlässlichkeit der Union. Die Kritik trifft vor allem Bundeskanzler Friedrich Merz und Unionsfraktionschef Jens Spahn (beide CDU): "Erschreckend ist, dass es noch nicht einmal dem Bundeskanzler gelingt, die Union hinter sich zu scharen", sagte Thüringens Innenminister und SPD-Landesvorsitzender Georg Maier dem "Handelsblatt".
"Wie soll er das Land durch schwierige Zeiten führen, wenn ihm die
eigenen Leute schon bei vergleichsweise unbedeutenden Entscheidungen die
Gefolgschaft verweigern?" Maier sieht Deutschland wie andere
freiheitliche Demokratien "in einem existenziellen Kampf gegen den
Autoritarismus". Da könne man sich "solche nutzlosen und kräftezehrenden
Konflikte unter Demokraten nicht mehr leisten".
Ähnlich äußerte
sich der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der
SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese. "Für die Zukunft der Zusammenarbeit
ist es unerlässlich, dass die Unionsfraktion geeint ist", sagte Wiese
dem "Handelsblatt". Man müsse sich auf gemeinsame Absprachen verlassen
können. CDU und CSU hatten die SPD-Richterkandidatin Frauke
Brosius-Gersdorf im Richterwahlausschuss mit nominiert und die
Unionsfraktionsführung hatte sich für ihre Wahl ausgesprochen.
Der
SPD-Abgeordnete Ralf Stegner sorgt sich angesichts des
Richterwahl-Debakels um die Stabilität des Regierungsbündnisses mit der
Union. "Wenn schon in einer solchen Frage die Handlungsfähigkeit der
Koalition in Zweifel steht, kommt das Regierungsschiff reichlich früh in
schwere See", sagte er der Zeitung. Die einzigen Gewinner seien die
AfD-Abgeordneten, "deren hämische Triumphgesänge den Bundestag und die
demokratischen Fraktionen lächerlich gemacht haben".
Der
SPD-Politiker Sebastian Roloff warnte die Union in diesem Zusammenhang
vor einer Annäherung an die AfD. "Die Unionsführung ist gut beraten,
jede vorsichtige Öffnungstendenz hin zu einer gesichert rechtsextremen
Partei direkt zu unterbinden und sich auch nicht im Diskurs von
Rechtsaußen treiben zu lassen, wie es im Fall der Richterwahl passiert
ist", sagte er dem "Handelsblatt". Stegner sagte, die Spätphase der
Weimarer Republik lehre, "dass das Anbändeln von demokratischen Parteien
mit dem Ungeist von Rechtsaußen den Niedergang der Demokratie befördert
und zu Krieg und Elend führt".
Quelle: dts Nachrichtenagentur