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"Report Mainz": Bundesverkehrsministerium will Gesetz schnellstmöglich für kommerzielle Sammeltaxis öffnen

Archivmeldung vom 24.07.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.07.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Guenter Hamich / pixelio.de
Bild: Guenter Hamich / pixelio.de

Das Bundesverkehrsministerium will das Personenbeförderungsgesetz schnellstmöglich liberalisieren, um so genannte Ridesharing-Dienste - also kommerzielle Sammeltaxis - zu ermöglichen. Das sagte der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) im Interview mit "Report Mainz"-Autoren für das Reportageformat "Exclusiv im Ersten". "Also die Reform des Personenbeförderungsgesetzes steht ganz oben auf unserer Liste, weil wir wissen, dass da kaum Zeit zu verlieren ist. Es entwickeln sich in kürzester Zeit neue Geschäftsmodelle. Es kann nicht sein, dass das erst am Ende der Legislaturperiode behandelt wird, sondern da müssen wir uns schnell ranmachen."

Nach Recherchen von "Report Mainz" für "Exclusiv im Ersten" hat es zuvor massive Lobbyarbeit der Anbieter von Ridesharing-Diensten gegeben. Ridesharing ist ein kommerzielles Sammeltaxi mit professionellen Fahrern, das per App auf dem Smartphone gebucht werden kann. Unterwegs sollen weitere Fahrgäste zusteigen, die eine ähnliche Strecke zurücklegen wollen. Momentan ist ein solches Angebot bundesweit nur zu Testzwecken zulässig. Um dies zu ändern, hatte die Große Koalition bereits im Koalitionsvertrag eine Öffnung des Personenbeförderungsgesetzes angekündigt.

Auch der US-Konzern "Uber" will Ridesharing in Deutschland anbieten. Dies bestätigte ein leitender Mitarbeiter im Interview. Nach den "Report Mainz"-Recherchen hatte "Uber" fertige Textbausteine für ein neues Personenbeförderungsgesetz an Bundestagsabgeordnete geschickt. Die zentrale Forderung, das Gesetz entsprechend zu modernisieren, findet sich im Koalitionsvertrag wieder. Auch deutsche Anbieter haben intensives Lobbying betrieben. Der Vorstandsvorsitzende des zeitweise vom ADAC mitfinanzierten Ridesharing-Dienstes "Allygator" in Berlin, Tom Kirschbaum, sagte hierzu im Interview mit "Exclusiv im Ersten": "Wir haben uns eingebracht natürlich hinter den Kulissen schon vor der Bundestagswahl, aber auch während der Koalitionsverhandlungen, haben da also tatsächlich das ein oder andere an Textbausteinen eingespeist und waren nun am Ende auch erfreut, das dann auch wieder zu finden."

Die Anbieter werben damit, dass durch Ridesharing-Dienste Nutzer auf ihr eigenes Autos verzichten würden und durch geteilte Fahrten insgesamt weniger Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs seien. Experten hingegen sehen in einer Öffnung des Personenbeförderungsgesetzes große Gefahren. Der Verkehrsforscher Tilman Bracher vom Deutschen Institut für Urbanistik, das von den Kommunen getragen wird, sagt im Interview mit "Report Mainz": "Ich sehe das Gesetz sehr kritisch, weil es zu Zuwachs an Autoverkehr in den Städten führen wird. Die Erfahrungen zeigen, da sitzen dann ein oder zwei Leute drin, die in einem Kleinbus durch die Stadt geschippert werden. Und das wird die Verkehrsprobleme nur zusätzlich verschärfen."

Die "Exclusiv im Ersten"-Autoren haben mehrere Ridesharing-Dienste, die sich momentan im Testbetrieb befinden, mit der Kamera begleitet. Fast alle Fahrgäste gaben hierbei an, dass sie die gebuchte Strecke sonst mit dem öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt hätten. Experten sehen in den neuen Angeboten daher die Gefahr, dass mehr Fahrzeuge in den Städten unterwegs sein könnten und sich die Verkehrsprobleme dadurch weiter verschärften.

In San Francisco sind Ridesharing-Dienste seit langem Alltag, vor allem die Anbieter "Uber" und "Lyft" vermitteln tausende Fahrten täglich. Der regionale Zuganbieter "Bart" hat nach eigenen Aussagen dadurch zahlreiche Kunden verloren. Hillary Ronen, gewähltes Mitglied der Stadtregierung von San Francisco, warnt im Interview mit "Exclusiv im Ersten" daher vor einer Öffnung des Marktes auch in Deutschland: "Ich rate den deutschen Behörden dringend, sehr vorsichtig zu sein, die strengen Vorschriften für die Ride-Sharing-Anbieter aufzuweichen. Was sonst passiert, sehen wir momentan in San Francisco. Das ist nicht gut für die Städte."

Das ARD-Politikmagazin ""Report Mainz"" wird sich am Dienstag, den 24.07.2018 um 21.45 Uhr, mit dem Thema beschäftigen. Die "Exclusiv im Ersten"-Reportage "Mit Vollgas in den Verkehrskollaps. Der Kampf um die Mobilität von morgen" wird am 30.7.2018 um 21.45 im Ersten ausgestrahlt (Film vorab für akkreditierte Journalisten auf presse.daserste.de und presseportal.SWR.de).

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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