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Autoindustrie blockiert Rußfilter-Nachrüstung

Archivmeldung vom 14.12.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.12.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Einige der mächtigsten deutschen Automobilhersteller wollen in letzter Minute eine wirksame Rußfilter-Nachrüstung verhindern. Zu diesem Zweck wird insbesondere Druck auf Bundesländer ausgeübt, in denen die Autokonzerne beheimatet sind. Die betroffenen Landesregierungen sind offensichtlich bereit, ihre Positionen den "automobilen Interessen" unterzuordnen.

Das geht zweifelsfrei aus Dokumenten hervor, die der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) vorliegen. Ziel der Blockadeaktion ist es, die für den 21. Dezember vorgesehene Verabschiedung der "Technischen Vorschriften für Partikelminderungssysteme" im Bundesrat zu verhindern. Würde dies gelingen, könnten Hersteller von Rußpartikelfiltern weder die Zulassung entsprechender Systeme offiziell beantragen noch sie verkaufen. Nach Informationen der DUH würde eine Änderung der Technischen Spezifikationen eine erneute Notifizierung in Brüssel notwendig machen, mit der Folge einer mindestens neunmonatigen Verzögerung. Auch die im Koalitionsvertrag beschlossene Förderung der Rußfilter-Nachrüstung würde sich auf frühestens Ende 2006 verschieben.

"Es ist ein doppelter Skandal, wie ungeniert einerseits die deutschen Autobauer die Landesregierungen für ihre Zwecke instrumentalisieren und sich diese andererseits als Nebenregierung der Autoindustrie missbrauchen lassen", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Ein Erfolg der Intervention hätte für die Autohersteller BMW, DaimlerChrysler und MAN "den schönen Nebeneffekt, dass Besitzer älterer Diesel-Pkw und Nutzfahrzeuge wegen der drohenden innerstädtischen Fahrverbote für Dieselstinker zum vorzeitigen Kauf von Neufahrzeugen gedrängt würden". Damit könne die lahmende Automobilkonjunktur vor der Mehrwertsteuererhöhung im Jahr 2007 im kommenden Jahr zusätzlich angeschoben werden.

Die DUH veröffentlicht auszugsweise ihr vorliegende Dokumente und Schreiben zur Beratung der 29. Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung. Ziel ist die Verminderung der "verkehrsbedingten Dieselruß-Emissionen". Mit der Verordnung sollen die technische Anforderungen z. B. für Partikelminderungssysteme (z.B. Partikelfilter) festgelegt werden. Ohne derartige Regeln können die meist mittelständischen Hersteller solche Systeme letztendlich nicht verkaufen. Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung wurde bereits bei der EU-Kommission notifiziert, zum Inkrafttreten fehlt nur noch die bisher für den 21. Dezember fest eingeplante Zustimmung des Bundesrates. Am 30. November empfahl der federführende Verkehrsausschuss des Bundesrates die Zustimmung. Einen Tag später, am 1. Dezember, befassten sich die mitberatenden Umwelt- und Finanzausschüsse mit der Vorlage und beschlossen auf Initiative der "automobil gelenkten Länder" Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, die Beratungen zu vertagen. Voraus gegangen war eine Intervention des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VdA). Fast ehrfürchtig begründet der angeblich so freie Freistaat Bayern die Kehrtwende: "Die anfängliche Zustimmung des VDA zum Entwurf besteht nicht mehr. ... Seitens der BMW AG wurden Probleme mit dem vorliegenden Entwurf bestätig. (u. a. Problem der Doppelgrenze)." Nach Informationen der DUH haben in Bayern die Unternehmen BMW und MAN und in Baden-Württemberg die DaimlerChrysler AG bei ihren jeweiligen Landesregierungen interveniert und die technischen Anforderungen - 30 %ige Reinigungsleistung der Nachrüstfilter plus Erreichen der jeweils nächst saubereren Euro-Abgasstufe und dem Bestehen eines Dauerwirksamkeitstests über 4.000 km - als zu streng kritisiert. Diese Unternehmen wollen nach diesen Informationen Billigst-Systeme für die Nachrüstung einsetzen, die nicht einmal diese moderaten Anforderungen erfüllen würden.

"Es ist für die DUH unerträglich, mit welcher Dreistigkeit deutsche Autobauer für weiterhin schmutzige Dieselfahrzeuge kämpfen. Während Japan in Ballungszentren bei der Nachrüstung von Dieselfahrzeugen seit Jahren 99 %ig wirksame Filter verbindlich vorschreibt und Kalifornien ab 2007 die Nachrüstung aller Diesel-Fahrzeuge mit mindestens 70 %iger Wirksamkeit fordert, gelingt es deutschen Herstellern, die Förderung von sauberen Diesel-Neufahrzeugen bis 2008 zu verzögern und nun auch noch für die Nachrüstung die weltweit niedrigsten Standards mit nur 30% Wirksamkeit durchzusetzen.", so Resch.

Die DUH begrüßt ausdrücklich den Versuch von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und Bundesverkehrsminister Tiefensee, die Länder noch einmal auf den ursprünglich vorgesehenen Kurs zu verpflichten. In einem von den Staatssekretären Baake (BMU) und Hennerkes (BMVBS) unterzeichneten Schreiben vom 5. Dezember wird dafür geworben, dass der Bundesrat auf seiner Sitzung am 21. Dezember 2005 der Verordnung "entsprechend dem Votum des federführenden Verkehrsausschusses des Bundesrates zustimmt." Begründet wird dies in dem Brandbrief damit, dass Fahrzeugindustrie und Fahrzeugteilehersteller im Vertrauen auf ein baldiges Inkrafttreten der Verordnung bereits erhebliche Investitionen in die Entwicklung entsprechender Partikelminderungssysteme vorgenommen und Anträge auf Genehmigung vorbereitet hätten. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Ohne die 29. Verordnung bestünde die Gefahr, dass sich verstärkt Systeme mit unzureichender Wirkung auf dem Markt verbreiten". Das bislang fehlende Angebot an geprüften Partikelfilterminderungssystemen führt zur Verunsicherung und Verärgerung der Bürger, die befürchten müssen, mit gegenwärtig verkauften Systemen keine Vergünstigung zu bekommen."

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)

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