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Es stinkt zum Himmel: Entsorgungsqualität beim "grünen Punkt" sinkt - Profite steigen

Archivmeldung vom 07.11.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Die Gewinne der Duales System Deutschland GmbH (DSD, "Grüner Punkt") steigen, die Standards bei der Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verpackungen sinken. Dieses Resumée zieht die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), nachdem die Frankfurter Allgemeine Zeitung in den vergangenen Tagen die DSD-Geschäftszahlen veröffentlicht hat.

In den Schreiben an das DSD in Köln, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und die zuständigen Länderminister weist die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation auf zunehmende Missstände bei der Entsorgung der "Grüne-Punkt-Verpackungen" hin. Von den Ländern forderte die DUH aufsichtlich tätig zu werden, um sowohl die Einhaltung der Verpackungsverordnung als auch des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu gewährleisten. Es könne nicht sein, dass mit dem Verkauf des DSD das geltende Recht als obsolet betrachtet werde.

Die Fehlentwicklungen stehen nach DUH-Einschätzung in einem klaren Zusammenhang mit dem massiven Preisdruck, unter den die Sammel-, Sortier- und Verwertungsunternehmen geraten seien, nachdem das DSD im vergangenen Jahr von der Investmentgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts (KKR) übernommen worden ist. Nach dem FAZ-Bericht hat DSD im ersten Geschäftsjahr nach der Übernahme durch KKR ein Ergebnis von ca. 146 Mio. EUR erwirtschaftet und darüber hinaus 160 Mio. EUR eines Kredits zur seinerzeitigen Kaufpreisfinanzierung zurückgeführt. Im selben Zeitraum wurden die Entsorgungskosten von 1,513 Mrd. EUR auf 1,260 Mrd. EUR reduziert.

"Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Beim DSD werden die Ausgaben für das Recycling radikal gekürzt - und gleichzeitig hohe Gewinne ausgewiesen. In der Folge sinkt in Deutschland die Entsorgungsqualität - zu Lasten von Umwelt und Verbrauchern", kommentierte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch die Entwicklung.

Die DUH werde immer häufiger mit Beschwerden von Verbrauchern konfrontiert, wonach die Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verkaufsverpackungen aus Kostengründen zurückgefahren wird. So wird beispielsweise der Sammelrhythmus häufig von zwei- auf dreiwöchig reduziert oder das Containersystem bei der Sammlung von Altglas ausgedünnt. Darüber hinaus häuften sich Meldungen, wonach Mülltonnen nicht mehr geleert oder einfach abgezogen werden, obwohl es zuvor keinerlei Beanstandungen bezüglich der ordnungsgemäßen Befüllung gegeben hat. In der Stadt Wuppertal beispielsweise wurden mittlerweile etwa 1200 Tonnen abgezogen, hier läuft wegen dieser offensichtlichen Absenkung der Entsorgungsstandards bereits eine Strafanzeige.


Insbesondere bei der Sortierung von "Grüner-Punkt-Verpackungen" führt der in den Neuverträgen mit den Entsorgern erzeugte Preisdruck nach Auffassung der DUH zu ökologisch bedenklichen Ergebnissen. So wurden nach der Insolvenz der RAG Murg (Nordschwarzwald) etwa 2000 Tonnen Sortierreste (unvorbehandelt) auf die Kreismülleponie "Lachengraben" gebracht, wie die Hochrhein-Zeitung bereits im Juni berichtete. Von einer nachträglichen Behandlung ist bisher nichts bekannt. Am 18. Februar brannte in Dessau eine Halle mit Ballen von Kunststoffabfällen ab. Am 12. September brannten in Magdeburg von dort gelagerten 5000 Tonnen etwa 1200 Tonnen Sortierreste ab. Nach Berichten der Magdeburger Volksstimme existierte nur eine Lagergenehmigung für maximal 500 Tonnen Abfall. In anderen Anlagen, wie beispielweise in Trier, Bennstedt (Saalkreis) und Backnang (Rems-Murr-Kreis) lagern nach DUH-Informationen mittlerweile mehrere tausend Tonnen Müll - teilweise ebenfalls ohne entsprechende Genehmigungen. In jüngster Zeit aufgenommene Fotos der genannten Sortieranlagen zeigen von Müllballen oder -säcken überquellende Gelände. In Trier werden derzeit 70.000 Tonnen so genannte Leichtverpackungsabfälle pro Jahr verarbeitet, ausgelegt war die Anlage nach Brancheninformationen für eine jährliche Kapazität von nur 34.000 Tonnen.

Außerdem entwickelt sich unter dem Kostendruck ein in vielen Fällen absurder innerdeutscher Mülltourismus, der längst überwunden schien. "Wenn hier nicht konsequent gegengesteuert wird, steht die ökologische Sinnhaftigkeit des Gesamtsystems in Frage", sagte Resch. Als Beispiel nannte er die derzeitige Verpackungs-Entsorgung der Stadt Bonn, deren gelbe Tonnen und gelbe Säcke neuerdings zur Sortierung komplett nach Trier transportiert werden, was bei einer Entfernung von 320 km für die Hin- und Rückfahrt allein für dieses eine Vertragsgebiet einen zusätzlichen jährlichen Kraftstoffverbrauch von etwa 120.000 l verursacht. Die räumlich nächste Sortieranlage ist dagegen 15 Kilometer von Bonn entfernt. Bonn sei jedoch keinesfalls ein Einzelfall. So werde die Sortieranlage in Leipzig unter anderem aus Hersfeld/Rotenburg (Entfernung hin und zurück: 585 km) und aus Schweinfurt (550 km) angefahren.

Resch nannte es skandalös, dass letztlich die Verbraucherinnen und Verbraucher jahrelang für den Aufbau eines ökologisch tragfähigen und verlässlichen Entsorgungssystems durch einen Verpackungsaufschlag auf die Warenpreise gezahlt hätten. Dies sei ihnen durch den Hinweis auf das "Non-Profit-Unternehmen DSD" und den so erreichten Schutz der Umwelt schmackhaft gemacht worden. "Jetzt sinken die Umwelt- und Entsorgungsstandards und die neuen Eigentümer verdienen sich eine goldene Nase".

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) fordert das DSD in ihrem Schreiben auf, zu der bedrohlichen Absenkung der über Jahre erreichten Entsorgungsstandards Stellung zu nehmen und die Missstände kurzfristig abzustellen. An Bundesminister Gabriel appelliert die Organisation, die Fehlentwicklungen durch entsprechende Regelungen im Rahmen der aktuellen Novellierung der Verpackungsverordnung zu korrigieren.

Die Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland GmbH (DSD) betreibt ein bundesweites System zur Erfassung und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen. Das DSD wurde 1991 von Industrie und Handel gegründet, um so der in der damals verabschiedeten Verpackungsverordnung enthaltenen Verpflichtung zur individuellen Rücknahme- und Verwertung von Verpackungen zu befreien und arbeitete zunächst als Non-Profit-Unternehmen. Zum 1. Januar 2005 wurde das DSD von KKR übernommen und in ein profitorientiertes Unternehmen umgewandelt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e. V.

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