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Atomkraftwerk Brunsbüttel: Mängelliste soll "Staatsgeheimnis" bleiben

Archivmeldung vom 08.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Mit ihrem gestern veröffentlichten Beschluss, die Entscheidung über die Herausgabe der so genannten Brunsbüttel-Mängelliste den Gerichten zu überlassen, spielt die schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) der fortgesetzten Informationsblockade des Vattenfall-Konzerns in die Hände.

Nach der Entscheidung gegen die sofortige Herausgabe der Liste mit hunderten "offenen Punkten", die sich vor mehr als fünf Jahren im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung des Siedewasserreaktors an der Elbe ergeben hatten, befürchtet die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) jetzt ein jahrelanges Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.

"Die Entscheidung für die endlose Fortführung der Geheimniskrämerei ist ein offener Affront gegen die Bevölkerung, die endlich wissen will, welche Schwachstellen in Brunsbüttel seit fünf Jahren bekannt sind, aber nie abgestellt wurden. Und sie ist ein Affront gegen geltendes EU-Recht, das geschaffen wurde, um in genau solchen Fällen zeitnah Transparenz zu schaffen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Die EU-Umweltinformationsrichtlinie, auf deren Grundlage die DUH die Herausgabe der Liste verlangt hatte, "wird völlig entwertet, wenn zwischen Antragstellung und Entscheidung Jahre vergehen". Besonders verwerflich sei, dass Vattenfall nun bereits zum zweiten Mal die bekannten Mängel des Brunsbüttel-Reaktors gegen das Informationsbegehren von Umweltschützern abschirme und die Kieler Ministerin dennoch auf die Möglichkeit, die Herausgabe der Liste für sofort vollziehbar zu erklären, verzichtet.

Trauernicht hatte Anfang November grundsätzlich entschieden, dass die DUH die Schwachstellenliste erhalten soll und dabei die Argumentation der Umweltschützer in vollem Umfang bestätigt. Insbesondere hatte die Ministerin die Behauptung des Energiekonzerns zurückgewiesen, durch die Herausgabe könnten Betriebsgeheimnisse verletzt werden. Sie hat nun allerdings der Forderung der DUH, auf die inzwischen erfolgte Klage des Vattenfall-Konzerns die sofortige Vollziehung ihres Bescheids anzuordnen, widersprochen.

"Warum Frau Trauernicht nicht bei ihrer noch Anfang November überzeugend vorgebrachten Argumentation bleibt, ist nicht nachvollziehbar. Die Kehrtwende gibt deshalb Anlass zu Spekulationen. Die Ministerin widerspricht zunächst dem Konzern und lässt es ein paar Wochen später zu, dass die Informationsblockade weitergeht. Leidtragende ist die Öffentlichkeit, die sich weiter fragt, warum aus einer angeblich harmlosen Schwachstellenliste seit Monaten ein Staatsgeheimnis gemacht wird", erklärte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH.

Die DUH erinnerte daran, dass Vattenfall den wegen außergewöhnlicher Sicherheitsmängel umstrittenen Altreaktor Brunsbüttel über die im Atomkonsens vereinbarte Laufzeit hinaus betreiben will. Einen entsprechenden Antrag hat der Konzern für das kommende Jahr angekündigt. "Es verdichtet sich die Vermutung, dass die Bevölkerung vor der Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung nichts über zusätzliche Schwachstellen erfahren soll, die bisher nicht öffentlich diskutiert wurden", sagte Ziehm.

Besonders ärgerlich sei im Zusammenhang mit der Entscheidung, dass das Kieler Ministerium in seiner gestrigen Pressemitteilung fehlerhafte Aussagen über eine angeblich fehlende Rechtsgrundlage für das Informationsbegehren der DUH verbreite. So ist die Behauptung, das OVG Schleswig habe über die Frage der Rechtmäßigkeit des Informationsbegehrens "noch nicht entschieden", nachweislich falsch. Das OVG hat am 4. April 2006 genau im Sinne der DUH entschieden. Und das Kieler Sozialministerium hatte auf diese Entscheidung in seinem eigenen Beschluss zur Übergabe der Mängelliste an die DUH noch Anfang November selbst ausdrücklich Bezug genommen. "Die Tatsache, dass das Ministerium am 7. Dezember nicht mehr weiß, was es am 2. November noch zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat, irritiert schon ein wenig", bemerkte Ziehm.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.

Anmerkung der Redaktion

Einen ausführlichen Bericht über den Problemreaktor Brunsbüttel finden unsere Abonnenten hier: Kernkraftwerk Brunsbüttel: Das zweite Forsmark?

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