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Regierung hat keine Datensätze zu Radioaktivitätsaustritten bei Unfällen in Atomkraftwerken

Archivmeldung vom 05.07.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.07.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Die atompolitische Sprecherin der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl, äußert scharfe Kritik daran, dass Deutschlands Nachbarstaaten Belgien, Frankreich und Tschechien noch keine Datensätze zur potenziellen Gefährdung durch Atomkraft-Störfälle vorgelegt haben. Deutschland sei "auf einen Super-GAU in Frankreich, Tschechien und Belgien nicht optimal vorbereitet", sagte sie der "Heilbronner Stimme".

Anhand der bereits vor Monaten angeforderten Quellterme soll das Bundesamt für Strahlenschutz berechnen, welche Auswirkungen beispielsweise ein Unfall im belgischen Akw Tihange für die grenznahe Region in Deutschland hätte. Aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums vom 29. Juni an Sylvia Kotting-Uhl, über die die "Heilbronner Stimme" berichtet, heißt es nun: "Die Bundesregierung hat bislang mit keinem Nachbarstaat Quellterme für hiesige oder dortige Atomkraftwerke ausgetauscht. Verschiedene Staaten - u.a. Deutschland - machen die für Planungen zu Grunde gelegten Quellterme öffentlich zugänglich." Weiter heißt es: "Das Bundesumweltministerium hat die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC um Übermittlung eines realistischen Quellterms für Tihange-2 gebeten".

Quellterme werden Datensätze genannt, die eine Aussage ermöglichen über die Freisetzung von Radioaktivität bei einem Atomunfall. Die Schweiz veröffentlicht ähnlich wie Deutschland die Quellterme für die dortigen AKW, wodurch die Schweizer Daten bekannt sind. Ansonsten liegen Deutschland aber weder aus Belgien noch Frankreich noch Tschechien Quellterme vor, die sich als Planungsgrundlage für den Katastrophenschutz eignen. Mit Stand letzter Woche lagen aus Belgien trotz expliziter Bitte keine Quellterme vor. Frankreich und Tschechien wurden, so heißt es, offiziell nie darum gebeten.

Sylvia Kotting-Uhl sagte dazu der "Heilbronner Stimme": "Die Bundesregierung tut oft so, als liefe die bilaterale Atomaufsicht-Kooperation mit unseren Nachbarstaaten mit AKW gut. Diese Antwort beweist das Gegenteil. Dass wir von fast allen Nachbarstaaten mit AKW immer noch keine Datengrundlage für den Notfallschutz beim Super-GAU haben, ist inakzeptabel und empörend. Die Bundesregierung muss sich endlich mit Rückgrat für eine optimale Schadensvorsorge einsetzen. Das heißt, erstens diese Daten nachdrücklich anfordern, zweitens eigene Abschätzungen als Plan B vornehmen und drittens mit klarer Kante auf die Abschaltung der Grenzmeiler drängen."

Insgesamt sieht die Atom-Expertin Deutschland auf einen Super-GAU in Frankreich, Tschechien und Belgien "nicht optimal vorbereitet". Die Risiken grenznaher Reaktoren sind Thema der von ihr initiierten Karlsruher Atomtage, die am Donnerstag beginnen.

Der Reaktor zwei des nur etwa 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernten Atomkraftwerks Tihange war seit 2012 längere Zeit abgeschaltet gewesen, nachdem Materialfehler in den Reaktordruckbehältern festgestellt worden waren. Die Regierungen Belgiens und Deutschland hatte nach den Pannen die Einsetzung der Kommission im Rahmen eines Atomabkommens beider Länder Ende 2016 vereinbart, welches den grenzüberschreitenden Informationsaustausch verbessern und die Zusammenarbeit bei der nuklearen Sicherheit regelt. Auch gemeinsame Besuche von Atomkraftwerken sind geplant.

Quelle: Heilbronner Stimme (ots)

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