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Sensationsfund am Bodensee

Archivmeldung vom 03.04.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.04.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Universität Konstanz
Bild: Universität Konstanz

Das Limnologische Institut der Universität Konstanz ist an der Erforschung des ersten Höhlenfisches Europas beteiligt. Wenige Tiere leben so versteckt wie die, die unter der Erde zu Hause sind. Doch es gibt auch in Europa eine reiche Fauna in Höhlen, im Boden und im Grundwasser, die kaum jemand kennt. Fische waren bisher aber keine darunter. Obwohl Höhlenfische von anderen Kontinenten bekannt sind, fehlten diese in Europa. Die Wissenschaft hat viel darüber spekuliert, warum dies so ist. Nun hat ein Team aus Höhlentauchern und Forschern der Universitäten Konstanz und Oldenburg/Max-Planck Institut für Evolutionsbiologie Plön sowie des Leibnitz-Instituts für Gewässerschutz und Binnenfischerei Berlin den ersten Höhlenfisch Europas entdeckt.

Zugleich handelt es sich um den nördlichsten Höhlenfisch der Welt. Er wurde nicht auf dem Balkan gefunden, wo die meisten europäischen Höhlentiere leben, sondern in einem Gebiet, wo es niemand auch nur vermutet hätte – in Deutschland. „Wir nehmen an, dass in dem 250 Quadratkilometer großen Versickerungsbereich der Donau, der in der Aachquelle nördlich des Bodensees mündet, eine große Population Höhlenfische lebt“, so Privatdozentin Dr. Jasminca Behrmann-Godel von der Universität Konstanz.

Dass in einem solch nördlichen Bereich der Erdkugel überhaupt Höhlenfische zu finden sind, ist mehr als unerwartet, hatte man doch angenommen, dass Höhlenfische nur dort vorkommen, wo die Gletscher der Eiszeit nicht alles Leben unter sich begraben haben. Die Ergebnisse, die das Forscherteam präsentiert, lassen vermuten, dass der neu entdeckte Höhlenfisch, eine Schmerle, sich tatsächlich erst nach der Eiszeit ins Dunkel gewagt hat und dort zum Troglodyten (Höhlenbewohner) wurde. „Mit dem Rückzug des Gletschers ist das System für Fische erst besiedelbar geworden. Irgendwann nach dem Ende der Würmeiszeit, vor maximal 20.000 Jahren, müssen sie dort eingewandert sein, und zwar aus der Donau, das können wir aus unseren genetischen Analysen klar sehen“, so Prof. Dr. Arne Nolte von der Universität Oldenburg/Max-Planck Institut für Evolutionsbiologie Plön.

„In dieser evolutionär geringen Zeit haben sich die Tiere schon zu echten Höhlenfischen entwickelt. Die Augen sind stark reduziert, fast als wären sie nach innen gestülpt. Auch die Färbung ist fast verschwunden. Die Fische haben verlängerte Tastfortsätze am Kopf, sogenannte Barteln, und die Nasenöffnungen sind größer als bei ihren oberirdischen Verwandten“, so Dr. Jörg Freyhof vom Leibnitz-Institut für Gewässerschutz und Binnenfischerei (IGB) Berlin. Wo Höhlenfische zu Hause sind, gibt es für sie keine Fressfeinde, so dass das unterirdische Leben für die Schmerlen recht sicher ist. Auch kleine Höhlenkrebse, Höhlenasseln und Höhlenschnecken wurden in den Unterwassergängen ausgemacht. Sie dienen den Fischen wahrscheinlich als Nahrungsgrundlage.

Da die Höhlentaucher vom Beginn der Aachquelle aus gegen die Strömung schwimmen müssen, sind die Tauchgänge in den Unterwassergängen alles andere als eine einfache Angelegenheit. Eine Stunde brauchen Höhlentaucher, um an die Fundstelle der Fische zu gelangen, die zirka 600 Meter von der Aachquelle entfernt ist. „Tauchen in diesem Gebiet ist etwas für echte Profis. Es gibt zum Beispiel auf dem Weg einen ‚Siphonschacht‘, der 40 Meter senkrecht nach unten fällt, hier wird mit speziellen Atemluftmischungen getaucht, um die Dekompressionszeiten auf dem Rückweg zu verkürzen. Außerdem macht die schlechte Sicht durch den von der Strömung oft aufgewirbelten Schlamm alles noch schwieriger“, so Joachim Kreiselmaier, der bei einem der dreistündigen Tauchgänge im August 2015 die ersten Höhlenschmerlen entdeckte.

Das Unterwassersystem vom Versickerungsbereich der Donau zwischen Immendingen und Möhringen bis zur Aachquelle gleicht einem überschwemmten labyrinthischen Röhrensystem. Luftlinie sind es 12,5 Kilometer zur Quelle, zu der das Wasser in einem schrägen Horizont abfließt. „Wir wissen nicht genau, wie das System aussieht, aber es muss weitere unterirdische Flüsse und Seen geben“, vermutet Roland Berka, der die geologischen Formationen der Region seit vielen Jahrzehnten untersucht.

Gerade die junge Entstehungsgeschichte der Fische ist interessant für die zukünftige Forschung. Das Forscherteam ist hier auf einen echten Schatz gestoßen, wenn es darum geht, die Evolution schneller Anpassungen besser zu verstehen. Die spektakuläre Entdeckung zeigt auch, dass sich sogar noch in Deutschland, einem der besterforschten Länder der Welt, immer noch etwas Neues finden lässt.

Quelle: Universität Konstanz (idw)

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