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DUH-Umfrage: Nur zwei von 43 Umweltzonen werden wirksam kontrolliert

Archivmeldung vom 24.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gisela Peter  / pixelio.de
Bild: Gisela Peter / pixelio.de

Sie richten pflichtgemäß Umweltzonen ein, um dem Bannstrahl der EU zu entgehen, zeigen anschließend aber wenig Interesse an einer effektiven Kontrolle und Durchsetzung der selbst erlassenen Regeln. Das ist das zentrale und ernüchternde Ergebnis einer Umfrage, die die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) unter 43 Städten durchgeführt hat, die in den letzten Jahren Umweltzonen in ihren hoch mit Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2) belasteten Zentren ausgewiesen haben. Eine Überwachung der Einfahrbeschränkungen durch Kontrolle der vorgeschriebenen verschiedenfarbigen Plaketten findet in den meisten Kommunen überhaupt nicht oder nur in eher symbolischem Rahmen und ohne Sanktionen statt.

"Die Ergebnisse unserer Umfrage sind unbefriedigend. Offensichtlich ist bei vielen Kommunalpolitikern noch nicht angekommen, dass auch die mangelnde Kontrolle einer eingerichteten Umweltzone zu Strafzahlungen an die EU in Millionenhöhe führen kann. Während die Bundeshauptstadt Berlin mit der konsequenten Einrichtung, Scharfstellung und Kontrolle ihrer Umweltzone die Dieselrußemissionen drastisch reduzieren konnte, läuft die Mehrzahl der Umweltzonen noch in einer Art 'Spielbetrieb'. Vielerorts dürfen selbst Fahrzeuge mit roter Plakette einfahren, werden großzügig Ausnahmegenehmigungen erteilt und eine Kontrolle findet praktisch nicht statt", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Nur zwei der 43 befragten Städte mit Umweltzonen - Berlin und Hannover - erreichten bei der Umfrage die nach einem Punktesystem vergebene "Grüne Karte" für das ernsthafte Bemühen, die Regelungen der Umweltzonen durch Überwachung des ruhenden und fließenden Verkehrs sowie Sanktionen im Fall von Verstößen durchzusetzen. Berlin und Hannover, beide seit 2008 Vorreiter des Instruments "Umweltzone", lassen seit 2010 nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in ihre Umweltzonen einfahren. Sie führen sowohl im ruhenden als auch im fließenden Verkehr Kontrollen zur Einhaltung der geltenden Regelungen durch. Auf der DUH-Skala von 0 bis 5 Punkten erhalten sie jeweils die Höchstpunktzahl. Sechs weitere Städte - Frankfurt, Augsburg, Neu-Ulm, Wuppertal und Leipzig - erreichten jeweils drei oder vier Punkte und erhalten immerhin die "Gelbe Karte". Diese Kommunen überwachen in der Regel die Einhaltung der Bestimmungen bei geparkten Fahrzeugen, vernachlässigen aber die Kontrolle und die Ahndung von Verstößen im fließenden Verkehr.

Als erschreckendes Ergebnis wertet Resch die Tatsache, dass 35 von 43 Umweltzonen nicht wirksam kontrolliert werden. Sie erhielten daher von der DUH die "Rote Karte". Im Detail gibt es dennoch in dieser Gruppe Unterschiede bezüglich der Art und Effektivität der Kontrolle. Während 12 der 15 mit der "Roten Karte" belegten nordrhein-westfälischen Städte noch ein oder zwei Punkte für ihr Kontrollverhalten erhalten, sind es bei den 18 baden-württembergischen Städten nur vier, die mit einem oder zwei Punkten bewertet wurden. 14 Städte im Ländle erhalten überhaupt keinen Punkt, in diesen Umweltzonen wird praktisch überhaupt nicht kontrolliert und sei es nur, weil sie bei den Regierungspräsidien die Zuständigkeit zur Kontrolle des ruhenden Verkehr entweder noch gar nicht oder erst kürzlich beantragt haben. Sieben Städte und Gemeinden im Süden verzichten schließlich auf jede Kontrolle des ruhenden Verkehrs.

Sollte die Mehrheit der von hohen Luftschadstoffbelastungen betroffenen Kommunen ihre Bemühungen zur Entlastung ihrer Bürgerinnen und Bürger weiter so lax handhaben wie es die vorliegende Umfrage der DUH vermuten lässt, stehe Deutschland vor einer neuen Klagewelle zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf saubere Luft, erklärte Rechtsanwalt Dr. Remo Klinger, der mit der DUH das "Recht auf saubere Luft" für Privat- und juristische Personen bereits 2008 vor dem Europäischen Gerichtshof erstritten hatte. Klinger: "Das EU-Recht ist nicht zahnlos. Es stellt nicht nur Grenzwerte auf, sondern verpflichtet die Behörden auch zu einer effektiven Kontrolle der ergriffenen Maßnahmen. Behörden, die Verstöße mehr oder weniger sanktionslos dulden, müssen mit Klagen von Bürgern und drastischen Strafzahlungen rechnen."

Die Ergebnisse der DUH-Umfrage stoßen auch bei der EU-Kommission auf großes Interesse. Hier wird derzeit geprüft, welche Kommunen beziehungsweise Bundesländer sich ernsthaft bemühen, die EU-Luftreinhalterichtlinie umzusetzen - und wer nur so tut. So schneiden alle 18 baden-württembergischen Städte mit Umweltzone mit der schlechtesten Bewertung ab. Gleichzeitig überschritten zehn von ihnen im vergangenen Jahr 2010 den zulässigen Grenzwert für Feinstaub von 50 µg/m³ an mehr als 35 Tagen. Dies waren Stuttgart, Reutlingen, Heilbronn, Leonberg, Ludwigsburg, Tübingen, Ulm, Pleidelsheim, Herrenberg und Mühlacker. "Die Deutsche Umwelthilfe hat die EU-Kommission aufgefordert, gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, weil in vielen Umweltzonen immer noch die Partikelgrenzwerte überschritten werden, ohne dass die verantwortlichen Politiker der jeweiligen Kommune bzw. Landesregierung alle geeigneten Maßnahmen ergriffen haben", erklärt Resch. Umgekehrt zeigten die Beispiele Berlin und Hannover, dass sich die Feinstaubwerte spürbar verbessern, wenn Plakettensünder mit Sanktionen rechnen müssen. In Berlin sind insbesondere die toxischen Dieselrußemissionen seit Einführung der Umweltzone um 58 Prozent zurückgegangen. 

Quelle: DUH

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