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"Report Mainz": Undercover-Recherche enthüllt katastrophale Zustände bei Zucht und Haltung von Heimtieren

Archivmeldung vom 11.04.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.04.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Maja Dumat / pixelio.de
Bild: Maja Dumat / pixelio.de

Nach gemeinsamen Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" und des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" werden viele der im Handel erhältlichen Zoo- und Heimtiere, wie Meerschweinchen, Vögel oder Kaninchen, bei Züchtern und Lieferanten unter schlimmen Bedingungen gehalten. Die beiden Redaktionen beziehen sich dabei unter anderem auf Undercover-Filmaufnahmen der Tierrechtsvereinigung PETA. Deren Aktivisten hatten in den vergangenen Monaten Lieferwege auch großer Ketten wie "Fressnapf", "Das Futterhaus" oder "Dehner" unter die Lupe genommen.

Monatelang hätten die Tierschützer, so PETA, dokumentiert, wie in großen deutschen Zucht- und Zulieferbetrieben Kleintiere in überfüllten Käfigen oder winzigen Plastikboxen gehalten werden. Viele der gefilmten Tiere mussten demnach in ihren Ausscheidungen leben, manche waren verletzt, andere verwesten bereits. Auf den Bildern ist auch zu sehen, dass es in Kanarien-Käfigen zu Kannibalismus kam. Den Nagetieren wurde, wie die "Report Mainz" vorliegenden Aufnahmen weiter zeigen, angeschimmeltes Brot gefüttert.

Die Zustände in der Heimtierbranche hält PETA-Aktivist Edmund Haferbeck für "systemimmanent". Der Branche gehe es um "Monetik statt Ethik". Auch die baden-württembergische Landestierschutzbeauftragte Dr. Cornelie Jäger kritisiert die Haltungsbedingungen in den von PETA untersuchten Betrieben. "Report Mainz" hatte ihr die Bilder zur Begutachtung vorgelegt. Gegenüber dem ARD-Politikmagazin äußert sie ihre Einschätzung: "Die Grenze zur Strafbarkeit ist hier erreicht und teilweise schon überschritten." Die Grundvoraussetzungen für eine tierschutzgerechte Unterbringung der Tiere würden hier gänzlich fehlen. Auch seien die aufgezeigten hygienischen Bedingungen unzumutbar.

Die betroffenen Großmärkte, wie zum Beispiel "Dehner", "Das Futterhaus" und "Fressnapf" betonten auf "Report Mainz"-Nachfrage, dass die auf den Filmsequenzen dokumentierten Zustände nicht ihren Richtlinien entsprächen. "Dehner" habe seine Lieferanten sogar aufgefordert, den "skizzierten Vorwürfen (...) unverzüglich nachzugehen". Dehner seien bislang aber keine Verstöße gegen die selbst gesetzten Vorgaben des Unternehmens bekannt geworden.

Eine Sprecherin des Fachmarkts für Tierfutter "Das Futterhaus" sagte in einem Interview mit "Report Mainz", ihr Unternehmen werde künftig nicht mehr mit den kritisierten Lieferanten zusammenarbeiten. Auch "Fressnapf" will seine Bezugsquellen für Heimtiere umstellen. Gegenüber "Report Mainz" erklärte das Unternehmen schriftlich, dass eine weitere Zusammenarbeit mit den hier betroffenen Züchtern bzw. Lieferanten nicht geplant sei. "Freßnapf" wörtlich: "Bilder dieser Art, aber vor allem Bedingungen dieser Art sind schlicht inakzeptabel. Das Unternehmen distanziert sich ganz ausdrücklich davon." Künftig wolle man Tiere über ein eigenes zertifiziertes Züchterprogramm beziehen.

Bei den betroffenen Züchtern und Lieferanten von Kleintieren handelt es sich vor allem um Firmen aus der Nähe von Osnabrück und aus den Niederlanden. Auch sie wurden von "Report Mainz" mit den Vorwürfen und Bildern aus ihren Unternehmen konfrontiert. Mehrere Unternehmer räumten die Vorwürfe teilweise ein, erklärten aber, dass sich die Tiere nur vorübergehend in ihren Hallen aufhalten würden.

Wie auch die baden-württembergische Landestierschutzbeauftragte Cornelie Jäger fordert PETA jetzt eine sogenannte Heimtierschutzverordnung. Denn derzeit sei der Handel mit Heimtieren ein grauer Markt, in dem es nur freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen der handelnden Akteure gebe. Eine solche Verordnung würde dann erstmals verbindliche Standards für die Branche festlegen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium erklärte auf "Report Mainz"-Anfrage, dass derzeit keine neuen gesetzlichen Regelungen geplant seien. Im Übrigen liege die Kontrolle der Betriebe in der Verantwortung der Landesbehörden.

Der Umsatz mit Heim- und Kleintieren wird bundesweit von Branchenkennern auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt. Nach offiziellen Angaben des Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH) lebten 2013 rund 28 Millionen Heimtiere in deutschen Haushalten.

Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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