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Amphibien bei Laichwanderungen durch Pestizidanwendungen gefährdet

Archivmeldung vom 04.02.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.02.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Amphibien durchkreuzen auf der Wanderung zu ihren Laichplätzen oft landwirtschaftlich genutzte Agrarflächen. Das Bild zeigt einen ausgewachsenen Kammolch (Triturus cristatus) in einem Stoppelfeld. Quelle: Foto: Kristin Meier, ZALF (idw)
Amphibien durchkreuzen auf der Wanderung zu ihren Laichplätzen oft landwirtschaftlich genutzte Agrarflächen. Das Bild zeigt einen ausgewachsenen Kammolch (Triturus cristatus) in einem Stoppelfeld. Quelle: Foto: Kristin Meier, ZALF (idw)

Suchen Amphibien ihre Laichplätze in Gewässern auf, durchwandern sie oft auch landwirtschaftlich genutzte Anbauflächen. Wanderungszeiträume und Pestizidanwendungen überschneiden sich häufig, wodurch die Lurche gefährdet werden können, so das Ergebnis einer Studie von Forschern des Instituts für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandforschung (ZALF).

Amphibien zählen zu den am stärksten gefährdeten Tiergruppen weltweit. Als eine mögliche Ursache wird die Intensivierung der Landwirtschaft diskutiert. 40 Prozent der weltweiten Landmasse wird landwirtschaftlich genutzt. Somit ist die Landwirtschaft ein wichtiger Lebensraum für Amphibien. Beispielsweise wurden im Jahr 2009 rund 52 Prozent der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt, 70 Prozent davon (zirka 130.000 Quadratkilometer) waren Ackerflächen mit entsprechenden Pestizidanwendungen.

Amphibien werden landläufig meist mit Gewässern in Verbindung gebracht. Dabei leben die meisten europäischen Lurche außerhalb der Laichzeit in terrestrischen Lebensräumen. Auf dem Weg zu ihren Laichplätzen wie Teiche oder Feuchtgebiete müssen Amphibien im Frühjahr oft Ackerflächen durchqueren. In einer im Auftrag des Umweltbundesamtes und 2013 veröffentlichten Studie konnten die Landauer Wissenschaftler bereits nachweisen, dass gebräuchliche Pestizide zu direkter Mortalität bei Amphibien führen.

Erstmals Präsenz von Amphibienarten in landwirtschaftlichen Flächen untersucht

Patrick Lenhart und Carsten Brühl vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau und Gert Berger vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung (ZALF) in Müncheberg haben erstmals untersucht, wie sich Pestizidanwendungen in landwirtschaftlichen Nutzflächen auf Laichwanderungen auswirken. Über zwei Jahre haben die Forscher auf 100 Anbauflächen das zeitliche Zusammentreffen von 330 Pestizidanwendungen mit den Laichwanderungen untersucht. Beobachtet wurden dabei die vier Arten Moorfrosch, Knoblauchkröte, Gelbbauchunke und Kammmolch. Die Daten wurden im Rahmen einer groß angelegten Monitoring-Studie in intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen im nordöstlichen Flachland von Deutschland erhoben. Die Forscher evaluierten einen realistischen Grad der Amphibien-Exposition durch Pestizide einschließlich der Überlegungen, welche Menge an Pestiziden von Kulturpflanzen durch Anhaften zurückgehalten wird.

Spät wandernde Arten stärker betroffen

Wie stark die Amphibien durch Pestizide gefährdet sind, hängt insbesondere vom Zeitpunkt der Laichwanderung ab, da das Pestizidmanagement in Zeitpunkt, Anzahl und Art je nach Kulturpflanze variiert. Die Studie zeigt, dass spät wandernde Arten wie Rotbauchunke und Knoblauchkröte stärker vom Ausbringen von Pestiziden betroffen sind als früh wandernde Arten wie der Moorfrosch. Bis zu 86 Prozent der Population der Knoblauchkröte war einer einzelnen Fungizidanwendung in Winterraps-Feldern ausgesetzt, während die Pflanzen bereits groß waren und somit rund 80 Prozent des ausgebrachten Pflanzenschutzmittels aufnehmen konnten. In Mais wurde 17 Prozent der untersuchten Populationen der Rotbauchunke der vollen Feldrate einer Herbizidanwendung ausgesetzt, da dies vor dem Aufkeimen ausgebracht wurde und der Boden daher nicht mit Pflanzen bedeckt war. „Die Daten zeigen, dass viele Amphibien Anbauflächen durchwandern können wenn die Pflanzen hoch sind und damit die Gefahr einer direkten Übersprühung der Tiere geringer ist“, erklärt Carsten Brühl. „ Es kann aber auch ein vergleichsweise kleiner Populationsanteil, je nach Pflanzenstand, der vollen Anwendungsrate der Pestizide ausgesetzt sein“. Wie groß die eigentlichen Effekte bei der zeitlichen Überschneidung von Laichwanderung und Pestizideinsatz tatsächlich sind, ist noch unklar und bedarf weiterer Forschung. Denn bislang wurde in Laborstudien die Toxizität von nur wenigen Pestiziden untersucht. Erste Ergebnisse zeigten jedoch, dass unter Laborbedingungen manche Pestizide bei vollen Anwendungsmengen zu einer Sterblichkeitsrate von 100 Prozent, andere bei nur 10 Prozent der Menge bereits 40 Prozent Sterblichkeit bewirkten. „Zudem haben wir in einem Zeitraum von zwei Jahren untersucht. Wir gehen davon aus, dass mögliche Effekte der Pestizide sich erst nach einer größeren Zeitspanne auf die Populationsgröße auswirken“, so Brühl.

Anpassung des Pestizidmanagements nötig

Im europäischen Zulassungsprozess für Pestizide werden die Auswirkungen auf Amphibien bislang noch nicht berücksichtigt. Um die potenzielle Gefahr von Pflanzenschutzmitteln auf Lurche durch ein zeitliches Überlappen der Pestizidausbringung und Laichwanderung zu reduzieren, sollten Pflanzenschutzmittel nur kombiniert mit einem lokalen Monitoring von Amphibienwanderungen ausgebracht werden, so die Empfehlung der Autoren der Studie. „Weitere Forschung ist dringend nötig, um das Wissen über die Effekte von Pestiziden auf Amphibien auszubauen“, betonen Brühl und Kollegen. „Außerdem müsste die Risikoabschätzung für Amphibien Eingang ins Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln finden.“

Quelle: Universität Koblenz-Landau (idw)

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