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Als Österreich in den Tropen lag

Archivmeldung vom 25.05.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.05.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Der Baggerschurf bei Maiersdorf an der Hohen Wand/NÖ (Foto: Erich Draganits)
Der Baggerschurf bei Maiersdorf an der Hohen Wand/NÖ (Foto: Erich Draganits)

Im Rahmen eines internationalen Programms der UNESCO untersuchen Geowissenschafter der Universität Wien um Michael Wagreich die Kreidegesteine der "Neuen Welt" in den niederösterreichischen Kalkalpen. Sie analysieren die Auswirkungen von Klimazyklen und Meeresspiegelschwankungen auf die kreidezeitliche Umwelt. Bereits jetzt steht fest: Vor 80 Millionen Jahren lag Niederösterreich in den Tropen.

Im südlichen Niederösterreich bei Maiersdorf an der Hohen Wand – der sogenannten "Neuen Welt" – finden sich kohleführende Ablagerungsgesteine aus der Kreidezeit, die vor rund 145 Mio. Jahren begann und vor ca. 65 Mio. Jahren endete. Michael Wagreich und sein Team vom Department für Geodynamik und Sedimentologie der Universität Wien untersuchen diese Kohleschichten in dem UNESCO-Programm "Rapid Environmental/Climate Change in the Cretaceous Greenhouse World: Ocean-Land Interactions" auf Bildungsbedingungen und Umweltänderungen während der Ablagerungszeit.

Palmen und Magnoliengewächse

Damals befand sich das Gebiet in einem küstennahen Meeresbereich des Tethys-Ozeans, und es herrschte ein tropisch-subtropisches Treibhausklima. "Meeresablagerungen wechselten sich mit Landablagerungen ab", erklärt Wagreich: "Zyklische Klimaänderungen bewirkten Meeresspiegelschwankungen in der Größenordnung von mehreren Metern."

In randlichen Sümpfen und Feuchtgebieten fand eine subtropische Flora ideale Bedingungen vor, u.a. wuchsen in Niederösterreich Palmen, Palmfarne sowie Schraubenbaum- und Magnoliengewächse ("Grünbach Flora"). "In diesen Sumpfgebieten wurden im Laufe von Jahrmillionen durch Meeresüberflutungen und Trockenfallen Sedimentabfolgen abgelagert. Es wechseln sich Kohleflöze mit Schichten aus Ton, Sandstein und Konglomerat ab, einem zum Großteil aus Kies bestehenden Sedimentgestein", beschreibt Wagreich.

Mit dem Bagger in die Kreidezeit

Die kohleführenden Gesteine sind im Untersuchungsgebiet nahezu komplett durch Vegetation und Schutt bedeckt und können daher nicht an der Oberfläche untersucht werden – auch die bis 1965 bestehenden Kohlenbergwerke sind nicht mehr zugänglich. "Daher haben wir Ende April 2011 mit Hilfe eines Baggers an mehreren Stellen insgesamt 128 Meter lange und bis zu vier Meter tiefe Untersuchungsgräben – sogenannte Schurfgräben – angelegt", erzählt Wagreich: "Nur dadurch konnten die Schichten genau untersucht, eingemessen sowie zentimeterweise beprobt werden." Die Arbeiten wurden mit freundlicher Genehmigung der GrundbesitzerInnen und dem Land Niederösterreich durchgeführt. Nach der Beprobung wurden die Schurfgräben sofort wieder zugeschüttet sowie die Boden- und Vegetationsbedeckung wiederhergestellt.

Meeresspiegelanstieg vor 80 Mio. Jahren

"Wir haben es hier mit stark wechselnden Ablagerungsbedingungen zu tun", so Wagreich. Geochemische Untersuchungen zeigen Anreicherungen von Elementen wie etwa Bor, die eher marine Ablagerungen anzeigen, welche mit terrestrischen, kohle- und pflanzenführenden Schichten "wechsellagern": "Eine Lage mit Einzelkorallen direkt über Kalken mit Süßwasseralgen zeigt dabei den extrem raschen Wechsel von nicht-marinen zu marinen Ablagerungen, möglicherweise die Folge eines plötzlichen Meeresspiegelanstiegs vor zirka 80 Millionen Jahren", erklärt Projektmitarbeiter Erich Draganits.

Altersbestimmung mit Plankton

Ein spezielles Problem, das mit den Proben aus den Schurfgräben geklärt werden soll, ist das genaue Alter der Sedimente. "Die kohleführenden Tone und Sandsteine, die wir in Maiersdorf untersuchen, eignen sich nur bedingt für eine absolute Datierung", berichtet Michael Wagreich. Bei der Altersbestimmung greifen die Forscher auf Mikro- und Nannofossilien zurück. Dabei handelt es sich um mikroskopisch kleine Planktonreste, die aus den Tonschichten im Labor gewonnen und anschließend mithilfe eines Rasterelektronen-Mikroskops bestimmt werden. Diese Kleinstfossilien sind typisch für bestimmte Zeitabschnitte. Zusätzlich lieferten Strontium-Isotopendaten einen ersten Hinweis auf das Alter der Gesteine: "Wir konnten damit den Sedimentationsbeginn dieser Ablagerungen auf 83,5 Millionen Jahre einengen – den Beginn des Zeitalters Campanium, also die Späte Kreidezeit", so Wagreich.

Quelle: Universität Wien

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