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Uralte Symbiose zwischen Tieren und Bakterien entdeckt

Archivmeldung vom 30.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Plattwurm aus dem Belize Barriere Riff in der West-Karibik. Die symbiotischen Bakterien erscheinen schwarz im hinteren Bereich des ca. 6 mm langen Wurms. Bild: Harald Gruber-Vodicka
Plattwurm aus dem Belize Barriere Riff in der West-Karibik. Die symbiotischen Bakterien erscheinen schwarz im hinteren Bereich des ca. 6 mm langen Wurms. Bild: Harald Gruber-Vodicka

Seichte marine Sandböden wirken oberflächlich oft wüstenhaft leer, aber im Lückenraumsystem zwischen den Sandkörnern tummeln sich unzählige Lebewesen. Neben Bakterien und Einzellern halten sich vielfältige Tierstämme dort auf. Einer der seltsamsten Vertreter dieser Sandlückenfauna ist Paracatenula, ein wenige Millimeter langer, mund- und darmloser Plattwurm, der sowohl in tropischen Meeren als auch im Mittelmeer vorkommt. Er ist das zentrale Forschungsobjekt eines vom FWF geförderten Projekts unter der Leitung von Jörg Ott, Professor am Department für Meeresbiologie der Universität Wien. Aktuell erscheint dazu eine Publikation im Fachmagazin PNAS.

Schon bei der Entdeckung von Paracatenula in den frühen 1970er Jahren war es ein Rätsel, wie sie sich ohne Mund und Darm ernähren können. Die Idee zur Erklärung kam dann aus einer überraschenden Ecke: Bei heißen Quellen in der Tiefsee hatte man ebenfalls Mund lose, jedoch über einen Meter große Riesenröhrenwürmer entdeckt. Diese leben – wie Paracatenula – auch in einer Symbiose mit intrazellulären Bakterien, die Schwefelverbindungen oxidieren. Die daraus gewonnene Energie verwenden die Symbionten, also die kleineren Partner der Symbiose, um – so wie Pflanzen mit dem Sonnenlicht – anorganischen Kohlenstoff zu Biomasse aufzubauen. Durch die hohe Produktivität der Symbionten können sich ihre Wirte komplett von ihnen ernähren.

In den letzten Jahren hat man bei Vertretern verschiedener Tiergruppen in vielen anderen Lebensräumen Symbiosen dieser Art gefunden. Während allerdings die Diversität der beschriebenen Wirte stetig zunahm, war die Diversität der Symbionten bisher auf zwei Klassen, die Gamma- und Epsilon-Proteobakterien, beschränkt.

Paracatenula hat das Alpha-Proteobakterium "Riegeria" als Partner

Eine der großen Überraschungen bei den Forschungsarbeiten war, dass die Symbionten von Paracatenula zwar Schwefeloxidierer sind, jedoch zu den Alpha-Proteobakterien gehören. In diese Klasse fallen andere wichtige intrazelluläre Symbionten, allen voran die Mitochondrien, die als Kraftwerke aus den Zellen aller höheren Lebewesen nicht wegzudenken sind. Auch die Stickstoff fixierenden Knöllchenbakterien der Leguminosen, aber auch gefährliche Krankheitserreger wie die Erreger des Fleckfiebers gehören in diese Klasse. Studien der letzten Jahre zeigten immer deutlicher, dass die Mechanismen in symbiotischen und pathogenen Beziehungen ähnlich oder sogar identisch sind. Hier könnten sich bei zukünftigen Projekten mit Paracatenula und ihren Riegeria genannten Symbionten grundlegende Einsichten ergeben, welche Mechanismen es Alpha-Proteobakterien mehrfach erlaubt haben, eine intrazelluläre Lebensweise zu etablieren.

Ein weiteres faszinierendes Detail an der Paracatenula-Riegeria-Symbiose ist, dass die Symbionten, die in spezialisierten Zellen, den Bakteriozyten, leben, bis zu 50 Prozent des Gesamtgewebes ausmachen. Das ist deutlich mehr als in allen anderen bekannten Symbiosen zwischen Tieren und Bakterien.

500 Millionen Jahre alte Partnerschaft

Mit aus Gensequenzen der Symbionten abgeleiteten Bakterienstammbäumen führten die ForscherInnen eine grobe Altersbestimmung der Symbiose durch. Erstaunliches Ergebnis: Die beiden Partner sind schon seit geschätzten 500 Millionen Jahren miteinander unterwegs, länger als jede andere bekannte Symbiose zwischen Tieren und Bakterien.

Der Vergleich der Bakterienstammbäume mit den Wurmstammbäumen brachte noch eine zusätzliche Finesse ans Tageslicht – die Würmer geben seit Urzeiten ihre Symbionten an ihre Nachkommen weiter, ohne jemals den Symbionten gewechselt zu haben. Wie diese Weitergabe funktioniert, wird momentan in der Arbeitsgruppe des Meeresbiologen Jörg Ott untersucht.

Quelle: Universität Wien (idw)

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