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Sonnenstrom aus der Wüste

Archivmeldung vom 20.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Die solare Zukunft Europas liegt an der Autobahn: Wer die spanische Autovia A-92 von Alméria nach Granada fährt, passiert eine unendlich scheinende Reihe von Spiegeln. Hier, am Rand der Sierra Nevada, haben spanische und deutsche Ingenieure das größte Solarwärmekraftwerk Europas gebaut.

«Andasol» heißt das spanische Solarwärmekraftwerk, das genug Energie produziert, um bis zu 200.000 Menschen mit elektrischem Strom zu versorgen. Sie könnte der Prototyp sein für viele solcher Anlagen, die in wenigen Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgung Europas leisten könnten.

«Andasol» ist nicht nur um ein Vielfaches größer als die Photovoltaikmodule, die seit einigen Jahren auf immer mehr deutschen Dächern zu finden sind. Die Anlage arbeitet auch nach einem ganz anderen Prinzip. Es ist ein Parabolrinnenkraftwerk, bei dem langgestreckte, gewölbte Spiegel mit einem parabelförmigen Querschnitt das Sonnenlicht einfangen und auf ein Rohr im Zentrum der Rinne konzentrieren. Durch dieses Absorberrohr strömt ein Thermoöl. Die Flüssigkeit heizt sich auf, auf diese Weise wird Dampf erzeugt, der eine Turbine antreibt, die wiederum elektrischen Strom herstellt. Die Parabolrinnen stehen in Nord-Süd-Richtung und können so geschwenkt werden, dass sie optimal dem Lauf der Sonne folgen.

Etwa 20 Cent koste eine Kilowattstunde Strom, die auf diese Weise erzeugt werde, rechnet Hans Müller-Steinhagen vor, der Leiter des Instituts für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln und Stuttgart. Das DLR ist mit einem 15-köpfigen Team in Spanien präsent und arbeitet gemeinsam mit spanischen Ingenieuren an der Entwicklung der solaren Großkraftwerke mit. Noch ist der Preis pro Kilowattstunde weitaus zu hoch, um mit den vier Cent mithalten zu können, die für Elektrizität aus Kern- oder Kohlekraftwerken derzeit kalkuliert wird. Doch im Vergleich zum Strom aus Photovoltaikmodulen, die das Sonnenlicht direkt in elektrische Energie umwandeln, ist der Solarstrom aus dem Parabolrinnenkraftwerk bereits heute nur halb so teuer.

Der Preis werde in den kommenden 15 bis 20 Jahren weiter sinken und damit wettbewerbsfähig werden, prognostiziert Robert Pitz-Paal, Leiter der Solarforschung beim DLR in Köln in der Zeitschrift bild der wissenschaft. So würden die Kosten an günstigen Standorten unter zehn Cent sinken, während bei Strom aus konventionellen Kraftwerken längerfristig mit steigenden Preisen zu rechnen sei. Die nächsten 20 Jahre seien jedoch kritisch. «Nur wenn es gelingt, die Kosten entscheidend zu senken, wird der Hype um die solarthermische Stromerzeugung anhalten», erläutert Pitz-Paal.

Die Forscher kämpfen daher gleich an mehreren Fronten, um die Effizienz der Kraftwerke zu erhöhen. Dazu gehört beispielsweise das Verfahren, bei dem Wasser direkt in den Absorberrohren zum Verdampfen gebracht wird - statt des Umwegs über das bisher gebräuchliche Thermoöl. Unter einem Druck von bis zu 100 bar können Temperaturen von 550 Grad Celsius erreicht werden. Das ist deutlich mehr als die mit Öl erreichbaren rund 400 Grad Celsius - eine höhere Temperatur bedeutet hier auch eine bessere Energieausnutzung. Doch die Bauteile in der Anlage müssen diesen höheren Temperaturen und dem enormen Druck auch langfristig standhalten. Inzwischen haben die Forscher für die wesentlichen Probleme Lösungen gefunden und die Technik ist reif für Anwendungen in größeren Kraftwerken.

Bevor jedoch Solarstrom einen größeren Beitrag zur Stromversorgung Europas leisten kann, sind noch weitere Hürden zu meistern. Eine wichtige Frage beispielsweise ist die Speicherung der Energie - schließlich wird ja auch noch nach Sonnenuntergang elektrische Energie benötigt. Bei «Andasol» haben die Ingenieure dazu bereits zwei Tanks mit flüssigem Salz installiert, die Wärmeenergie speichern und bis zu acht Stunden lang den Betrieb auch ohne Sonne sichern können.

Einfacher und billiger könnte hingegen ein Speicher aus Beton sein oder die Speicherung in sogenannten Latentwärmespeichern. Das sind Materialien, die beim Aufnehmen oder Abgeben von Wärme ihren Zustand ändern - etwa von fest zu flüssig oder umgekehrt. Gearbeitet wird auch an der Idee, die solaren Kraftwerke parallel für den Betrieb mit Erdgas vorzubereiten. Der fossile Energieträger kann immer dann eingesetzt werden, wenn die Sonne nicht genügend Energie liefern kann.

Die zweite große Frage ist die nach dem Transport der Energie. Da im vergleichsweise sonnenarmen Mitteleuropa Parabolrinnenkraftwerke nicht wirtschaftlich zu betreiben sind, kommt als Standort neben Spanien vor allem die Sahara in Frage. Hier können Solarkraftwerke fast drei Mal so viel Strom erzeugen wie in Deutschland. Die Idee ist nun, in der Sahara riesige Kraftwerke zu bauen, die gewaltige Strommengen produzieren. Dieser Strom kann über verlustarme Leitungen in die europäischen Metropolen transportieren werden.

Dass ein solches Szenario nicht nur ein Hirngespinst ist, sondern tatsächlich machbar wäre, haben DLR-Forscher jüngst in einer Studie belegt. Zum Einsatz kommen dabei Hochspannungsleitungen, die mit Gleichstrom statt mit dem bisher eingesetzten Wechselstrom arbeiten. Auf diese Weise kann die Energie mit sehr viel weniger Verlusten übertragen werden - auch das ist eine inzwischen bereits bewährte Technik. Ob aus deutschen Steckdosen tatsächlich einmal Solarstrom aus der Sahara kommt, ist daher vor allem noch eine politische Entscheidung.

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