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DDR-Cheflektor und Übersetzer Leonhard Kossuth verstorben

Archivmeldung vom 02.03.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.03.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Thomas Max Müller / pixelio.de
Bild: Thomas Max Müller / pixelio.de

Am Freitag, den 25. Februar, hatte er noch Besuch aus der kirgisischen Botschaft. Über eine schön gerahmte Dankesurkunde "Für den Beitrag zur Stärkung der deutsch-kirgisischen Zusammenarbeit" konnte er sich freuen.

Zusammen mit seiner Frau Charlotte war es Leonhard Kossuth zu verdanken, wie qualitativ gut übersetzt und wie schnell die Werke des kirgisischen Schriftstellers Tschingis Aitmatow im deutschsprachigen Raum Verbreitung fanden. Und mehr als das. Seit 1958 war Leonhard Kossuth mit dem Verlag Kultur und Fortschritt der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft verbunden, der ab Ende der 60er Jahre schrittweise mit dem Verlag Volk und Welt vereinigt wurde. In diesem bedeutendsten Verlag für internationale Literatur der DDR, der mit seiner großen Zahl von hoch spezialisierten Mitarbeitern aus heutiger Sicht fast wie ein wissenschaftliches Institut anmutet, wurde er Cheflektor und leitete zugleich das Lektorat für sowjetische Literatur.

Wobei sein Anliegen weit über das Russische hinausging. Titel aus 23 Nationalliteraturen der UdSSR, darunter Einzelausgaben von 98 Autoren, 25 nationale und 16 multinationale Anthologien hat er an deutsche Leser gebracht. Auch wer in der UdSSR in Ungnade war, fand seine Unterstützung. Er war Herausgeber der Ausgewählten Werke Wladimir Majakowskis in fünf Bänden, der Gesammelten Werke Sergej Jessenins in drei Bänden, opulent ausgestatteter Lyrikbände wie "Romanze vom Arbat" von Bulat Okudshawa. Wie viele großartige Schriftsteller hat er für uns entdeckt. Zum Beispiel den Tschuktschen Juri Rytcheu. Gemeinsam mit seiner Frau hat er fünf seiner Romane übersetzt. Zuletzt brachte er im Nora Verlag noch einmal Aitmatows Roman "Die Richtstatt" in der Übersetzung von Charlotte Kossuth auf den Markt. An die 2014 Verstorbene hat er unablässig gedacht. Seine Trauer war so groß, dass er von ihren Anrufen aus einem Krankenhaus träumte. Und immer, wenn er nach der Adresse fragen wollte, brach die Verbindung ab. Davon erzählte er mit Tränen in den Augen nach einer Veranstaltung in der Cajewitz-Stiftung, wo er fast bis zuletzt mit klugen, literarisch interessierten Leuten zusammen sein konnte.

Nach Auskunft von Nora-Verleger Philipp Dyck ist Leonhard Kossuth am Dienstag, den 1. März, ruhig eingeschlafen. Aber der Schmerz, dass seine geliebten Russen seine geliebten Ukrainer überfallen haben, traf ihn noch mit aller Wucht. Er ist am 25. Juli 1923 in Kiew geboren worden, als Sohn eines Österreichers und einer Ukrainerin. 1931 siedelten sie mit ihm nach Wien über. Die Fernsehbilder, wie russische Panzer nach Butscha rollten, wo das Sommerhaus der Familie stand, sind ihm erspart geblieben. Welche Geltung mag russische Literatur künftig in Deutschland haben, wo ohnehin kaum jemand in den Verlagen Russisch spricht und nun viele Brücken am Zerbrechen sind, die unsere Völker verbanden? Dass Leonhard Kossuths Lebenswerk bleibt, ist nur ein schwacher Trost.

Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ots)

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