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Autor Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in Flut von Online-Texten

Archivmeldung vom 08.06.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.06.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Wolf Schneider
Wolf Schneider

Von Sven Teschke, Büdingen - selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9652365

Der Bestseller-Autor und "Sprachpapst" Wolf Schneider erkennt auch Vorteile in der heutigen Flut von Online-Texten auf Websites, Blogs und in sozialen Netzwerken. "140 Zeichen sind immer besser als 1.400", schreibt der langjährige Journalismus-Praktiker und -ausbilder in einem Gastbeitrag für die "Berliner Zeitung".

"Aus noch weniger als 140 Zeichen besteht die Hälfte aller Bibelverse, bloß rund 90 haben die Seligpreisungen der Bergpredigt." Allerdings sei der auf 140 Anschläge begrenzte Tweet im Grunde nur "eine schlüssige Antwort darauf", dass es zwar vorkomme, dass man "eine ganze Seite Text auf Papier bis zu Ende liest – auf dem Bildschirm aber selten oder nie", so Schneider.

Ein weiterer Nachteil: "Leider erlaubt die an sich so schöne Kürze jenes Tempo, mit dem Donald Trump so viel Unheil stiftet – mehr wahrscheinlich, als wenn 1.000 Zeichen ihm ein paar Minuten des Verweilens, vielleicht Stutzens aufgezwungen hätten." Es liege auch an Tempo und Kürze, dass Trump "dem Schlimmsten, wofür das Netz sich hergibt, naherückt: dem Mobbing, der anonymen Schmähung, dem nackten Hass".

Durch das Internet sieht Schneider nicht unbedingt die Sprache bedroht – wohl aber die Leselust des Publikums. "Unsereiner lebt damit, dass ihm ein unendliches elektronisches Gelaber ins Büro oder in die Wohnung rieselt", klagt er in dem Beitrag. "Das Internet schickt einen elektronischen Wortrausch um die Welt, an dem Milliarden Menschen sich besaufen. Die Schreiblust hat sich verhundertfacht – die Leselust nicht. Ein Blog von 500 Wörtern aber hat am Ende ziemlich sicher die Lesequote Null."

Schneider stellt in dem Gastbeitrag zudem Regeln fürs Schreiben von Online-Texten auf - darunter, seltener, kürzer und anschaulicher zu schreiben. Zudem sei man auch als flüchtiger Schreiber gut beraten, den eigenen Text noch einmal zu lesen, ehe man ihn sendet – "mit der Chance, ihn zu verbessern oder ihn zu vergessen", so Schneider. Der 92-Jährige, der weiterhin journalistisch aktiv ist, nennt außerdem die größten Stärken des Internets für ihn als Nutzer: Briefpost sei zu langsam, Google und Wikipedia lieferten riesige Archive ins Haus – und drittens: "Schon wenige Minuten nach der Landung kann ich in acht Wörtern erfahren, dass meine Tochter gut in Bangkok angekommen ist. Das ist ja was."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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