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WDR in Rassismuskritik: Das hätten Betroffene so zu „Ende der Zigeunersauce“ sagen können

Archivmeldung vom 02.02.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.02.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
WDR-Archivhaus in Köln
WDR-Archivhaus in Köln

Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Lizenz: CC-BY-SA-4.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die WDR-Sendung „Die letzte Instanz“ steht nach der Wiederholung am Wochenende in harter Kritik: Fünf weiße Menschen hätten da über Rassismus diskutiert und nicht mal eine direkt betroffene Person eingeladen. Inwiefern aber löst die allgemeine Empörung das unmittelbare Problem? Abweichende Meinungen dazu gibt es eben unter Sinti und Roma. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "„Das Ende der Zigeunersauce: Ist das ein notwendiger Schritt?“, wurde unter anderem in der WDR-Sendung diskutiert. Jedoch löste sie die öffentliche Empörung erst jetzt aus und nicht damals im Sommer, als die Zigeunersauce der Marke Knorr nach Beschwerden in „Paprikasauce Ungarische Art“ umbenannt wurde. Muss der Name des Produkts geändert werden, da das Wort „Zigeuner“ diskriminierend sei? Die Gäste des Moderators Steffen Hallaschka: Micky Beisenherz, Thomas Gottschalk, Janine Kunze und Jürgen Milski - hatten schließlich noch mit einer roten Karte alle dagegen abgestimmt.

Als umstritten wurden aber von vielen ihre Äußerungen empfunden. Gottschalk zeigte sich etwa beim Thema „Blackfacing“ nicht nachdenklich genug: Er habe ja bei einer Kostümparty in Los Angeles als kostümierter Jimi Hendrix erfahren, wie man sich als einziger Schwarzer in einer Gruppe von weißen Menschen fühle. Oder: Wenn er einen Schwarzen einen „Mohr“ nenne, dann verliere er nicht unbedingt den Respekt vor ihm. Auch Kunze äußerte, dass man sich bei den Begriffen wie „Zigeunerschnitzel“ und „Mohrenkopf“ nicht diskriminiert fühlen solle. Die Schauspielerin fand es „nervig“, nicht mehr „Zigeunersauce“ oder „Mohrenkopf“ sagen zu dürfen.

„Noch abstoßender als ich dachte“, twitterte die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli empört, die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schämte sich für die Sendung – samt mehreren Twitter-Nutzern, die die Sendung und die Diskutanten für die Empathielosigkeit oder Naivität beim Thema Alltagsrassismus kritisiert hatten. Die Kölner Komikerin Enissa Amani nannte die Sendung etwa „eine Blamage für Deutschland“. Inzwischen haben sie sich mit Ausnahme von Gottschalk dafür entschuldigt. Die WDR-Unterhaltungschefin Karin Kuhn räumte in einem Interview Fehler ein. Das größte Versäumnis sei es, dass man solch ein Thema ohne die Menschen diskutiert habe, die es direkt betreffe bzw. um die es dort gehe. Der zweite große Fehler sei gewesen, die Sendung überhaupt zu wiederholen. Jedoch will der WDR die angegriffene Folge trotz allem in seiner Mediathek belassen: „Löschen heißt nicht, dass man ein Problem gelöst hat“.

Beim Wort „Zigeuner“ zeigen sich Sinti und Roma uneinig

In mehreren Medienberichten wird etwa der Schauspielerin Kunze vorgeworfen, ihr scheine nicht bekannt zu sein, dass deutsche und internationale Interessenvertretungen der Roma den Begriff „Zigeuner“ wegen der stigmatisierenden und rassistischen Konnotationen ablehnen würden, weil das Wort für sie im Kontext einer langen Verfolgungsgeschichte ihres Volkes stehe, die zum nationalsozialistischen Genozid führte. In der Tat attackierte der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma die Sendung für den Eindruck, sie wolle mit Antiziganismus und dümmlichen Auftritten Quote machen. Es sei „unverschämt und beleidigend, wenn in der Sendung billige Witze auf Kosten einer Minderheit gemacht werden“, so der Vorsitzende Romani Rose in einer Mitteilung. In großen Teilen der Medienlandschaft gebe es „keinerlei Bewusstsein für den in der Gesellschaft weit verbreiteten und gewaltbereiten Antiziganismus“.

In einem „Zeit“-Interview kritisierte der Vorsitzende der Organisation RomaTrial und Mitglied des Landesverbandes der Berliner Linken, Hamze Bytyci, die Verwendung des „rassistischen Begriffes Z-Wort“ und den Antiziganismus in Deutschland. Er hätte aber bei einer Einladung an der Sendung teilgenommen, weil „das die rassistischen Fragestellungen nicht besser“ mache. Sein Kernpunkt: Das Z-Wort sei eine „entmenschlichende Fremdbezeichnung“, mit der die Nazis seine Mitmenschen zu Unmenschen gemacht hätten.

Interessanterweise ist die „Sinti Allianz Deutschland“ da einer anderen Meinung. Sie wende sich gegen Bestrebungen, das Wort „Zigeuner“ zu zensieren, bzw. gegen diese Form der „Sprachhygiene“, hieß es in einem Statement der Allianz für die „Deutsche Sprachwelt“ vom August 2020. Die Allianz halte an diesem Ausdruck fest und die gegenwärtige Soßendiskussion sei „unwürdig“. Mehr noch: Die Mehrheit ihrer Mitglieder verfolge die Diskussion mit Kopfschütteln. Auf eigenen Grabmalen werde die Bezeichnung „Zigeuner“ häufig als Inschrift gewählt. Überlebende des Nationalsozialismus hätten als Sinti diese Bezeichnung selbst verwendet. Sofern „Zigeuner“ wertfrei verwendet werde, solle man auf „die eineinhalbjahrtausend alte historische Bezeichnung“ nicht verzichten. Stattdessen biete sie die Möglichkeit eines Überbegriffes für alle Zigeunervölker. „Eine Zensur oder Ächtung des Begriffs Zigeuner, durch wen auch immer, sollte und darf es nicht geben“, schloss die Erklärung. Wenn man mit der Umbenennung von Soßen glaube, so dem ‚Antiziganismus‘ entgegenzutreten, da liege man da falsch. "

Quelle: SNA News (Deutschland)

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