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Sebastian Krumbiegel: Es waren nur 100 Meter bis zur Freiheit

Archivmeldung vom 11.06.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Sebastian Krumbiegel (2019)
Sebastian Krumbiegel (2019)

Lizenz: CC0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Als Mitglied des Leipziger Thomanerchores stand der spätere Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel Mitte der Achtzigerjahre in West-Berlin vor der Frage, der DDR für immer den Rücken zu kehren.

"Ich weiß noch genau, wie ich damals als 18-Jähriger im Dezember 1984 neben meinem Freund am Hinterausgang der Philharmonie stand und geraucht habe. Es wären nur 100 Meter zur nächsten Polizeistation gewesen. Wir haben es nicht getan", sagte Krumbiegel (55) in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). "Am Ende kann man jetzt sagen, weil der Leidensdruck nicht hoch genug war. Dabei möchte ich niemandem zu nahetreten, der wirklich unter der Stasi und anderem Mist gelitten hat. Manchmal wird mir die Frage ,Warum bist du damals nicht geflohen?' wie ein Vorwurf entgegengeschleudert. Ich möchte nicht die DDR schönreden und bin weit entfernt davon, ein komischer, ostalgischer Vogel zu sein, aber die meisten hatten sich damit mehr oder weniger gut eingerichtet."

Krumbiegel kritisiert ein bis heute verzerrtes Bild von der DDR: "Viele im Westen denken immer noch in Kategorien, dass alles ganz fürchterlich trist und grau war und wir den ganzen Tag Russisch gesprochen, nie gelacht, getanzt und gesungen haben. Natürlich ist das Quatsch. Es gab auch viel Solidarität, man hat sich untereinander geholfen. Ich wünsche mir die DDR deswegen ja nicht zurück."

Auch heute nimmt Krumbiegel kein Blatt vor den Mund, engagiert sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus, was schon zu brenzligen Situationen führte. "Ich habe einmal tatsächlich um mein Leben gefürchtet, als ich 2003 in Leipzig von zwei Nazis überfallen worden bin. Die Täter wurden gefasst, es kam zum Prozess. Ich hatte wirklich in dem Moment gedacht, die hauen mich tot. Aber entweder zerbrichst du an so etwas, oder du versuchst, das umzudrehen. Das soll nicht larmoyant klingen, ich bin kein Opfer. Ich bin aber auch Shitstorm-erprobt. Wenn mich irgendwelche Mistfinken beleidigen, dann ist das eben so. Mit denen habe ich nichts gemeinsam. Zu einem radikalen Nazi könnte ich niemals sagen: Ich verstehe deine Meinung. Nein, die verstehe ich eben nicht."

Dennoch geriet die Band Die Prinzen einmal ungewollt in rechtes Fahrwasser, weil ihr Song "Deutschland" falsch verstanden wurde: "Wir haben Reaktionen von DJs bekommen, die uns sagten: 'Wir haben eure Lieder ja immer gerne gespielt, aber jetzt kommen plötzlich irgendwelche Nazis an und wünschen sich euer Lied.' Uns war natürlich klar, dass wir mit dem Song provozieren würden, aber wir wollten auch einen Diskurs darüber führen. Wer sich den Text genau anhört, wird merken, dass es kein patriotisch-nationalistisches Lied ist, sondern genau das Gegenteil: Wir spielen hier mit Ironie."

Dass Ironie nicht immer funktioniert, erlebte Krumbiegel auch bei der Aktion #allesdichtmachen: "Selbst wir in der Band haben dazu unterschiedliche Meinungen. Es gab Streit, aber wir können darüber mit dem nötigen Respekt diskutieren, ohne uns zu beleidigen. Sicher, einige Beiträge von #allesdichtmachen wirkten zynisch vor dem Hintergrund, dass Menschen gerade ihre Angehörigen auf den Intensivstationen verloren haben. Aber die Reaktion darauf war oft eben unverhältnismäßig. Wir sollten alle mal den Ball flach halten, empathischer und respektvoller miteinander umgehen."

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)

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