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Kinderpsychologe Brisch: RTL-Realityshow "Erwachsene auf Probe" sollte nicht ausgestrahlt werden

Archivmeldung vom 25.05.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.05.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Münchner Psychosomatiker Karl-Heinz Brisch hat die geplante RTL-Realityshow "Erwachsene auf Probe" scharf kritisiert. In der Serie, die der Sender ab dem 3. Juni ausstrahlen will, werden Babys für vier Tage von ihren Eltern getrennt und jugendlichen Paaren überlassen, damit diese lernen, wie schwer das Leben mit Kindern ist.

Die Botschaft, dass man Babys "mal schnell für vier Tage wildfremden Menschen zur Pflege anvertrauen könne", sei katastrophal, sagte Brisch dem "Tagesspiegel". "Es wäre schön, wenn es gelänge, die Ausstrahlung aufzuhalten."

"Normalerweise würden Babys nicht freiwillig zu Fremden gehen", sagte Brisch, Privatdozent für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilans-Universität in München. Die Babys in der Sendung seien zwischen sieben und 14 Monaten alt. "Von Fremden in diesem Alter auf den Arm genommen zu werden, löst Stress und Angst aus", sagte Brisch dem "Tagesspiegel".

Das Argument des TV-Senders, dass die Kinder sicher gewesen seien, weil Ärzte, Schwestern und Psychologen bereitgestanden hätten, ließ Brisch nicht gelten. "Es ist für mich unverständlich, dass diese nicht lautstark protestiert haben. Ich bin sicher, die Standesvertretungen werden prüfen, wer mit dem Sender bei diesem unethischen Experiment kooperiert hat", sagte er.

Kinder könnten zwar lernen, sich zu trennen und zu weiteren Personen wie ihrer Krippenerzieherin eine vertrauensvolle Beziehung zu entwickeln. "Das braucht aber vier bis sechs Wochen Zeit der Eingewöhnung", sagte Brisch. "Sie lassen sich nicht zwischen Tür und Angel mal schnell an Fremde abgeben." Falls die Eltern ihre Kinder wider besseres Wissen weggegeben hätten, sei das vorsätzliche Kindeswohlgefährdung.

RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt: "Wir werden "Erwachsen auf Probe" wie geplant ausstrahlen und stehen uneingeschränkt zu dem Sendekonzept."

Vor der Ausstrahlung des neuen Formats "Erwachsen auf Probe" am 3. Juni hat RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt bekräftigt, dass der Sender alle notwendigen Vorkehrungen für die Beteiligten an der Dokumentation getroffen hat. "Wir haben das Wohl der mitwirkenden Kinder, Paare und Eltern ebenso fest im Blick wie die Wirkungen auf unsere Zuschauer.  Wir haben hier unsere Verantwortung in vollem Umfang wahrgenommen", so Anke Schäferkordt zur derzeitigen Kritik an der geplanten Sendung.  "Wir werden "Erwachsen auf Probe" wie geplant ausstrahlen und stehen uneingeschränkt zu dem Sendekonzept."

"Wir weisen den aktuellen Druck, den zahlreiche Organisationen und Verbände auf RTL wegen der Ausstrahlung des neuen Formats ausüben, entschieden zurück", erklärt Anke Schäferkordt gegenüber den Kritikern. "Wir nehmen uns mit 'Erwachsen auf Probe' eines gesellschaftlich  relevanten Themas - nämlich der vielfältigen Anforderungen an junge Eltern - an. Dies erfolgt in Wahrnehmung unserer Verantwortung als führender Programmveranstalter, wie wir es bereits bei anderen Formaten wie z.B.  'Die Ausreißer' unter Beweis gestellt haben. Bei diesem und anderen mehrfach prämierten RTL-Formaten hat der Sender auch kritische Stimmen stets in seine Programmentwicklung einbezogen."

Die Sendung "Erwachsen auf Probe" ist eine einzigartige Möglichkeit für die beteiligten Jugendlichen mit Kinderwunsch, Familienkompetenz zu erlernen und praktische Verantwortung für Kinder, den Partner und sich selbst zu übernehmen . Gleichzeitig macht die Doku den Jugendlichen vor den Bildschirmen klar, welche Verantwortung darin liegt "Eltern zu sein".  Bei der Sendereihe handelt es sich um eine Programmentwicklung aus dem Bereich des öffentlich-rechtlichen Fernsehens (BBC), die inzwischen auch in unseren Nachbarländern ausgestrahlt wurde. RTL hat alle Folgen des Formats der FSF (Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V.) vorab zur Prüfung vorgelegt und eine Freigabe für das Hauptabendprogramm erhalten. Unabhängig davon hat RTL alle Sendungen noch einmal einer internen Prüfung in Bezug auf mögliche, kritische Punkte unterzogen.

Am vergangenen Freitag hat RTL zudem einzelne Folgen von "Erwachsen auf Probe" in einem gemeinsamen Screening den Vertretern von verschiedenen Organisationen und Verbänden sowie zahlreichen Journalisten vorgestellt. Dabei  hat RTL auch den Ablauf und die umfangreichen Vorkehrungen der Produktion detailliert geschildert. Im Anschluss folgte eine kritische Diskussion, bei der sich RTL gemeinsam mit den Verantwortlichen der Produktionsfirma Tresor TV den Bedenken von Psychologen, Pädagogen und Vertretern der Kinder- und Jugendfürsorge gestellt hat.

Alle Aspekte und Argumente, die  bei diesem Austausch aufgeworfen wurden, flossen  nochmals in die interne Prüfung der bereits fertig gestellten achtteiligen Sendereihe ein.  Gleiches gilt für die von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen bereits im Vorfeld der Ausstrahlung geäußerten Befürchtungen gegenüber dem Format.

Anke Schäferkordt: "Wir haben vollstes Verständnis für die Sorge - die aufgrund der misszuverstehenden RTL-Pressemitteilung entstanden ist - dass Kinder mehrere Tage der Obhut ihrer Eltern entrissen werden. Doch diese Sorge können wir zu 100 Prozent entkräften, dies war nicht der Fall. Die Mütter waren fester Bestandteil des Produktionsablaufs und die ganze Zeit in unmittelbarer Reichweite ihrer Kinder."

"Wir haben uns der Verantwortung als Fernsehsender gestellt und sie in vollem Umfang wahrgenommen.  RTL weiß sehr wohl um die vielfältigen Anforderungen an ein solches Programm. Vorrang haben für uns die Mitwirkenden der Sendung und unsere Zuschauer, und daher werden wir es nicht allen Kritikern recht machen können, die sich jetzt ablehnend geäußert haben", so Anke Schäferkordt.

Quelle: Der Tagesspiegel / RTL

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