Lebenssaft mit Nebenwirkungen
Archivmeldung vom 06.06.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakBlutkonserven retten vielen Menschen das Leben. Doch auch sie haben Nebenwirkungen. Deshalb sollen Ärzte nun sparsamer damit umgehen.
Blut ist rar. Zwar spenden die Deutschen jedes Jahr etwa 2,2 Millionen
Liter Blut. Doch vor allem in den Sommermonaten wird der Lebenssaft
trotzdem knapp: Während Gesunde ihre Ferien genießen, bleiben viele
Kranke zurück, die weiterhin Blut benötigen. Weil der Lebenssaft als
Konserve nur 42 Tage haltbar ist, kommt es häufig zu Engpässen. „Im
Katastrophenfall sind viele Menschen bereit, Blut zu spenden, aber uns
bereitet die routinemäßige Versorgung Kopfzerbrechen“, sagt Volker
Kiefel, Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin der Universität
Rostock und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für
Transfusionsmedizin.
„Blut ist ein lebensrettender Saft. Wir wissen aber mittlerweile, dass
Konserven Patienten auch schädigen können – und zwar vor allem jene,
die eine Transfusion nicht unbedingt benötigt hätten“, sagt Hans
Gombotz, Vorstand der Abteilung Anästhesiologie und operative
Intensivmedizin im Allgemeinen Krankenhaus in Linz. Zu den
unerwünschten Nebenwirkungen gehören Infektionen wie Lungenentzündungen
und Störungen der Wundheilung. Menschen, die eine Bluttransfusion
erhalten haben, bleiben meist länger auf der Intensivstation und
sterben mit einer höheren Wahrscheinlichkeit.
Mediziner ziehen jetzt die Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen und
erarbeiten derzeit neue Leitlinien zur Bluttransfusion. Künftig sollen
sie seltener und weniger Blut verabreichen: Der Grenzwert, ab dem
Transfusionsmediziner den Griff zur Blutkonserve empfehlen, soll von
zehn auf sieben Gramm Hämoglobin pro Deziliter Blut sinken. „Es wird
jedoch Ausnahmen von der Regel geben, etwa herzkranke Patienten. Auch
bei stark blutenden Patienten hat der Hämoglobinwert nur eine
eingeschränkte Aussagekraft“, betont Volker Kiefel.